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Nebenan: Roman

Nebenan: Roman

Titel: Nebenan: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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Öffnung im Felsen. Dort befand sich das Tor der Dunklen . Fünf Ritter waren zu seiner Bewachung abkommandiert. Es schien, als hätten die Wächter sie noch nicht bemerkt. Till kauerte sich nieder.
    »Ich gehe noch weitere Verstärkung holen«, flüsterte Wallerich. »Wir haben so gut wie gewonnen!«
    Rolf und Till tauschten einen kurzen Blick. Sie teilten den Optimismus ihres Verbündeten nicht. Das alles war zu leicht gegangen. Misstrauisch musterte Till die Felsen. Abgesehen von einer schmalen, aus dem gewachsenen Stein gehauenen Treppe gab es keinen Weg nach oben. Die Hänge waren so steil, dass nicht einmal Schnee daran haften blieb. Der kleine Talkessel maß weniger als zwanzig Meter im Durchmesser. In Tills Erinnerung war er kleiner gewesen. Die Präsenz der Dunklen schien sich also nicht nur auf die technischen Errungenschaften des 21. Jahrhunderts auszuwirken. Auch das Land begann sich zu verändern.
    Unruhig musterte er den Rand der Klippen. Dort standen vereinzelt Bäume und Büsche. Kein Feind war zu sehen. Vielleicht hatte Wallerich ja doch Recht und es war das Schicksal der Dunklen , immer wieder besiegt zu werden.
    Im Tunnel erklangen Schritte. Wallerich kehrte zurück.
    »Der Widerstand ist so gut wie zerschlagen. Es gibt nur noch vereinzelte Kämpfe. Wir haben eine Hand voll Ritter von den Raben und ein Dutzend Schweizer, um das Tor zu besetzen. Ich finde, wir sollten nicht länger zögern.« Der Heinzelmann hob seinen Zimmermannshammer. Hinter ihm im Tunnel ertönten das Klirren von Metall und gedämpftes Stimmengemurmel.
    »Attacke!« Die Stimme des Heinzelmanns wurde von den kahlen Felsen zurückgeworfen.
    Erschrocken zogen die Wächter am Tor ihre Waffen, doch gegen die erdrückende Übermacht, die aus dem Tunnel hervorstürmte, hatten sie keine Chance. Nach wenigen Augenblicken war der Kampf beendet.
    *
    Die Lage war so gut wie aussichtslos. Cagliostro hatte sich mit den wenigen ihm noch verbliebenen Streitern bis auf die hintere Empore der Nibelungenhalle zurückgezogen. Rübezahl hatte irgendwo mehrere Fass Bier aufgetrieben und sich nach der Niederlage gegen den Heinzelmann sinnlos besoffen. Die Walküre behauptete, sie habe einen dringenden Termin in Asgard und war spurlos verschwunden. Die wenigen Ritter waren schon beim Kampf um die Palisade in Gefangenschaft geraten und der Erlkönig ließ sich einfach nicht blicken.
    Cagliostro fragte sich, ob sich so wohl General Cornwallis gefühlt hatte, als er bei Yorktown endgültig von dieser Armee rebellierender Siedler besiegt worden war. Er warf einen flüchtigen Blick zu Mariana. Sie hatte sich in den hintersten Winkel der Halle zurückgezogen und versuchte verzweifelt ein Tor nach Nebenan zu öffnen. Neben ihr hüpfte ein Redcap auf einem Bein und hielt dabei fluchend einen Stiefel hoch, der fast so groß wie er selbst war.
    Die übrigen rotbemützten Kobolde hatten sich um die Stufen der Empore versammelt und beratschlagten laut in einem Kauderwelsch, das wohl nicht einmal ein walisischer Bauer verstanden hätte. Mit ihren roten Mützen ähnelten sie bedenklich jenen Jakobinern, die den französischen Adel auf die Guillotine geführt hatten.
    Cagliostro zog seinen Degen und blickte zur Bresche, in der sich die Schweizer und die anderen Raufbolde zum letzten Sturmangriff formierten. Die Hand des Grafen zitterte. Er würde handeln, wie es sich für einen Mann von Stand geziemte!
    »Ich rufe die lodernde Macht, die Hitze und Glut entfacht …«, ertönte die Stimme Marianas im Hintergrund. Was für ein tapferes Mädchen, dachte Cagliostro. Lächelnd erinnerte er sich an ihre gemeinsamen Nächte. Hätten sie nur mehr Zeit zusammen gehabt!
    Der Graf wandte sich zu den Redcaps an der Treppe. »Vorwärts, Jungs, zeigt den Menschen, was in euch steckt! Wir sind von edlerem Geblüte als die Feiglinge, die vor dem Kampf geflohen sind. Die Garde stirbt, aber sie ergibt sich nicht!«
    »Du spinnst wohl, Alter!«, keifte einer der gelbäugigen Kobolde und hob drohend sein rostiges Messer. »Wir bringen denen da drüben die Köpfe von dir und deinem Flittchen. Dann werden sie netter zu uns sein!«
    »Giuseppe Balsamo!«, rief der Hauptmann der Schweizer durch die verwüstete Halle. »Im Namen des Vatikans erkläre ich dich und deine ketzerische Gefolgschaft für verhaftet. Legt die Waffen nieder!«
    »Holt seinen Kopf!«, schrie der Anführer der Redcaps und die Kobolde stürmten die Treppe empor.
    »Fliegt!«, fauchte der Graf, malte mit der Degenspitze

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