Nebenweit (German Edition)
nickte unser Besucher. »Diese Auseinandersetzung hat auch ein wenig mit Neid zu tun. Und das ist natürlich eine sehr menschliche Regung, eine die man nicht nur rational sehen darf. Schließlich sind die Lebensumstände in den drei technisch fortschrittlichen Zeitlinien, die wir kennen, wesentlich besser und vor allem angenehmer als in der unseren, und das schürt natürlich den Neid auf diejenigen, die das Privileg genießen, sich längere Zeit in diesen fortschrittlichen Welten aufzuhalten. Ich habe allerdings keine eigenen Erfahrungen, wie es in der von Rom geprägten Zeitlinie aussieht, während ich zwei andere ja aus persönlicher Erfahrung kenne und mir von der Germaniawelt ein gewisses Bild machen kann.«
Das leuchtete mir ein. »Solche vom Neid geschürten Glaubenskriege können recht gewaltsame Formen annehmen, das weiß ich zumindest aus der Geschichte meiner eigenen Welt …«
»Ja, im Nahen Osten beispielsweise oder vor einigen Jahren noch in Nordirland«, fiel mir Dupont ins Wort. »Sie können sich das wahrscheinlich gar nicht vorstellen, Carol«, meinte er dann zu ihr gewandt. »In der Hinsicht ist dies ganz bestimmt die glücklichste der Welten, die ich einigermaßen kenne. Das ist übrigens auch der Grund, weshalb wir ihr die größte Aufmerksamkeit schenken und hier auch am stärksten vertreten sind.«
»Haben Sie denn auch noch zu anderen Welten Kontakt?«, wollte Carol wissen. »Ich meine, außer denen, die Sie uns gegenüber bisher erwähnt haben. Und wie viele gibt es denn?«
»Um ihre zweite Frage zuerst zu beantworten – wahrscheinlich unendlich viele. Wenigstens meinen unsere Wissenschaftler das. Und Kontakt, na ja, es ist schon gelegentlich vorgekommen, dass jemand in eine völlig fremde Welt geraten ist. Per Zufall sozusagen, aber wir haben ziemlich bald erkennen müssen, dass das recht gefährlich sein kann. Stellen Sie sich bloß einmal vor, jemand würde plötzlich in einer Welt stehen, in der die Saurier nicht ausgestorben sind. Das könnte dann ein recht kurzer Besuch werden. Dann gibt es eine ganze Reihe von Fällen, wo Leute von einer Versetzung einfach nicht zurückgekommen sind. Einfach verschwunden. Der eine oder andere mag einfach untergetaucht sein und jetzt unerkannt ein ganz normales Leben führen. Aber darunter sind sicherlich auch Fälle, wo jemand in einer Anderwelt der feindlichen Tierwelt zum Opfer gefallen ist. Oder den Elementen«, fügte er nach kurzem Nachdenken hinzu.
»Darüber könnte man natürlich endlos spekulieren. Aber ihre erste Frage ist die entscheidende, Carol. Nein, wir pflegen nur Kontakte zu dieser Welt, diese sogar besonders intensiv, und zu der Welt, aus der Bernd stammt, aber wesentlich weniger konzentriert, weil sie deutlich – wie soll ich formulieren – unsicherer, gefährlicher, meinetwegen sogar kriegerischer ist. Mit der Germaniawelt wollen wir eigentlich gar nichts zu tun haben, die beobachten wir erst, seit Antolax sich dort eingenistet hat. Und in der Römerwelt unterhalten wir nur eine kleine Beobachterstation, sozusagen aus wissenschaftlicher Neugierde.«
»Und wie sehen diese Kontakte wirklich aus?«, schaltete ich mich ein. »Sie haben da bisher ein paar Andeutungen gemacht, von wegen ›eine Art diplomatischer Dienst‹ und dass Sie hier durch Spekulationen Geld verdienen und gewisse Wirtschaftsgüter in Ihre Welt befördern, soweit sie klein genug und damit tragbar sind. Und als Mortimer entführt wurde, haben Sie ihn per Kommandoeinsatz wieder befreit, was darauf hindeutet, dass Sie auch über entsprechend geschulte Einsatzkräfte verfügen. Wovon übrigens die Behörden hier nicht gerade begeistert sein dürften. Um es einmal gelinde auszudrücken«, fügte ich mit spielerisch erhobenem Zeigefinger hinzu. »Ich meine, von wegen Gewaltmonopol des Staates und so …«
»Ich weiß, unsere Anwesenheit hier ist nicht unproblematisch«, nickte Dupont. »Lassen Sie es mich einmal so ausdrücken – wir sind jetzt seit über zweihundert Jahren hier unterwegs. Und dass Elax seine Schule gegründet hat, ist ziemlich genau hundertfünfundneunzig Jahre her. In all den Jahren hat es keine Probleme gegeben. Besser gesagt, Ihre Welt ist nicht auf uns aufmerksam geworden. Wenigstens nicht in der Weise, dass man die Existenz von Parallelwelten oder die Anwesenheit von Menschen aus einer solchen Parallelwelt ernsthaft diskutiert hätte.«
Dem konnte ich, zumindest was meine eigene Welt anging, nichts entgegensetzen und nickte deshalb
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