Nebenan: Roman
vor einem Marienbild brannten, ein Ball aus Feuer manifestierte. Dann schoss die Kugel unmittelbar auf ihn zu und zerstob zu meterlangen Flammenzungen, als sie auf die Panzerglasscheibe traf.
Blau verkroch sich jaulend unter der Sitzbank und Gabi rückte noch näher an Joe Pandur heran. »Chef, was war das?«
»Nichts, worüber du dir Sorgen machen müsstest. Der Dom mag mich und meinesgleichen nicht. Aber was kann so ein bisschen Hokuspokus schon gegen zentimeterdicken Panzerstahl ausrichten! Fahr weiter zum Hauptaltar!«
»Wir werden exkommuniziert werden … Für immer im Fegefeuer brennen …«, wimmerte Gabi leise.
Dafür, dass sie beide unter einem Beherrschungszauber standen und keinen freien Willen mehr hatten, waren seine zwei sterblichen Gehilfen noch erstaunlich widerborstig, dachte der Albenfürst verärgert.
Joe machte einen weiten Bogen um die Sitzbänke, während unter der hohen Decke des Hauptschiffes grelle Blitze zuckten und auf das Panzerfahrzeug hinabschlugen. Seit seinem Schnellstudium des umfangreichen Lexikons bei Mariana kannte sich der Elbenfürst mit moderner Physik aus, und weil er wusste, was ein faradayscher Käfig war, nahm er den Widerstand des Doms sehr gelassen. Solange er das Panzerfahrzeug nicht verließ, konnte ihm nichts passieren.
Vorbei an Chorpfeilerfiguren und dem prächtigen alten Chorgestühl bahnte sich das geländegängige Militärfahrzeug seinen Weg die Stufen hinauf und kam schließlich vor dem prächtigen Gitterwerk zum Stehen, hinter dem der große, goldene Schrein stand, in dem die Gebeine der Heiligen Drei Könige verwahrt wurden.
Nur drei Schritt trennten ihn noch von der Erfüllung seines Traums. Der Erlkönig fühlte sein Herz schneller schlagen. Bald wäre die Tyrannei der Zwergenvölker auf immer gebrochen!
»Den Wurfanker, Joe! Du weißt, was du zu tun hast!«
Der stämmige Trucker nickte und öffnete die Tür der Fahrerkabine.
»Aber die Blitze!«, jammerte Gabi.
»Ihm kann nichts passieren.« Der Albenfürst war sich zwar nicht im Entferntesten so sicher, wie er tat, doch wenn seine Überlegungen stimmten, dann konnte dieses Feuerwerk normalen Sterblichen nichts anhaben. Es war allein zu seiner Vernichtung bestimmt. Aber er war ja in Sicherheit.
Joe rumorte auf der Ladefläche des Panzerwagens herum. Dann war ein scharfes metallisches Klirren zu hören. Das Zeichen! Der Erlkönig wechselte auf den Fahrersitz. Mit schweißnassen Händen umklammerte er das Lenkrad. Im Seitenspiegel sah er Joe winken.
Ein Tritt auf das Gaspedal und der schwere Schützenpanzerwagen machte einen Satz nach vorne. Dann gab es einen Ruck und ein kreischendes Geräusch. Einen Moment lang schien eine unsichtbare Hand den Wagen umklammert zu haben.
Der Erlkönig trat das Gaspedal bis zum Anschlag durch und blickte nervös in den Seitenspiegel. Aus dem Verschlag des Panzerwagens reichte ein straff gespanntes Stahlseil bis zum Gitter vor dem Dreikönigsschrein. Metallstaub rieselte von dem zum Zerreißen gespannten Seil und schimmerte golden im Kerzenlicht. Ein Blitz schlug in das Gitter und blaue Funken stoben von dem feinen Schmiedewerk. Die beiden Gitterstangen, zwischen denen der Wurfanker verkantet war, begannen sich langsam zu verbiegen. Endlich gab es einen zweiten Ruck. Der Panzerwagen machte einen Satz nach vorne und verfehlte dabei nur knapp den Hochaltar. Das Gitter war losgerissen und rutschte scheppernd über den Boden.
Sofort löste Joe das Stahlseil und schlang es um den großen goldenen Sarkophag.
Aus allen Himmelsrichtungen schlugen nun Blitze in den Panzerwagen ein. Fast geblendet ließ sich der Erlkönig auf seinen unbequemen Sitz zurücksinken. Es roch nach Ozon. Jedes Härchen an seinem Körper hatte sich aufgerichtet.
Gabi schien in Trance gefallen zu sein. Mit weit aufgerissenen Augen starrte sie in das blendende Lichtspektakel, das um sie herum tobte.
Aus dem Laderaum des Panzerwagens ertönte das schrille Summen der elektrischen Seilwinde. Im Seitenspiegel sah der Erlkönig den Dreikönigsschrein auf die offenen Luken zur Ladefläche zurutschen. Der Albenfürst blickte zur grün schimmernden Uhr im Armaturenbrett. Sie waren noch keine fünf Minuten im Dom. Es lief alles nach Plan! Joe legte zwei Rampenschienen aus Leichtmetall vor den Verschlag. Der kostbare Sarkophag glitt mit schleifendem Geräusch hinein. Sie hatten extra einige der Inneneinbauten entfernt, damit das Reliquiar auch in den Schützenpanzer passte. Die genauen Abmessungen des
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