Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nebenan: Roman

Nebenan: Roman

Titel: Nebenan: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
Vom Netzwerk:
fest!
    *
    »… In einer spektakulären Aktion gelang es einem Sondereinsatzkommando der Kölner Polizei noch in der vergangenen Nacht, Martin Mager, den entführten Sohn des nordrhein-westfälischen Energieministers, zu befreien. Er war gestern Vormittag von Mitgliedern einer bislang unbekannten Terrorgruppe mit dem Namen Erlkönig entführt worden. Nach bisher unbestätigten Berichten gelang es Martin Mager, wenige Minuten bevor er gefesselt auf einem Förderband liegend in die Brennkammer eines Kohlekraftwerks gelangte, sich zu retten. Über weitere Ziele der Gruppe Erlkönig ist noch nichts bekannt. Basierend auf den Personenbeschreibungen, die der Ministersohn abgeben konnte, wurde eine bundesweite Fahndung eingeleitet.«
    Der Erlkönig sah zu seinen Helfern hinüber, die gebannt der blechernen Stimme aus dem Transistorradio in Joes Werkhalle lauschten. Sogar Blau wirkte nervös! Lustlos kaute er auf einem ölverschmierten alten Arbeitshandschuh.
    »Wir sind erledigt«, jammerte Gabi. »Wahrscheinlich stehen die Bullen schon vor meinem Salon und warten darauf, dass ich dort auftauche. In Zukunft werde ich höchstens noch die Schnauzer von Gefängniswärtern blondieren …«
    Joe legte ihr tröstend seine mächtigen Pranken auf die Schultern. »Ich hol dich hier raus, Kleines. Solange in Blau und mir noch ein Funke Leben ist, wirst du nicht im Bau landen.« Der Trucker sah erwartungsvoll zum Elbenfürsten.
    Was für jämmerliche Gefolgsleute, dachte der Erlkönig verächtlich. Wegen solch kleiner Rückschläge gleich das Handtuch zu werfen! Er wünschte, seine Elbenfreunde wären hier. »Ihr beide seid euch hoffentlich darüber im Klaren, dass das gestern nur der Anfang war. Wir führen einen Krieg! Eine verlorene Schlacht bedeutet da fast nichts. Wir werden auch weiterhin gegen den hemmungslosen Raubbau an der Natur kämpfen, gegen die Missachtung von Minderheiten und gegen die Diktatur von tyrannischen Heinzelm… ähm … gegen die Diktatur der Energiekartelle. Das gestern war nur eine kleine Demonstration unserer Möglichkeiten. Oder glaubt ihr wirklich, ich hätte Martin umbringen wollen?«
    Gabis Blick sagte mehr als viele Worte. »Ich hatte geglaubt, wir würden die Wale retten …«
    Der Erlkönig seufzte. Womit hatte er das verdient!
    »… rammte gestern Nacht der Fahrer eines Minicoopers in volltrunkenem Zustand das Hauptportal des Kölner Doms. Das Resultat dieses ungleichen Kräftemessens: Der Mini erlitt Totalschaden, wohingegen das Domportal keinen nennenswerten Schaden aufweist. Der Fahrer kam mit dem Schrecken davon.«
    Der Elbenfürst drehte das Radio ab. Dieser Cagliostro! Das war eindeutig seine Handschrift! Eine passable Grundidee, aber dann gravierende Mängel bei der entschlossenen Umsetzung des Plans.
    »Sollten wir uns nicht lieber für eine Weile dünnemachen?«, fragte Joe vorsichtig. »Ich meine, die Bullen haben ja vielleicht wirklich eine Spur. Wenn du uns mit auf dein Raumschiff nehmen könntest? Ich habe ohnehin nicht begriffen, warum wir Martin nicht rauf auf die Enterprise – oder wie immer deine Kiste auch heißen mag – gebeamt haben. Ich meine, ihr müsst doch ganz andere Möglichkeiten haben als so eine Entführung. Und sicher auch viel bessere Gehilfen … Was können Blau, Gabi und ich schon tun? Wir sind doch nur …«
    Der Erlkönig unterbrach ihn mit einer energischen Geste. »Ruhig, ich denke nach!«
    Blau verkroch sich bei den Worten hinter Joe, was sein Herrchen mit einer säuerlichen Miene quittierte.
    Seine Gehilfen waren eine einzige Lachnummer, dachte der Albenfürst verbittert. Trotzdem sprach man im Radio von einer Terrorgruppe. Diese Einstufung erfüllte ihn mit einem gewissen Stolz. Was würde er erst alles erreichen, wenn er ein paar fähigere Gefährten von Nebenan herüberholte. Für einen Moment gab er sich der Vision eines Landes voller Wälder hin, wo Disteln und Klatschmohn durch den Asphalt der Autobahnen brachen, Elstern in den zersplitterten Fenstern von Kraftwerken und Fabriken hausten und die Menschen gegenüber der Natur wieder Ehrfurcht empfanden. Nicht, dass er die Technologie gänzlich abschaffen wollte – etliche der Neuerungen waren durchaus interessant –, aber es musste alles auf ein gesundes Maß zurückgeschnitten werden.
    Der Erlkönig nickte gedankenverloren vor sich hin. Um das zu erreichen, musste er vorübergehend seine Pläne ändern. Danach würde er dafür umso energischer zuschlagen! Als er mit einem Ruck aufstand, jaulte

Weitere Kostenlose Bücher