Nebenan: Roman
irre.«
»Also, ich kann auch kein Polnisch, falls Sie darauf hinauswollen, Hochwürden«, nuschelte sie ohne den Kaugummi aus dem Mund zu nehmen.
»Darauf kommt es auch nicht an!«, erwiderte Anselmus gereizt. Diese beiden waren die Einzigen, die er hatte finden können, die auch nur ansatzweise den Anforderungen des Inquisitors entsprachen. Er würde sie nicht mehr gehen lassen! »Wichtig ist nur, dass sie regelmäßige Kirchgänger sind, und das hat mir Pastor Schröder versichert. Wir brauchen Ihre Hilfe!«
»Wir?«, fragte Kowalski.
»Die Kirche! Seine Heiligkeit hat einen Sonderbeauftragten geschickt und dieser wiederum besteht darauf, mit Ihnen zusammenzuarbeiten.« Hoffentlich würde Gott ihm diese kleine Notlüge verzeihen, dachte Anselmus. »Ich muss Sie verpflichten, über alles, was Sie von nun an sehen und hören werden, striktes Stillschweigen zu bewahren. Sind Sie beide gewillt, sich auf eine Mission im Namen des Herrn einzulassen?«
Kowalski hob die Rechte und gelobte feierlich, dass seine Lippen versiegelt sein würden. Maria zögerte einen Augenblick, doch auf Drängen ihres Kollegen leistete auch sie den Eid. Sie nahm dazu sogar den Kaugummi aus dem Mund.
Anselmus fühlte sich wie ein spätmittelalterlicher Ablasshändler. Aber wie hieß es so schön: Der Zweck heiligt die Mittel. Nachdem diese Formalität erledigt war, führte er die beiden über das hintere Treppenhaus zu den Kellergewölben unter dem Amtssitz des Erzbischofs. Ihr Weg führte sie vorbei an endlosen Regalen, in denen sich die Akten von Jahrhunderten aneinander reihten, und durch ein Gewölbe, in dem ausgediente Amtstrachten gelagert wurden. Schließlich erreichten sie eine gut verborgene Tür, hinter der melancholische Akkordeonmusik erklang.
Der Sekretär klopfte. Als keine Antwort kam, öffnete er. Sie betraten eine große Garage, in der ein schwarzer Geländewagen mit verchromten Stoßstangen und Auspuffrohren stand. Mit Befremden registrierte Anselmus, dass man eine silberne Christophorus-Statue als Kühlerfigur montiert hatte. Der Inquisitor saß mit dem Rücken zur Tür auf einem Feldbett und war ganz in sein Akkordeonspiel versunken. An der Wand ihm gegenüber hingen etliche Fotos, die einen Panzerwagen zeigten, der durch das Domportal brach, und dazu die Köpfe von drei recht merkwürdigen Gestalten. Es waren zwei Männer und eine Frau.
»Pater Wschodnilas!«, rief der Sekretär mit lauter Stimme.
»Wir haben Sie gesehen, Pater Anselmus. Ist Ihnen der Spiegel nicht aufgefallen, der zwischen den Fotos hängt? In Zeiten, da die letzte Konfrontation zwischen der Dunkelheit und dem Licht immer näher rückt, achten wir stets darauf, was sich hinter unserem Rücken tut.« Der Inquisitor spielte einen dramatischen Schlussakkord und verstaute sein Akkordeon dann in einem großen, schwarzen Instrumentenkoffer, der mit Aufklebern aus aller Herren Länder geschmückt war.
»Wie meint Hochwürden das mit der letzten Konfrontation ?«, flüsterte Kowalski.
»Metaphorisch«, versicherte Anselmus schnell. »Rein metaphorisch.«
»Hauptwachtmeister Kowalski«, fuhr der Inquisitor fort. »Nachdem uns Pater Anselmus gestern Abend über Ihr Kommen benachrichtigt hat, haben wir uns erlaubt einige Erkundigungen über Sie einzuziehen. Sie kommen aus der Gemeinde Köln Kalk, nicht wahr?«
Der dicke Polizist war verblüfft. »Stimmt.«
»Wissen Sie, warum wir so sehr über Ihre Mitarbeit erfreut sind?« Wschodnilas trat an einen Gettoblaster und drückte die Play-Taste des Kassettendecks. » Nein, Hochwürden«, erklang eine sonore Stimme. » So etwas hat er noch nie zuvor erzählt. Aber er hat tatsächlich bei allen Heiligen geschworen, er und seine Kollegin seien von unsichtbaren Trollen angegriffen worden. Dabei war er ganz sicher nüchtern. Ich habe ihm aufgetragen zehn Ave-Maria zu beten.« Der Inquisitor drückte auf Stopp.
»Das …«, ereiferte sich Kowalski. »Das ist infam! Hochwürden Schröder verstößt damit gegen das Beichtgeheimnis! Ich werde mich …«
»Beruhigen Sie sich, Hauptwachtmeister.« Der Inquisitor lächelte dünn. »Das Istituto per le Opere Esteriori kann jeden Geistlichen von seinem Beichtgeheimnis entbinden. Ihr Pastor hatte gar keine andere Wahl als uns wahrheitsgemäß zu antworten.«
»Das was?«, fragte Kowalski an den Sekretär gewandt.
»Das ist das Amt für Auswärtige Angelegenheiten im Vatikan«, erklärte der Geistliche. »Darf ich vorstellen, Pater Carol Wschodnilas, ein Vertrauter
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