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Nebenweit (German Edition)

Nebenweit (German Edition)

Titel: Nebenweit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Zwack
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musterte ihn scharf, während er das sagte, und konnte kein Anzeichen einer Unwahrheit entdecken. Aber das hatte nichts zu sagen, der Mann war ein Profi. War er das wirklich? Ich beschloss, der Frage auf den Grund zu gehen.
    »Welche Rolle spielen Sie eigentlich?«, fragte ich unschuldig. »Ich meine, Sie weihen mich da in Dinge ein, die offensichtlich nicht für eine breite Öffentlichkeit bestimmt sind, räumen ein, dass Ihre Leute ›Nützliches‹ aus unserer Welt mitnehmen, sich also sozusagen an uns bereichern, eine Art Schmarotzerdasein führen, wenn Sie mir die harte Formulierung nachsehen …« Ich ließ den Satz ausklingen, wartete auf eine Reaktion.
    »Eine berechtigte Frage, ich habe sie erwartet. Sehen Sie in mir und meinen Kollegen so etwas wie eine Art diplomatischen Dienst, Leute, die dafür sorgen, dass es nicht zu Reibungen kommt, dass unsere Einwirkung – eine solche will ich gar nicht leugnen – im richtigen Maß erfolgt, ohne Schaden anzurichten …« Er hielt inne, schien sich irgendwie verrannt zu haben. »Wir sind an Diskretion interessiert. Wir wollen unter allen Umständen vermeiden, dass unsere Existenz bekannt wird, um der Entstehung von Gerüchten und Ängsten vorzubeugen, die die Menschen hier beunruhigen könnten. Dass ich Sie, Herr Lukas, jetzt einweihe, geschieht nicht ganz freiwillig, das können Sie sich sicher vorstellen. Aber ich hatte ja keine andere Wahl. Nur gut, dass Sie als Journalist, als Science-Fiction-Autor …«
    Wieder führte er den Satz nicht zu Ende. Ob der Bursche das absichtlich tat, vielleicht um mich aus der Reserve zu locken? »Den Science-Fiction-Autor erwähnen sie jetzt schon zum zweiten Mal, wieso eigentlich?«, fragte ich.
    »Das sollte doch eigentlich auf der Hand liegen. Sie sind gewöhnt, in Wahrscheinlichkeiten zu denken, in Hypothesen. Und in dieser Literaturgattung ist doch der Begriff der Parallelwelt weit verbreitet. Glauben Sie denn, ich könnte meine Geschichte einem beliebigen Passanten erzählen und damit rechnen, dass er sie mir abnimmt?« Er sah mich erwartungsvoll an und nickte dann, als ich nichts sagte. »Na sehen Sie.«
    »Und wie soll das jetzt weitergehen?«
    »Weiß ich auch nicht«, gab er offen zu.
    Immer vorausgesetzt, er meinte es wirklich ehrlich, rief ich mir ins Gedächtnis.
    »Wir haben uns jetzt ausgetauscht, wissen etwas mehr über die Hintergründe dieser vertrackten Situation« – er sagte tatsächlich ›vertrackt‹ – »und jetzt müssen wir weitersehen. Vielleicht können Sie noch in einem Punkt meine Neugierde befriedigen.«
    Dabei sah er mich treuherzig an. »Ich war ja schließlich auch offen zu Ihnen.«
    »So, waren Sie das? Ich will’s Ihnen mal glauben. Was möchten Sie denn wissen?«
    »Wie sie es so schnell geschafft haben, uns zu belauschen und unsere Sprache zu verstehen.«
    »Tja, man hat eben als Journalist so seine Beziehungen«, grinste ich. »Aber ich will nicht den Geheimnisvollen spielen. Ein Freund von mir ist Professor für vergleichende Sprachwissenschaften, und der hat ziemlich schnell erkannt, dass Ihre Sprache ein gälischer Dialekt oder zumindest auf einen solchen zurückzuführen ist. Dem habe ich übrigens die ganze Story erzählt und ihm auch eine Aufzeichnung unseres Telefonats zukommen lassen.« Ich musterte ihn scharf, während ich das sagte, und stellte befriedigt fest, dass er reagierte.
    Er hatte sich gut im Griff, aber das Zucken um seine Mundwinkel war ebenso wenig zu übersehen wie die Art und Weise, wie er die Hände ineinander verschränkte.
    »Und meiner Frau, genauer gesagt der Frau meines Pendants, die gerade in Amerika weilt …«
    »Ihrer Frau? Von der wusste ich gar nichts. Ich hatte angenommen, Sie leben allein«, fiel er mir ins Wort, und ich registrierte erneut, dass ihm die Mitwisser unangenehm waren. Vielleicht war ich zu misstrauisch, aber ein langes Berufsleben hatte mich gelehrt, dass man einem Gesprächspartner nie ausschließlich lautere Absichten unterstellen darf, wenn man sich unliebsame Überraschungen ersparen will.
    »Doch, wir sind beide verheiratet, Bernhard wie ich«, erklärte ich und bemühte mich um ein süffisantes Lächeln. »Wie gesagt, alles, was ich bisher weiß, übrigens einschließlich der Tatsache, dass wir uns heute hier treffen, ist auf einer DVD festgehalten, die unter anderem mein Freund der Sprachprofessor und in Kopie Bernhards Frau besitzen. Nur für alle Fälle«, fügte ich ein wenig boshaft hinzu.
    »Das wäre nicht erforderlich

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