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Nebenweit (German Edition)

Nebenweit (German Edition)

Titel: Nebenweit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Zwack
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hatte, würde ich mich darauf einrichten müssen, dass Bernhard für den Rest meines Lebens unerreichbar blieb. Umgekehrt ich für ihn auch. Ich versuchte, mir auszumalen, wie es in ihm jetzt wohl aussehen mochte. Und in dem Fall … Ich verdrängte den Gedanken.
    Ja, ich würde am Montag nach Deutschland zurückkehren, das stand jetzt für mich fest.
    Gleich nachdem ich in das Haus in Carterville zurückgekehrt war, griff ich zum Telefon, um den Entschluss in die Tat umzusetzen und den Flug zu buchen. Vorher würde ich Cindy und Greg noch zum Abendessen einladen, um mich für die Gastfreundschaft zu bedanken, die ich jetzt über eine Woche genossen hatte. Das Reisebüro, das wie hier gang und gäbe auch am späten Abend dienstbereit war, konnte mir für Montagnachmittag einen Flug von Tampa nach München reservieren und empfahl mir, mit dem Bus von Savannah nach Tampa zu reisen. »Das ist weniger umständlich und Sie sparen eine Menge Geld«, erklärte mir die freundliche, junge Stimme am anderen Ende der Leitung. Ich genoss ihren gedehnten Südstaatenakzent und merkte, dass ich selbst, ohne dass mir das bisher bewusst geworden war, in eine ähnliche, mir vertraute Sprechweise verfallen war.
    Als Nächstes ließ ich mir einen Tisch im Pink House reservieren, Savannahs wohl traditionsreichstem Restaurant. Bernhard und ich hatten meine Familie dort am Vorabend unserer Abreise nach Europa eingeladen, als wir das letzte Mal hier zu Besuch gewesen waren, und ich war überzeugt, Cindy und Greg damit eine Freude zu machen.
    Ich hatte gerade den Hörer aufgelegt, als ich in der Einfahrt den Wagen von George, dem Nachbarn der Gillespies, hörte, der die beiden aus der Stadt zurückbrachte. Ich ging ihnen entgegen.
    »Ich fliege übermorgen nach Deutschland zurück«, platzte ich heraus und löste damit erwartungsgemäß laute Proteste aus, die auch ernst gemeint waren. Wir hatten uns immer schon gut verstanden, und ich war mir in den letzten acht Tagen wirklich wieder wie zu Hause vorgekommen, ganz wie in alten Zeiten, und sagte dies jetzt auch. »Aber ich muss schließlich wieder einmal zu meinem Mann und meiner Familie zurück«, fügte ich hinzu. »Ich habe gerade mit Bernhard telefoniert, er wirkte richtig glücklich, weil er mit seinem Buch jetzt ein gutes Stück weitergekommen ist«, log ich weiter. »Er braucht mich jetzt, du weißt ja, wie Männer sind, Cindy«, schmückte ich meine Begründung aus, spürte aber zugleich, wie mir dabei warm ums Herz wurde. Aus der Ferne war Bernds Stimme nicht von der Bernhards zu unterscheiden gewesen – aus der Nähe auch nicht, rief ich mir ins Gedächtnis – und ich wollte jetzt wirklich zurück.
    Wir saßen noch gut zwei Stunden in der lauen Abendluft auf der Veranda zusammen, plauderten und leerten dabei eine Flasche kalifornischen Merlot, den ich im Supermarkt gekauft hatte. Dann ging ich packen, nachdem ich den beiden noch eröffnet hatte, dass wir morgen Abend im Pink House dinieren würden. Ich sage wirklich »dinieren«, was Greg dazu veranlasste, die Augen zu verdrehen und zu fragen: »Muss ich mir da eine Krawatte umbinden?« Aber dann wurde ihm wohl bewusst, dass das keine angemessene Reaktion auf eine Einladung in ein solches Nobellokal war, und er winkte ab. »Dumme Bemerkung, sorry, Carol.«
        
     

18
     
    Der Freitag war mir wie im Flug vergangen. Zum einen musste ich meine inzwischen im ganzen Haus verstreuten Sachen zusammenholen und sie mit den Geschenken verpacken, die Cindy und Greg Jessie und Max zugedacht hatten, zum anderen gab es eine ganze Anzahl alter Bekannter in der Nachbarschaft, von denen ich mich verabschieden wollte. Dann musste ich mich natürlich für das Abendessen im Pink House in Schale werfen und eine möglichst gute Figur machen, was nach einer vorzugsweise am Strand und auch sonst im Freien verbrachten Woche gewisse Anforderungen an Make-up und Frisur stellte. Da ich dem örtlichen Friseursalon nicht vertraute, bedeutete das, dass ich selbst gründlich Hand anlegen musste, wollte ich nicht aussehen wie ein Mopp.
    Die Erinnerung hatte das Old Pink House wohl ein wenig verklärt. Die vertraute, seit dem Bau vor über zweihundert Jahren mehrfach erneuerte, rosa Stuckfassade erstrahlte zwar nach wie vor im Licht einiger Scheinwerfer und der Kutschenlampen links und rechts vom Eingang. Auch der Speisesaal mit der verräucherten Holzvertäfelung, das prasselnde Kaminfeuer und die weiß gedeckten Tische mit viel Kristall und Silber sahen

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