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Nebenan: Roman

Nebenan: Roman

Titel: Nebenan: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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Tarnschilden hatte nichts in dem Lexikon gestanden, das er gelesen hatte. Ob die Frau verrückt war?
    »Ich versteh schon, wenn de mir nichts von deiner Mission erzählen darfst.« Die Blondine hatte sich so weit vorgebeugt, dass er ihren warmen Atem auf seiner Wange spüren konnte. »Ich werd natürlich nix verraten. Gott, davon hab ich immer geträumt … Weißte, wie sehr ich Spock als kleines Mädchen bewundert hab? Seinen kühlen, überlegenen Charme! So was gibt’s unter Menschen nich.«
    Vielleicht konnte die Blondine ja nützlich sein, überlegte der Erlkönig und versuchte gleichzeitig möglichst wenig von ihrem aufdringlichen Parfüm einzuatmen. Sie kam mit vielen Menschen zusammen. Ob er ihr trauen konnte? »Sie haben mich durchschaut, gnädige Frau. Es ist wirklich so, ich bin gekommen, um die Menschen vor sich selbst zu bewahren.« Der Erlkönig beobachtete sie aufmerksam im Spiegel. Sie hing an seinen Lippen, als sei er ein Ablasspriester, der die ewige Glückseligkeit verkaufte. »Ich bin in der Tat in einer besonderen Mission unterwegs. Und ich bin nicht nur hierher gekommen, um mir die Haare schneiden zu lassen. Wir sind schon lange auf Sie aufmerksam geworden. Ich brauche Ihre Hilfe, um … äh … um den Rücken frei zu haben. Wir werden die ökologische Katastrophe verhindern. Letzte Nacht ist ein Kernkraftwerk ausgefallen, und man verheimlicht es dem Volk!«
    »Gott! Dat is ja besser als in meinen kühnsten Träumen! Was soll ich tun? Und kann ich hinterher mitkommen? Ich wollt immer schon mal auf der Enterprise sein … Und du musst unbedingt Joe kennen lernen. Er is’ Aktivist bei den Green Fighters … Eigentlich dürfte ich dat nicht sagen. Es is’ ’ne streng geheime Untergrundgruppe, die gegen das Establishment kämpft und gegen das Überfischen von de örtlichen Baggerlöcher. Er redet auch dauernd von Atomkraftwerken und Ökologie. Werden wir auch gegen die Klingonen kämpfen müssen?«
    »Klingonen?« Der Elbenfürst bekam immer mehr den Eindruck, dass das Konversationslexikon trotz seiner mehr als zwanzig Bände entscheidende Lücken hatte. »Äh, vielleicht … Man weiß ja nie, wo die Klingonen überall ihre Finger im Spiel haben.«
    Die Friseuse wirkte jetzt misstrauisch. Sie ließ ihre Hände durch sein Haar gleiten und berührte dabei wie zufällig seine spitzen Ohren. Währenddessen beruhigte sie sich anscheinend wieder. Er sollte dringend herausfinden, was es mit den Klingonen auf sich hatte! Vermutlich waren sie eine politische Vereinigung oder ein Geheimdienst.
    »Du solltest lieber en Stirnband tragen, so wie Spock in dem Kinofilm, in dem se die Wale retten. Deine Ohren werden auffallen. Aber zuerst werd ich deine Haare waschen. Die haben’s dringend nötig! Und die Mission …«
    »Sie müssen darüber schweigen! Es ist alles streng geheim!«
    Die Friseuse schwenkte ein Becken hinter den Sessel und stellte Wasser an. »Wat wird denn meine Aufgabe sein?«
    »Sie … ähm … müssen den Kontakt zu den Green Fighters herstellen. Wie gesagt brauche ich für meine Operation Rückendeckung. Mehr darf ich Ihnen im Moment noch nicht verraten. Das ist auch im Interesse Ihrer Sicherheit.«
    Sie seufzte. »Du meinst, ich werd in en richtiges Abenteuer reingezogen?«
    »Davon sollten Sie besser ausgehen!«

8

    »Ich rufe Wallerich vom Clan der Käsebohrer in den Zeugenstand.« Laller, der Chefankläger im Prozess gegen Nöhrgel, grinste triumphierend. Nach Nöhrgel war er der Zweitälteste unter den Kölner Heinzelmännern, und er wartete schon seit über hundert Jahren darauf, Nöhrgel als Ältesten abzulösen. Laller war ein Zyniker. Ein Heinzelmann ohne Gewissen. Er hatte seine Schnauzbartspitzen hochgezwirbelt und seinen mächtigen Bart in drei schwere Zöpfe geflochten, die ihm bis zu den Knien reichten.
    Wallerich mochte Heinzelmänner mit gezwirbelten Schnauzbärten nicht. Wer sich jeden Abend ein hosenbandträgerdickes Gummi als Bartstütze ums Gesicht band und halb aufrecht sitzend schlief, um seine Schnauzbartenden zu schonen, der konnte nicht mehr alle Tassen im Schrank haben!
    Als Chefankläger trug Laller eine konservative Heinzelmanntracht. Weite braune Hosen, die in kurzen Stiefeln steckten, eine rote Tunika, die halb unter den Bartzöpfen verschwand, und einen breiten, schwarzen Ledergürtel mit pompöser Goldschnalle. Natürlich durfte auch eine Zipfelmütze nicht fehlen, wobei er ein sehr altertümliches Modell mit recht lang gezogener Spitze und einem dicken

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