Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nebenweit (German Edition)

Nebenweit (German Edition)

Titel: Nebenweit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Zwack
Vom Netzwerk:
hoch angesehenen Mann aus der Bukowina. Dieser hatte Borowski und seinen Leuten dafür garantiert, dass Walter Heinrich, so nannte sich der blonde Hüne in der Uniform eines Majors der deutschen Wehrmacht, die gleichen Interessen wie sie hatte. Sie hatten ihn gründlich ausgefragt und eine Woche lang jede seiner Bewegungen verfolgt, ehe sie seinem Plan zugestimmt hatten.
    Und jetzt warteten sie, warteten schon eine Viertelstunde darauf, dass Falkenbergs Mercedes mit dem SS-Stander am Kotflügel auf der Brücke erschien. Allmählich wurde Borowski unruhig. Heinrich hatte ihnen versichert, dass seine Informanten über jeden Schritt Falkenbergs informiert waren, und ihnen über Funk seine Landung in Königsberg gemeldet, wo er mit seinen zwei Begleitern die wartende, schwere Dienstlimousine bestiegen hatte. Beim gegenwärtigen Zustand der Straßen und der Fahrweise von Falkenbergs Fahrer hätte er zwei Stunden danach hier auftauchen müssen, doch inzwischen waren bereits zwei Stunden und zwanzig Minuten vergangen. Aber vielleicht war die Verspätung dem dichten Schneegestöber zuzuschreiben, das ja ansonsten die idealen Voraussetzungen für ihr Vorhaben schuf.
    Borowskis Funkgerät, ein Teil der von Heinrich zur Verfügung gestellten Ausrüstung, summte, und er hielt es sich ans Ohr, schob dazu die weiße Kapuze beiseite. »Er hat den Kontrollpunkt passiert«, tönte es aus dem Hörer. Borowski atmete auf. Das bedeutete, dass der Wagen in drei Minuten auf der Brücke auftauchen würde. Er richtete sich auf, trat aus dem Gebüsch und gab den Männern an der Brücke ein Handzeichen. Der Verwundete am Boden hob bestätigend die Hand. Kurze Zeit später tauchten hinter der Brücke die Umrisse der Limousine auf, der schwere Achtzylinder arbeitete fast lautlos, der Schnee verschluckte das Reifengeräusch. Der Wagen rollte über die Brücke, verlangsamte seine Fahrt, kam zum Stillstand. Die Fahrertür öffnete sich, ein Mann in einem schwarzen SS-Mantel stieg aus, ging zu dem Verletzten, beugte sich über ihn, richtete sich dann wieder auf und ging die paar Schritte zum Wagen zurück. Jetzt öffnete sich auch die rechte, hintere Tür, ein weiterer Mann im Ledermantel eines ranghohen Offiziers stieg aus und ging mit dem Fahrer wieder zu dem Unfallwagen. Die beiden beugten sich über den Verletzten, versuchten offenbar, ihn anzuheben – und in dem Augenblick peitschte ein Schuss, der Fahrer ging zu Boden und zwei Männer in weißen Anoraks sprangen hinter dem rauchenden Kübelwagen hervor, packten den Offizier von hinten, drückten ihm eine Pistole ins Genick …
    »Los, Männer!«, rief Borowski und rannte mit seinen drei Leuten zum Schauplatz des Handgemenges, das aber bereits beendet war, weil der Offizier erkannt hatte, dass er gegen die Übermacht der Angreifer keine Chance hatte. Borowski hatte sich an dem Handgemenge nicht beteiligt und eilte jetzt an den Waldrand, wo hinter einem Busch ein Motorrad mit Beiwagen bereitstand. Er forderte den Offizier auf, den Mantel auszuziehen und in eine Felljacke zu schlüpfen, und streifte dann selbst den weißen Anorak ab, unter dem er eine ähnliche Felljacke trug. Er bedeutete dem Mann mit einer herrischen Handbewegung, der die Pistole Nachdruck verlieh, in den Beiwagen zu steigen, holte dann Handschellen aus der Tasche und fixierte beide Hände des Gefangenen am Haltegerüst des Beiwagens, ehe er sich in den Sattel schwang und die Maschine mit einem kräftigen Fußtritt startete.
    Die ganze Aktion hatte höchstens fünf Minuten gedauert, und der Mann auf dem Rücksitz des Mercedes, ein Zivilist um die fünfzig, saß wie erstarrt da und sah jetzt zu, wie zwei der am Überfall Beteiligten zu ihm in den Wagen stiegen und ihn mit Pistolen im Schach hielten, während ein dritter hinter dem Steuer Platz nahm.
    Der Verwundete, plötzlich wieder voll bewegungsfähig, erhob sich, ein weiterer Mann klappte die Motorhaube des Kübelwagens auf, hantierte am Motor herum, worauf die Qualmwolke erlosch. Zwei Männer packten den Fahrer des Mercedes, der bei dem Schuss zu Boden gegangen war, und hievten ihn in den Kübelwagen, dann brausten die beiden Fahrzeuge in entgegengesetzter Richtung davon.
    Über den Schauplatz des Geschehens legte sich winterliche Stille, und nach wenigen Minuten hatte der immer dichter fallende Schnee alle Spuren des Überfalls zugedeckt.
        
     
     

Bernhard Lukas
   
45
     
    Möglicherweise gewöhnt man sich daran, Zeuge von Gewalt zu werden. Wobei ich bei

Weitere Kostenlose Bücher