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Nebenan: Roman

Nebenan: Roman

Titel: Nebenan: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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Blau erschrocken auf. Ob der Hund telepathisch begabt war?
    »Erschrick meinen Kleinen nicht so!«, maulte Joe. »Seit gestern ist er völlig durch den Wind. Die Entführung hat ihn zu sehr mitgenommen. Er kann sich nicht mal mehr entspannen, wenn er an einem Farbtopf schnüffelt.«
    »Wir werden heute Nacht erneut zuschlagen. Dein Hund gewöhnt sich besser an ein bisschen Action!« Der Erlkönig erklärte seinen Mitstreitern den neuen Plan, und je länger er erzählte, desto unruhiger wurden sie.
    *
    »Pater Anselmus, kommen Sie doch bitte einmal zu uns herein«, erklang die Stimme des Kardinals aus der Gegensprechanlage auf dem Schreibtisch des kleinen Durchgangsbüros.
    Der junge Sekretär stand auf und strich sorgfältig die Sitzfalten aus seinem schwarzen Priestertalar. Mit einem kurzen Blick ins spiegelnde Fenster überzeugte er sich vom korrekten Sitz seines Stehkragens. Nur wer ihn sehr gut kannte, hätte bemerkt, dass Anselmus zögerlicher als sonst zur Tür des Kirchenfürsten ging. Sich selbst jedoch konnte der junge Priester nichts vormachen.
    Der Kardinal hatte Besuch. Einen hoch gewachsenen Kleriker mit harten, eckigen Gesichtszügen. Einen Mann, wie man ihn auf den ersten Blick als Priester in einem entlegenen Bergdorf erwartet hätte. Doch dieser Eindruck trog. Anselmus wusste, dass der Besucher aus dem Herzen des Vatikans kam und jeden Tag mit den höchsten Kirchenfürsten verkehrte. Seine genaue Funktion jedoch war ihm unbekannt. Vielleicht ein hoher Verwaltungsposten? Der Fremde hatte etwas Unnahbares … Sein Haar war grau und von etlichen silberweißen Strähnen durchzogen. Die Augen strahlten trotz seines offensichtlichen Alters in ungebrochen kaltem Blau. Sie waren halb zusammengekniffen, so als habe der Fremde sein Leben lang gegen ein zu helles Licht angeblinzelt.
    Sein Gesicht war zerfurcht von einem Netzwerk von Falten und doch ließ ihn auch dieses Zeichen des Alters eher härter aussehen und war sicher kein Indiz für Hinfälligkeit. Der Priester hielt sich gerade ohne dabei steif zu wirken. Er war nur mittelgroß und hatte recht schmale Schultern. Sein Anzug war zweifellos maßgeschneidert, ebenso seine makellos glänzenden Schuhe.
    »Darf ich vorstellen: Vater Anselmus.« Der Kardinal deutete nun flüchtig in Richtung seines Gastes. »Dies ist Vater Carol Wschodnilas vom Istituto per le Opere Esteriori. Er ist heute Morgen auf Wunsch des Heiligen Vaters aus Rom aufgebrochen, um uns …« Der Kirchenfürst machte eine provozierend lange Pause. »… um uns zur Seite zu stehen.«
    »Von der Inquisition?« Anselmus musste sich sehr beherrschen, um den alten Priester nicht unverhohlen anzustarren. Nie zuvor hatte er einen leibhaftigen Inquisitor gesehen. Etwas verstört erinnerte er sich gerade noch rechtzeitig daran, die Form zu wahren. »Laudeatur Jesus Christus, Pater.«
    »Wir müssen Sie enttäuschen, Pater Anselmus.« Der Besucher hatte eine wohltönende, dunkle Stimme. Der Anflug eines Lächelns spielte um seine Lippen. »Das Heilige Offizium, auch Inquisition genannt, wurde 1965 aufgelöst. Wir heißen jetzt ganz unspektakulär Amt für Auswärtige Angelegenheiten und sind dem Staatssekretariat angegliedert.« Pater Carol musterte Anselmus eindringlich.
    Der junge Priester wich dem Blick aus.
    »In Rom ist man beunruhigt über die Zwischenfälle der letzten Zeit.« Der Inquisitor wandte sich nun wieder dem Kardinal zu. »Man hat uns gebeten hier vor Ort ein paar Erkundigungen einzuziehen. Dazu brauchen wir ein wenig Unterstützung.«
    Carols Angewohnheit, von sich in der ersten Person Plural zu sprechen, verwirrte Anselmus. Es erinnerte ihn an die Gepflogenheiten von Kirchenfürsten in jenen Zeiten, als man einen Scheiterhaufen noch als eine durchaus akzeptable Lösung im Glaubensdisput betrachtete.
    »Mein Sekretär wird Ihnen nach Kräften behilflich sein, Pater«, bekräftigte der Kardinal.
    »Sehr freundlich, Eminenz, dass Sie uns einen jungen Mann zur Seite stellen, der noch kein Jahr in Ihrem Erzbistum Dienst tut.« Carol schaffte es, das zu sagen, ohne dass sein Tonfall ironisch oder gar bedrohlich klang. Offensichtlich hatte er reichlich Erfahrung im Umgang mit hohen kirchlichen Würdenträgern.
    »Pater Anselmus ist sehr tüchtig«, erwiderte der Kardinal mit Nachdruck.
    Der Sekretär gewann langsam den Eindruck, dass er zum Bauernopfer in einem Spiel gemacht werden sollte, das nicht erst heute begonnen hatte.
    »Haben Sie Verbindungen zur örtlichen Polizei?«, fragte der

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