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Nebenweit (German Edition)

Nebenweit (German Edition)

Titel: Nebenweit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Zwack
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gehen sollte. Ich wollte ja keine falschen Hoffnungen in ihr wecken, Hoffnungen, die ja möglicherweise auch unser Zusammenleben beeinträchtigen konnten. Aber daraus war nichts geworden. Ich war in tiefen Schlaf gesunken. Wie ein Murmeltier, wie man so schön sagt. Dabei habe ich keine Ahnung, wie Murmeltiere eigentlich schlafen, einmal davon abgesehen, dass sie es ziemlich lange tun.
    Und dann hatte ich in weiter Ferne das Telefon klingeln hören, nur zweimal, dann hatte Carol abgenommen. Sie überließ es normalerweise mir, Anrufe entgegenzunehmen, aber wenn ich schlief, erwachten in ihr wohl Mutterinstinkte. Es war aber für mich gewesen, Dupont, der wohl ungeduldig geworden war, und so hatte sie plötzlich neben dem Bett gestanden und mir das Telefon hingehalten. »Entschuldigen Sie meine Ungeduld, aber ich wollte nicht, dass es zu spät wird«, vernahm ich seine inzwischen vertraute Stimme. »Ich bin noch unterwegs, aber es ist wirklich nicht nur wichtig, sondern auch dringend«, fuhr er fort. »Können Sie es einrichten, dass wir uns morgen möglichst früh treffen? Ich kann auch gerne zu Ihnen kommen, um Ihnen die Fahrt zu ersparen.«
    »Ja, aber was ist denn so eilig?«
    »Darüber möchte ich am Telefon nicht sprechen«, wehrte er ab. »Aber es hängt natürlich mit meinen Gesprächen in Paris zusammen. Und ich habe Ihnen auch einiges zu erklären. Also wie ist es, darf ich Sie morgen aufsuchen, sagen wir gegen elf?«
    Daran erinnerte ich mich jetzt, während ich unter der Dusche stand. Gut, dass ich nicht noch länger geschlafen hatte, zwölf Stunden sollten ja eigentlich ausreichen. Gerade noch Zeit, mich zu rasieren, mit Carol in aller Ruhe zu frühstücken und mich dann eine halbe Stunde dem in letzter Zeit etwas stiefmütterlich behandelten Charlie zu widmen. Die frische Luft würde mir guttun, und ein Blick durchs Fenster ließ mich erkennen, dass es in der Nacht wieder etwas geschneit hatte. Keine Fußspuren im hinteren Bereich des Grundstücks, konstatierte ich erleichtert, während ich mir den Rasierschaum abwusch.
    Auf der Treppe schlug mir der Geruch von frischem Kaffee und gebratenem Schinken entgegen, und mir wurde plötzlich bewusst, dass ich einen Bärenhunger hatte. Gestern Abend hatte ich kaum etwas zu mir genommen, erinnerte ich mich.
    Carol hatte sich hübsch gemacht, Jeans, karierte Bluse und ein Band mit dem gleichen Muster im Haar, dass sie zu einem Pferdeschwanz gebunden hatte. Sogar etwas Rouge hatte sie aufgelegt. »Annie get your gun«, scherzte ich. »Gilt das mir oder Dupont? Ich weiß schon, dass er Eindruck auf dich macht. Mit Handkuss und so.«
    Sie streckte mir die Zunge heraus. »Das muss ja gestern eine wichtige Sitzung gewesen sein, in Paris, meine ich«, sagte sie dann. »Und du gehörst jetzt wohl zum Inneren Kreis. Sonst würde er nicht gleich anschließend hier aufkreuzen.«
    »Ist mir aber eigentlich ganz recht«, erwiderte ich. »Die Fußspuren haben mir ganz schön zu denken gegeben, deshalb bin ich froh, dass er herkommt. Wir müssen sicherstellen, dass wir nicht in seine Probleme hineingezogen werden, und die hat er ja offensichtlich. Und die hängen auch irgendwie mit uns zusammen, genauer gesagt mit mir. Zur Polizei können wir schließlich nicht gehen. Darüber waren wir uns ja schon gestern einig.«
    Carol nickte bloß, während sie mir den Kaffee einschenkte. Ich machte mich über die Spiegeleier her und überlegte, ob ich ihr von meinem – ja, was war es eigentlich? Ein Traum? Eine Vision? – berichten sollte. Aber ich hatte keine Wahl, und außerdem hatte ich mir vorgenommen, auch künftig offen zu Carol zu sein.
    Carol hatte schon gegessen und sah mir geduldig dabei zu, wie ich meinen Teller leerte und anschließend mit einem Stück Brot das Eigelb vom Tellerrand wischte. Dann nahm sie einen Schluck aus ihrer – vermutlich dritten – Tasse Kaffee und sah mich erwartungsvoll an, während ich meinerseits einen Schluck Kaffee trank. Wenn ich jetzt nichts sagte, würde das Verhör beginnen, das wusste ich.
    »Du willst jetzt hören, was gestern war«, begann ich, nippte erneut am Kaffee und lehnte mich dann zurück. »Um es kurz zu machen, ich habe Duponts Abwesenheit genutzt, um seine Mitarbeiterin, Frau Dr. Beauchamp, dazu zu überreden, mich einen ›Rutsch‹-Versuch machen zu lassen. Und –«
    Weiter kam ich nicht. »Du bist verrückt!«, fuhr Carol mich an. Dabei machte sie eine fahrige Handbewegung, dummerweise mit der Hand, die die Kaffeetasse

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