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Nebenweit (German Edition)

Nebenweit (German Edition)

Titel: Nebenweit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Zwack
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Millionen Menschen geopfert wurden, wie das bei Religionen häufig der Fall ist. Ich werde dir das später erklären, das dauert sonst zu lange.«
    Carols Schmollblick zeigte mir, dass ihr das nicht ganz passte. Sie mochte es nicht, wenn man ihr irgendwelche Informationen vorenthielt, sei es auch nur für kurze Zeit. Geduld gehörte nicht zu ihren hervorstechenden Eigenschaften. Aber ich wollte, dass Dupont bei der Sache blieb. Mich interessierten die soziologischen und kulturellen Gegebenheiten der Gälerwelt auch, aber in erster Linie wollte ich wissen, was es mit diesem Antolax und seiner Bewegung auf sich hatte. Und inwieweit er eine ganz persönliche Gefahr für uns beide darstellte.
    »Aber angeschlossen hat Antolax sich ja wohl eher den Nazis als den Kommunisten«, lenkte ich Dupont auf unser Thema zurück. »Das ist ja doch ein ziemlicher Gegensatz, oder?«
    »In mancher Hinsicht natürlich, aber was den Anspruch angeht, allein selig machend zu sein, eher nicht«, lächelte unser Gast. »Ich glaube, die Ideologie der Nazis ist ihm ziemlich gleichgültig, zumindest war sie das zu Anfang seiner Zeit hier. Für ihn bot das Naziregime einfach die Chance, durch geschickte Anpassung in der Hierarchie nach oben zu klettern. Das war in Diktaturen vermutlich schon immer so. Und da er als ganz junger Mensch in die Germaniawelt gekommen ist, er muss damals acht oder zehn Jahre alt gewesen sein, hat ihn die Ideologie der Nazis natürlich trotz allem in gewissem Sinne geprägt. Gehorsam, Mannesmut, das Führerprinzip, alles das eben.
    Und nach allem, was mir unsere Kundschafter aus der Germaniawelt berichten, ist er inzwischen auf seiner Burg in Ostpreußen zu einer Art Provinzfürst geworden. Dem Regime und seinem persönlichen Wohlergehen treu ergeben, könnte man sagen. An unsere Welt bindet ihn nur wenig, er kennt sie ja kaum mehr, aber er versteht es, seinen Anhängern bei seinen wenigen und kurzen Besuchen in Luteta den überzeugten Propheten alter Traditionen vorzugaukeln.«
    »Das kann ich alles nachvollziehen«, meinte ich, was mir einen zweifelnden Blick Carols eintrug, »aber was hat das mit uns, mit unserer Welt zu tun? Soll er es sich doch bei den Nazis gut gehen lassen.«
    »So würde vielleicht ein normaler Mensch denken«, wandte Dupont ein. »Aber nicht einer, den der Größenwahnsinn gepackt hat und der von seiner eigenen Bedeutung so überzeugt ist, wie das offenbar bei Antolax der Fall ist. Der Mann ist nicht nur eitel, er ist auch hochintelligent. Und deshalb ist ihm bewusst, dass die wahre Zukunft in einer Zeitlinie wie dieser liegt. Ich bin mir ziemlich sicher, dass er begriffen hat, dass die Situation in der Germaniawelt auf einen Konflikt zwischen den beiden führenden Mächten, also zwischen Deutschland und Japan zustrebt. Es gibt dort heute schon Streitigkeiten über die Bodenschätze Sibiriens, und beide Herrschaftsstrukturen streben die Alleinherrschaft an. Und das bedeutet Krieg, wenn nicht in dieser Generation dann in der nächsten. Antolax hat Familie, er denkt über den Tag hinaus, und deshalb zieht es ihn hierher.«
    »Jetzt verstehe ich gar nichts mehr«, entfuhr es mir. »Ich dachte immer, diese Tradis sind gegen den Kontakt mit den Parallelwelten. Sie haben mir doch erklärt, dass sie aus religiösen Gründen den Umgang mit den Anderwelten ablehnen. Nun sagen Sie mir zum einen, dass es Antolax in diese Welt zieht, und zum anderen, dass er seine Machtbasis in der Germania-Zeitlinie hat. Wie passt das denn zusammen? Wieso lässt er einen harmlosen Amerikaner wie diesen Mortimer entführen? Und weshalb haben sich diese Burschen in der Forsthütte hier am Berg eingenistet? Ich muss sagen, ich blicke jetzt nicht mehr durch.«
    Ich muss wohl ziemlich erregt geklungen haben und war auch laut geworden, denn Carol schaltete sich besänftigend ein. »Beruhige dich, Bernd, Jacques ist doch dabei, uns das alles zu erklären. Nicht wahr, Jacques?«, fügte sie mit einem beschwörenden Blick zu unserem Gast hinzu. Ich musste wieder einmal über Carol staunen, diese Carol, meine ich. Sie schien genau zu wissen, dass ich zu einer gewissen Aggressivität neigte, wenn ich das Gefühl hatte, jemand wolle mir etwas vormachen. Und da sie Dupont inzwischen ganz offensichtlich ins Herz geschlossen hatte, wollte sie vermeiden, dass ihr aufbrausender Ehemann mit ihm in Streit geriet.
    Doch so leicht war der liebe Jacques ohnehin nicht aus dem Konzept zu bringen. Schließlich hatten wir es mit dem

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