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Nebenan: Roman

Nebenan: Roman

Titel: Nebenan: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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ein verschlungenes Zeichen in die Luft und die verräterischen Redcaps wurden wie von Geisterhand emporgehoben und schwebten den Angreifern entgegen.
    Der Kobold, der Mariana assistierte, hatte sich den Stiefel über den Kopf gezogen und schien ohnmächtig geworden zu sein. Noch immer versuchte die Druidin verbissen ein Tor zu öffnen, doch außer einem blassgrünen Flackern an der Wand hinter ihr tat sich nichts.
    Mit energischer Geste ließ der Graf ein Bild, das Siegfrieds Tod zeigte, von der Wand gleiten und zu sich hinübersegeln. Er hatte alles getan. Jetzt blieb nur noch zu flüchten, und da kein fliegender Teppich zur Hand war, würden sie es mit einem fliegenden Ölgemälde versuchen.
    »Komm, Mariana. Retten wir uns!«
    Eine Degenspitze wurde auf die Brust des Grafen gesetzt. Der Hauptmann der Schweizer, ein Mann mit dem ausgemergelten Gesicht eines Asketen, hatte Cagliostro erreicht. »Keine weiteren Zaubereien mehr!«
    Der Graf zerbrach seinen Degen über dem Knie. »Schneidet mir nur das Herz heraus, aber verschont das Mädchen. Sie gehört in eure Welt und hat nichts mit all dem hier zu schaffen. Sie ist lediglich das Opfer von Täuschung und übler Magie.«
    »Das wird die Inqui… das Istituto per le Opere Esteriori untersuchen.« Der Hauptmann lächelte kühl. »Wenn unsere Verbündeten nichts dagegen haben, wird man Euch Eure alte Zelle in der Engelsburg wieder herrichten lassen, Graf.«
    Zwei Schweizer packten Cagliostro und führten ihn ab.
    *
    Einmal abgesehen davon, dass der Erlkönig entkommen war, war Nöhrgel überaus zufrieden. Die Schlacht um die Nibelungenhalle war ein glänzender Sieg geworden. Gemeinsam mit den anderen Befehlshabern der gemischten Streitmacht besichtigte er das Tor der Dunklen . Es war fachmännisch aufgebaut worden und in tadellosem Zustand. Eben echte Heinzelmännchenarbeit! Laller und die anderen Entführten hatte man gefesselt in einer Felsspalte nahe dem Tor gefunden.
    Gerade wurden die ersten gefangenen Dunklen durch den Tunnel in den engen Talkessel geführt. Allen voran ging die Schneekönigin. Ihr prächtiges Kleid war mit hässlichen braunen Flecken übersät. Ihr folgte dieser verdammte Perückenträger und dessen rothaarige Gefährtin. Nöhrgel war sich unschlüssig, was man mit dem Mädchen machen sollte. Schließlich konnte man sie nicht mit den übrigen Dunklen nach Nebenan abschieben. Sie war ein Mensch und gehörte in diese Welt. Auf der anderen Seite war sie eine willige Verbündete der Dunklen gewesen und nach allem, was er gehört hatte, war sie mit dafür verantwortlich, dass die Aufrührer es geschafft hatten, dieses Tor zu öffnen.
    Unschlüssig drehte der alte Heinzelmann ein Schnauzbartende zwischen Daumen und Zeigefinger. Nein, mit dieser Mariana musste etwas geschehen! Vielleicht sollte er Mozzabella um Hilfe bitten. Sie beherrschte einen Zauber, mit dessen Hilfe sie dem Mädchen die Erinnerung an die Ereignisse der letzten zwei Wochen nehmen konnte. Ob man den Zauber wohl auch auf die anderen menschlichen Teilnehmer dieser Schlacht legen konnte? Es war nicht gut, wenn die Langen zu viel über die Angelegenheiten des kleinen Volkes wussten! Was Mozzabella wohl als Gegenleistung verlangen würde? Das öffentliche Zugeständnis, dass man mit Technik allein doch nicht in allen Lebenslagen zurechtkam? Oder noch schlimmer, ein paar Jahre lang regelmäßige sonntägliche Besuche zum Kaffeetrinken, bei denen er selbst gebackenen Kuchen mitbringen musste?
    Ein dumpfes Geräusch schreckte Nöhrgel aus seinen trüben Gedanken auf. Polternd stürzte ein Felsbrocken die Klippen hinunter. Eine windschiefe Kiefer begann sich bedenklich zu neigen. Der Erdrutsch hatte ihr Wurzelwerk freigelegt. Befehle wurden gerufen. Schweizergardisten und Heinzelmännchentechniker liefen durcheinander. Nöhrgel zog sich ein Stück in Richtung des Tors zurück. Nur Augenblicke später stürzte der Baum mit lautem Getöse in den engen Talkessel und der Zugang zum Tunnel verschwand hinter Geröll und einem Dickicht geborstener Äste.
    »Ergebt euch!«, ertönte eine befehlsgewohnte Stimme. Am Rand der Klippen erschien eine hoch gewachsene Gestalt in weißem Umhang. Der Erlkönig!
    »Schießt ihn ab!«, rief Nöhrgel erbost und winkte einigen der Schweizer Armbrustschützen. Doch noch bevor die Krieger des Vatikans ihre Waffen spannen konnten, erhoben sich rings um den Talkessel Alben, die mit Langbögen bewaffnet waren. Sie hatten sich unter Schneeverwehungen und Büschen

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