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Nebenweit (German Edition)

Nebenweit (German Edition)

Titel: Nebenweit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Zwack
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sammeln, Wissen in jeder Form, um dem Volk damit den Weg in eine bessere Zukunft zu weisen.
    Im Rat der Weisen hatte man erkannt, dass das Wissen der Anderen Welt dem Volk helfen konnte, seine Lebensumstände zu verbessern, Krankheiten zu besiegen, reichere Ernten einzubringen und Schwerstarbeit leichter zu machen durch Einsatz von Werkzeugen, wie die Anderen sie benutzten. Die Anderen lebten bis zu ihrem siebzigsten, manche gar bis zu ihrem achtzigsten Jahr, einem Alter, wie es beim Volk in einer Generation vielleicht zwei oder drei Glückliche erreichten. Alle anderen rafften Krankheiten, Unfälle bei der Jagd oder der Arbeit auf dem Feld dahin.
    Elax merkte, dass im Saal Unruhe aufkam. Er hatte zu lange seinen Gedanken nachgehangen und blickte jetzt auf, hob die Hand mit dem Ring des Alu, worauf sofort Stille eintrat.
    »Ihr alle, die ihr hier versammelt seid, habt hart gearbeitet, um so weit zu kommen, dass ich heute zu euch sprechen kann«, begann er. Seine kraftvolle Stimme füllte mühelos den Saal bis in die hintersten Ecken. »Meine Brüder und Schwestern im Rat der Weisen danken euch für zwei harte Jahre der Arbeit und des Lernens, die ihr eurem Volk gewidmet habt. Heute ist der Tag gekommen, an dem ihr die erste Stufe eurer Studien abgeschlossen habt und bereit seid, die nächste anzutreten.
    Ihr alle habt Sprache und Sitte der Anderen gelernt und könnt euch in deren Mitte bewegen, ohne aufzufallen. Ihr habt gelernt, wie die Anderen sich kleiden, wie sie miteinander umgehen, wie sie zu ihren Göttern beten und wie sie ihrer Arbeit nachgehen. Wir haben euch darauf vorbereitet, unter den Menschen der Anderen Welt zu leben, deren Wissen in euch aufzunehmen und es euren Brüdern und Schwestern in dieser Welt zu bringen. Das ist keine leichte Aufgabe, sie verlangt ständige Aufmerksamkeit von euch, nicht nur um Wissen zu sammeln, sondern auch um jene Anderen nicht merken zu lassen, dass ihr aus einer fremden Welt kommt.
    Glaubt mir, die Aufgabe verlangt mehr von euch, als ihr jetzt vielleicht denkt. Ich sage das aus eigener Erfahrung, denn ich selbst war der Erste unseres Volkes, der ein Jahr in jener Welt gelebt hat, so gelebt hat, wie ihr jetzt leben werdet. Viele Jahre sind seitdem vergangen. Als ich hinauszog, war mein Haar voll und schwarz und meine Glieder geschmeidig. Mittlerweile ist mein Haar weiß und ich bin alt, ein alter Mann, dem das Wissen der Ärzte der Anderen Welt, das ich in Büchern mitgebracht habe, mehr als einmal schon das Leben gerettet hat.
    Vieles hat sich in den Jahren, die seitdem verstrichen sind, bei uns geändert, selbst das Wort Jahr und das, was es bedeutet, stammt von jenen Anderen und ist wie so vieles aus deren Welt für einige von uns Teil des Alltags geworden. Selbst die Jahre zählen wir heute von der Geburt des Gottes jener Anderen und finden das ganz selbstverständlich.
    Doch ich will nicht Dinge wiederholen, die ihr ja alle gelernt habt. Meine Freunde und ich haben euch gegeben, was wir geben konnten. Es hat uns Freude gemacht, mit euch zu arbeiten und mit anzusehen, wie euer Wissen und damit euer Verständnis wuchs. Und so schicke ich euch heute mit gutem Gewissen auf diese schwierige Mission und weiß, dass ihr eure Sache gut machen werdet. Vergesst nie, dass euer Volk, dass eure Stammesbrüder und -schwestern auf euch schauen, und macht ihnen Ehre. Und jetzt gehet hin. Mögen die Götter euch Weisheit und Kraft verleihen.«
    Elax hob gleichsam segnend die rechte Hand und wartete, bis der Beifall verstummt war. Dann trat er vom Podium herab und gab jedem seiner Schüler die Hand, legte ihm dabei die Linke auf die Schulter und wechselte ein paar Worte mit ihm.
    Drei der Schüler waren seine leiblichen Kinder, und einen Augenblick lang überkam ihn Wehmut, dass Munix diesen Abend nicht mit ihm teilen konnte. Sie war vor zwei Jahren gestorben, seitdem lebte er allein und ging ganz in seiner Arbeit auf. Manchmal hatte er das Gefühl, diese jungen Leute wären alle seine Kinder, Kinder, die er jetzt in eine fremde Welt hinausschickte, aus der sie gereift zurückkehren würden, bereit, andere auszubilden.
    Diese jungen Männer und Frauen würden jetzt die Höhle im Wald aufsuchen, die die Clans in gemeinsamer Arbeit geschaffen hatten, eine Höhle, die gut versteckt von Gebüsch mitten im Wald durch eine Falltür zu einer unterirdischen Behausung führte, die Schlafstellen und Proviant enthielt und wo auch ein längerer Aufenthalt möglich war. Im Rat hatten sie lange

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