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Nebenan: Roman

Nebenan: Roman

Titel: Nebenan: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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entgegen. »Ich wusste immer, dass wir beide zusammen unschlagbar sind.« Mit weit ausholender Geste ließ er die Flammen ringsherum verlöschen.
    Inzwischen hatten sich auf der Domplatte bereits etliche Schaulustige eingefunden, die jedoch respektvollen Abstand zum Panzerwagen hielten. Auch einige Touristen mit Kameras waren darunter.
    Der Erlkönig half Mariana in die geräumige Führerkabine ihres Fluchtwagens. Kaum hatte er die Tür hinter sich geschlossen, gab Joe auch schon Gas. Er lenkte das Geländefahrzeug die breite Treppe hinab, die neben dem Andenkenladen auf Straßenniveau führte. Dort fuhr er entgegen der Fahrtrichtung in einen Tunnel und bog schon nach wenigen Metern scharf ab.
    Vor ihnen stand Joes Truck. Die Laderampe war heruntergelassen und die Türen zum Frachtraum weit geöffnet.
    Während vom Domplatz her das Heulen der Polizeisirenen erklang, stiegen die Reliquiendiebe in den Lastwagen um. Joe fuhr den Panzerwagen auf die Ladefläche seines Trucks und schloss die Türen.
    Wenige Minuten später passierten sie ungeschoren die erste Polizeisperre. Ein junger Beamter winkte sie hektisch durch, während im Hintergrund Mannschaftswagen dutzende von Bereitschaftspolizisten ausspien.
    Als sie vom Ring auf die Luxemburger Straße abbogen und stadtauswärts fuhren, lehnte sich der Erlkönig erleichtert zurück. Es war vollbracht! Jetzt konnte der Feldzug gegen die Zwergenvölker beginnen!
    *
    Nöhrgel starrte immer noch fassungslos auf Monitor vier, der das Bild des zerstörten Domportals zeigte.
    »Warum hast du mich nicht gewarnt?-«, fragte er erschüttert.
    »Ich habe dich gewarnt!«, hauchte die Stimme Sharon Stones aus den Lautsprechern in den Seitentüren. Auf einem der Monitore leuchtete ein Schriftzug auf.
    +++ Die Wahrscheinlichkeit eines Überfalls durch Geschöpfe von Nebenan auf den Kölner Dom beträgt in dieser Nacht 95,7789534 Prozent. +++
    »Ich finde, das war eine überaus deutliche Warnung!«
    »Und der Erlkönig! Du hast nie etwas von ihm erwähnt!«
    »Das liegt an meiner Programmierung«, entgegnete die Frauenstimme in einem Tonfall, als wolle sie einen einsamen Gast in einer Nachtbar aufreißen. »Den Erlkönig kannte ich bis heute nur als Figur in einem romantischen Gedicht.«
    »Heinzelmänner gelten doch gemeinhin auch nur als Märchenfiguren! Und was ist mit Cagliostro? Von ihm heißt es, dass er seit mehr als zweihundert Jahren tot ist! Trotzdem hast du mich vor ihm gewarnt!«
    »In der Geschichte der Menschheit gibt es dutzende von Beispielen, in denen vermeintlich Totgeglaubte wieder zurückkehren«, entgegnete der Computer gelassen. »Dafür, dass die Schurken eines romantischen Gedichtes plötzlich in Fleisch und Blut erstehen, gibt es hingegen bisher keine Präzedenzfälle. Und was euch Heinzelmänner angeht, hast du persönlich mich mit den nötigen Daten versorgt, was eure wirkliche Existenz betrifft. Du musst doch wissen, dass jeder Rechner nur so klug ist wie die Datenbanken, auf die er zurückgreifen kann.«
    Die Diskussion mit dem Wahrscheinlichkeitskalkulator begann Nöhrgel mehr und mehr an seine Streitereien während der kurzen Ehe mit Mozzabella zu erinnern. Im Augenblick war es vermutlich klüger, sich auf den gesunden Realitätssinn einer Möwe zu verlassen. Er hatte Schnapper das Schnabelmikro umgeschnallt und ihn in den Dom geschickt, damit er dort das Ausmaß der Katastrophe erkundete.
    »Großhirn an Auge! Was gibt es zu sehen?«
    Aus dem Lautsprecher ertönten hallende Schritte und Gesprächsfetzen. Dann endlich war die heisere Stimme der Möwe zu hören. »Hier Auge! Die Menschen laufen sehr aufgeregt in ihrem Nest herum. Die große goldene Kiste, die du mir beschrieben hast, kann ich nirgends entdecken. Dort, wo sie stehen sollte, sind besonders viele Menschen.«
    Nöhrgel fluchte. »Danke, Auge, du kannst dich aus dem Nest zurückziehen.«
    »Nö, bleibe noch was«, krächzte die Möwe. »Macht Spaß, sich das Durcheinander anzusehen.«
    »Wie du meinst. Over!« Nöhrgel unterbrach die Funkverbindung. So wie die Dinge standen, blieb ihm nun nichts anderes mehr übrig als den Teufel mit dem Beelzebub auszutreiben. Zum Glück hatte er die nötigen Verbindungen. Entschlossen, das Unvermeidliche zu tun, griff er nach seinem Handy.
    *
    Baldur fühlte sich unwohl. Seit Tagen war er nun schon hier in der großen Halle. Als er den Aktenkoffer gebracht hatte, hatten ihn alle gelobt, hatten ihm auf die Schulter geklopft und große Worte gemacht. Es fiel ihnen

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