Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nebenweit (German Edition)

Nebenweit (German Edition)

Titel: Nebenweit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Zwack
Vom Netzwerk:
Er sah mich verschwörerisch an. »Und da wir uns schon seit über  zweihundert Jahren in Ihrer Welt bewegen, konnten wir inzwischen einiges an Vermögenswerten aufbauen. Vielleicht interessiert es Sie, dass das Haus, welches Sie bewohnen, einer in unserem Besitz befindlichen Holding gehört. Und so beziehen wir aus einer ganzen Anzahl von Objekten Miete. Damit und auch mit einigen anderen Aktivitäten, deren Schilderung jetzt zu weit führen würde, können meine Kollegen und ich unseren Aufwand hier bestreiten. Wie schon gesagt, wir sind recht genügsam.«
    »Ja, das sagten Sie«, räumte ich ein. »Jetzt würde mich interessieren, wie viele Ihrer Landsleute eigentlich in diesem ›diplomatischen Dienst‹ hier unterwegs sind. Ich meine, Rosenheim ist ja nun nicht gerade der Nabel der Welt, und doch sind Sie hier vertreten …«
    »Da haben Sie natürlich recht, aber ich muss sagen, mir gefällt es hier ausgezeichnet. In Großstädten fühle ich mich nicht sehr wohl, da gibt es für meinen Geschmack zu viele Menschen und da fühle ich mich beengt«, erwiderte er, vermied es aber, auf meine Frage einzugehen. Schön, er fand also, dass mich das nichts anging. Aber auch damit gab er mir eine Information.
    »Kann man Sie irgendwie erreichen?«, setzte ich das Kreuzverhör fort. »Schließlich sind Sie für mich sozusagen der einzige Kontakt zu meiner realen Welt, wenn Sie verstehen, wie ich das meine.«
    Dupont nickte und holte eine Visitenkarte heraus. »Das ist meine Mobinummer«, erklärte er und lächelte nur, als ich feststellte, dass die Karte keine Adresse enthielt. »Unter dieser Nummer können Sie mich jederzeit anrufen. Ich denke, wir werden in nächster Zeit öfter miteinander zu tun haben, ich besuche Sie auch gerne einmal in Ihrem Haus.«
    Das ist der Beginn einer wunderbaren Freundschaft , dachte ich frei nach dem Film, dann sprach ich es aus, und Dupont musste lachen. »Den habe ich auch gesehen«, erklärte er und verblüffte mich damit noch mehr als mit seinem Geschick im Umgang mit Weißwürsten am Vormittag. Er schien meine Verwunderung zu spüren und fügte hinzu: »Ihre Filme, ganz besonders die aus der Mitte des vergangenen Jahrhunderts faszinieren mich. Das geht übrigens einigen meiner Kollegen genauso.«
    Erst auf dem Nachhauseweg wurde mir bewusst, dass er mir mit dieser Bemerkung einen interessanten Hinweis gegeben hatte. Der Film dürfte in dieser Zeitlinie eigentlich nicht existieren, schließlich fußte die Handlung auf Nazideutschland, was es ja hier nie gegeben hatte. Dass er den Film kannte, bewies, dass er auch mit meiner eigenen Zeitlinie mehr als nur oberflächlich vertraut war, was er allerdings bisher nicht ausdrücklich geleugnet hatte. Und wie stark seine Organisation außerhalb der eigenen Welt vertreten war, hatte er auch für sich behalten.
    Ich befand mich inzwischen auf der Heimfahrt. Wir hatten noch ein wenig über Belanglosigkeiten geplaudert, uns dann gegenseitiger Sympathie versichert und vereinbart, irgendwann in den nächsten Tagen wieder Kontakt miteinander aufzunehmen. »Schließlich gibt es für Sie einiges zu verarbeiten«, hatte Dupont gemeint. »Und ganz offen gestanden, für mich auch.«
    Als er darauf bestanden hatte, die Rechnung zu begleichen, hatte ich ihn gewähren lassen. »Sie spielen ja schließlich im Pferdelotto«, hatte ich gewitzelt.
    Kurz vor Mitternacht hatte ich den Wagen in der Garage abgestellt, mich nach dem langen und ereignisreichen Tag unter die Dusche gestellt, es mir anschließend im Lehnsessel bequem gemacht und eine Weile vor mich hin gestarrt und versucht, all das Gehörte zu verarbeiten. Dabei musste ich eingenickt sein, denn ich fuhr plötzlich zusammen, vermutlich weil mir der Kopf zur Seite gerutscht war, sah auf die Uhr und stellte fest, dass inzwischen drei Uhr morgens geworden war.
    Eigentlich ein guter Zeitpunkt, mich bei Carol zu melden, dachte ich, in Savannah war es jetzt ja neun Uhr Abend.
    Diesmal hatte ich Glück. »The Gillespie residence, Carol speaking«, meldete sie sich formvollendet. »Hi Carol, it’s me, Bernd«, erwiderte ich und registriert ihr erfreutes »Oh, how nice.« Nachdem wir uns über unser jeweiliges Befinden ausgetauscht hatten, erzählte ich ihr, was ich seit meinem Besuch in Oxford erlebt hatte. Es wurde ein recht langer Bericht, und Carol hörte mir gebannt zu, ohne mich zu unterbrechen. Ich verschwieg ihr nicht, dass Dupont jede Möglichkeit einer Rückkehr ausgeschlossen hatte, und registrierte

Weitere Kostenlose Bücher