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Nebenweit (German Edition)

Nebenweit (German Edition)

Titel: Nebenweit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Zwack
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gleich in München bleiben und die nächste Maschine nach Paris nehmen können. Was sich in den letzten vierundzwanzig Stunden in Ostpreußen ereignet hatte, machte eine Sitzung des Rates zwingend erforderlich. Antolax’ Verschwinden, immer vorausgesetzt, es blieb dabei, bot die große Chance einer Aussöhnung mit den Tradis, bot die Chance, den offenen und gelegentlich gewalttätigen Konflikt wieder auf die Stufe einer philosophischen oder religiösen Auseinandersetzung zurückzuführen. Und wir Gäler hatten unsere religiösen Richtungskämpfe stets mit friedlichen Mitteln ausgetragen, das belegte eine nunmehr bald tausendjährige Tradition.
    Die Frage war, ob ich Lukas eins schon jetzt oder erst nach der Ratssitzung informierte. Mit wurde immer klarer, dass diese beiden Männer, diese Schicksalsgefährten in zwei Welten, die nicht die ihren waren, nicht nur für mich, sondern für unser ganzes Volk noch eine große Bedeutung haben würden. Allmählich begann in mir ein Plan zu reifen …
        
     
     

Bernd Lukas
   
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    Mittlerweile gab es Stunden, ja Tage, an denen ich das Gefühl hatte, ein ganz normales Leben zu führen. Ich saß mit Carol am Frühstückstisch, im Hintergrund brabbelte das Fernsehen, ohne dass Carol oder ich besonders darauf achteten. Auf dem Tisch dampfte der Kaffee, und ich war dabei, mir die zweite frische Semmel mit Butter und Honig zu bestreichen. Ich war früh aufgestanden, hatte schon um halb neun meinen Pflichtspaziergang mit Charlie absolviert und nach der Rückkehr Carol noch im Bett angetroffen, sodass ich mich dazu entschlossen hatte, in die Ortschaft zu fahren und den schönen Spätherbsttag durch einen kulinarischen Höhepunkt beim Frühstück zu krönen.
    Dupont hatte ich zuletzt vor zwei oder drei Tagen telefonisch gesprochen und wartete gespannt auf das Ergebnis seiner gegen Antolax geplanten Aktion. Von Angesicht zu Angesicht hatte ich ihn, soweit ich mich erinnerte, zuletzt vor über zehn Tagen gesehen und hatte wie gesagt das ganze Thema Anderwelt, Antolax etc. etc. fast verdrängt. Carol hatte die Zeit meiner Einkaufsexpedition genutzt und nicht nur für mein leibliches Wohl gesorgt, indem sie Rühreier und Schinken zubereitet hatte, sondern sich auch besonders hübsch gemacht. Mit ihrem Pferdeschwanz, dem dezenten Make-up, den ausgewaschenen Jeans und der karierten Bluse sah sie aus wie eine echte Amerikanerin, und zwar einer aus meiner Welt, in der die Neue Welt eine wesentlich größere Rolle als in dieser spielte. Als ich ihr das sagte und ihr ein Kompliment zu ihrem Aussehen machte, errötete sie leicht und meinte dann: »Wenn du schon von den Staaten sprichst« – Staaten sagte man auch in dieser Zeitebene –, »bringt mich das auf die Idee, dass wir doch wieder einmal drüben Urlaub machen könnten. Ich freue mich zwar schon auf den Winter hier in den Bergen, aber der wird ja vermutlich erst im Dezember richtig einsetzen. Was meinst du dazu?«
    Ich war sofort Feuer und Flamme. Zum einen war die Aussicht auf ein paar Tage am Strand von Georgia verlockend, zum anderen würden uns Antolax’ Häscher, falls mit denen immer noch zu rechnen war, dort mit Sicherheit nicht belästigen. Sie musste mir die Zustimmung an den Augen abgelesen haben, denn sie ließ mich gar nicht erst zu Wort kommen, sondern fuhr fort: »Vielleicht sollten wir gleich nach Jessicas Geburtstag fliegen. Vorausgesetzt natürlich, sie will überhaupt mit uns feiern und hat nicht irgendwelche anderen Pläne. Ich werde sie heute Abend anrufen und das klären. Cynthia und Greg würden sich bestimmt freuen. Dann könnten wir ihnen auch beweisen, dass wir keine Eheprobleme haben …« Bei diesen Worten musterte sie mich erwartungsvoll.
    Ich tat ihr den Gefallen. »Sollten wir die denn haben?« Ich warf ihr eine Kusshand zu.
    »Das haben die beiden jedenfalls zunächst gedacht, als ich vor vier Wochen so plötzlich bei ihnen aufgetaucht bin. Aber wir sollten uns ein Hotel nehmen, mein altes Zimmer gibt es zwar noch, aber für zwei wird es dort doch ein wenig eng. Und wir sollten auch nicht die ganze Zeit in Savannah bleiben, sondern vielleicht einen Abstecher nach Charleston machen. Oder wir könnten eine Woche nach Florida gehen.« Carol war die Freude anzusehen, wieder einmal ihre alte Heimat zu besuchen, auch wenn sie gerade erst dort gewesen war, aber das war eher eine Art Flucht gewesen.
    »Gut, dann werde ich mich nachher im Weltnetz nach einem günstigen Flug umsehen«, kündigte

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