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Nebenweit (German Edition)

Nebenweit (German Edition)

Titel: Nebenweit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Zwack
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›zu Hause‹ kennt.« Dabei lächelte er verschmitzt. Ich stellte fest, dass ich den Mann mochte – und beschloss, gerade deswegen besonders vorsichtig zu sein.
    »Darf ich dem Herrn auch etwas zu trinken bringen?«, ließ Vaclav sich vernehmen. Er war einer der nettesten Kellner, die ich kannte, nett, aber weder aufdringlich noch devot, verstand sein Handwerk und setzte sich in der Küche für seine Gäste ein. Dass ich mir seine Sympathie im Laufe der Jahre durch wohldosiertes Trinkgeld auch ein wenig erkauft hatte, spielte dabei wahrscheinlich gar keine Rolle.
    »Ja, bringen Sie mir bitte auch ein Pils«, erklärte Dupont und verriet damit eine gewisse Kennerschaft, indem er mein Pilsglas sofort richtig eingeordnet hatte. »Und was sollte ich mir nach Ihrer Empfehlung zu essen bestellen?«, fragte er mich, als Vaclav gegangen war.
    »Weißwürste würde ich empfehlen, die sind hier wirklich gut und für eine so frühe Mahlzeit gerade richtig«, meinte ich, was mein Gegenüber mit einem kurzen »Einverstanden« akzeptierte.
    »Ich denke, wir sollten gleich zur Sache kommen«, meinte er, als Vaclav ihm sein Pils gebracht und unsere Bestellungen entgegengenommen hatte. »Sie haben uns ein paar Rätsel aufgegeben, Herr Lukas, und wir Ihnen vermutlich eine ganze Menge mehr. Ich schlage vor, Sie stellen mir zunächst Ihre Fragen. Das geht schneller, als wenn ich Ihnen jetzt Dinge erzähle, die Sie sich vermutlich schon selbst zusammengereimt haben. Schließlich sind Sie ja nicht nur Journalist, sondern auch noch Science-Fiction-Autor, da sollten einige Dinge einfacher zu erklären sein …«
    Er sah mich an, als erwarte er eine Reaktion. Immerhin hatte er mich mit meinem Beruf und meinem Hobby aus der anderen Welt identifiziert. Er hatte Science Fiction gesagt, nicht etwa Technovision! Aber den Gefallen tat ich ihm nicht. Ich wollte den Mann aushorchen, nicht mich von ihm aushorchen lassen. Das Gespräch versprach interessant zu werden. Eine Art Duell. Aber darauf verstand ich mich vermutlich ebenso gut wie er. Mal sehen.
    »Klingt vernünftig«, räumte ich ein. »Also, ich glaube zu wissen, dass dies hier eine Parallelwelt der meinen ist, eine Welt, die sich seit etwa hundertfünfzig Jahren in vielen Bereichen, besonders in der Politik und der Technik, anders entwickelt hat als die meine. Etwas, wofür Sie oder die Leute, die hinter Ihnen stehen, verantwortlich sind, hat dazu geführt, dass ich in diese Welt versetzt worden bin. Und mein einzig wirklich wichtiger Wunsch ist, dass Sie das so schnell wie möglich wieder rückgängig machen und mich dahin zurückbringen, wo ich hingehöre. Davon abgesehen gibt es eine ganze Anzahl Dinge, die mich interessieren, aber das ist nur Neugierde und nicht wirklich wichtig.«
    Dupont nickte. »Wie sie das eben formuliert haben, bleibt mir kaum mehr etwas Grundsätzliches zu erklären. Es trifft allerdings nicht zu, dass hinter Ihrer Versetzung eine wie auch immer geartete Absicht steckt. Und was Ihren Wunsch angeht, in Ihre Welt zurückversetzt zu werden, so kann ich Ihnen den zwar lebhaft nachfühlen, aber das steht leider nicht in meiner Macht. Wir –«
    »Weil Sie nicht können oder weil Sie nicht dürfen?«, unterbrach ich ihn und musterte ihn dabei scharf.
    »Weil ich es nicht kann, ich nicht und auch sonst niemand«, erklärte Dupont, und wenn ich auch nur einen Funken Menschenkenntnis besaß, sagte er damit die Wahrheit. »Ich nehme an, sobald ich Ihre Neugierde befriedigt habe, also den Teil Ihrer Fragen beantwortet, die Sie als weniger wichtig bezeichnet haben, werden Sie das verstehen oder zumindest glauben. Ich verstehe Ihren Wunsch natürlich, in Ihrer Lage würde ich genauso empfinden, aber nach allem, was wir über das Phänomen der Versetzung wissen, ist eine Rückkehr nicht möglich. Für Sie nicht und ebenso wenig für Ihr Pendant, Bernhard Lukas, der sich wahrscheinlich in Ihrer Welt befindet.«
    Ich hatte also richtig vermutet, dass dieses ›Phänomen‹ zwei Menschen betroffen hatte. Dass ich ohne Weiteres, sozusagen mit einem Fingerschnippen, zurück in meine Welt könnte, hatte ich zwar nicht erwartet – wohl aber gehofft … »Dann würde ich vorschlagen, dass Sie mir jetzt die Hintergründe zu dem ganzen Schlamassel schildern«, bat ich und hob warnend die Hand, weil ich Vaclav in diesem Augenblick mit einer weißen Terrine um die Ecke biegen sah.
    »So, meine Herren, Ihre Weißwürste, ganz frisch aus dem Kessel«, pries er an, nahm den Deckel ab

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