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Nebra

Nebra

Titel: Nebra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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geschieht.« Er blickte der Reihe nach in ihre Gesichter. »Ich weiß, ich kann euch nicht umstimmen. Ich kann euch nur bitten, mich mitzunehmen. Lass mich an deiner Seite sein, Hannah - als Kollege, als Freund, als dein persönlicher Bodyguard, nenn es, wie du willst. Ich werde bestimmt nicht im Weg herumstehen, und wenn die Sache durchgestanden ist, bin ich verschwunden, ehe du bis zehn gezählt hast.« Eine peinliche Stille entstand. Alle warteten darauf, was Hannah wohl antworten würde. Doch sie stand nur da und presste die Lippen aufeinander.
    Ludwig Pechstein drückte die Lautsprecher seines Kopfhörers an die Ohren. Fünf Personen waren im Keller versammelt. Cynthia Rode, Karl Wolf, Michael von Stetten und Hannah Peters. Schleierhaft war ihm, wer dieser fünfte Mann war. Auf seinen Notizblock hatte er John Evans geschrieben. Evans? Den Namen hatte er doch schon mal gehört. Ihm wollte nur beim besten Willen nicht einfallen, wo das gewesen war. Wie es schien, ein Gefolgsmann von Norman Stromberg. Der Name dieses industriellen Schwergewichts war ihm früher schon zu Ohren gekommen. Nicht nur, weil er von Zeit zu Zeit durch die Presse geisterte, sondern in erster Linie wegen seiner Verbindung zu Michael von Stetten. Stromberg war derjenige gewesen, der den jungen Anwalt seinerzeit unter seine Fittiche genommen hatte. Er erinnerte sich, wie schwierig es gewesen war, handfeste Informationen über den Großindustriellen zu erlangen. Stromberg war ein Mann, der größten Wert auf seine Privatsphäre legte. Pechstein hatte sich immer schon gewundert, welches Interesse er an von Stetten haben könnte. Langsam bekam er eine Ahnung, worum es bei dieser Partnerschaft ging. Pechstein umkreiste den Namen John Evans mehrfach mit seinem Kugelschreiber.
    Mit einem seltsamen Kribbeln im Bauch setzte er seine Observation fort. Wie es schien, war das Puzzle doch größer, als er vermutet hatte.
    Hannah hob überrascht die Augenbrauen. Sie glaubte, sich verhört zu haben. Hatte John soeben vor versammelter Mannschaft gestanden, dass er sie liebte? Das entsprach gar nicht seinem Stil. Gewiss, ihr gegenüber hatte er aus seinen Gefühlen nie einen Hehl gemacht. In den wenigen Stunden, die sie zu zweit verbracht hatten, war er immer zärtlich und aufmerksam gewesen. Ein Liebhaber, wie man ihn sich nur wünschen konnte. Ganz anders, wenn Dritte dabei waren. Dann gab er sich betont kumpelhaft und unzugänglich. Ihre Beziehung hatte er wie ein sorgsam gehütetes klei-nes Geheimnis behandelt, so wie er das auch mit seinen Aufträgen zu tun pflegte. Immerzu Stillschweigen, bloß nie etwas nach außen dringen lassen. Vielleicht lag das ja in seiner Natur, aber Hannah hatte es nie wirklich verstanden. Sie wusste nur, dass sie davon mächtig genervt war. Es war einer der Punkte gewesen, warum sie sich von ihm getrennt hatte. Sollte er sich in dieser Beziehung geändert haben? Die Vorstellung war immerhin neu und erregend. Sie sah ihn direkt an. John erwiderte den Blick, ohne mit der Wimper zu zucken. Nach einer Weile musste sie weggucken. »Du musst mir glauben«, sagte er. »Habe ich dich jemals angelogen?«
    Nein, das hatte er nicht. Er hatte ihr zwar niemals alles gesagt, aber gelogen? Nein. Trotzdem: Sie durfte sich jetzt nicht von Emotionen leiten lassen. Ihr Gefühlsleben war momentan ohnehin ein einziges Chaos. Zuneigung rang mit Ablehnung, Misstrauen mit Hoffnung. Wie sollte sie da eine klare Entscheidung treffen? Noch einmal suchte sie seine Augen. In ihnen war nicht das geringste Fünkchen Unehrlichkeit zu finden. Es schien ihm wirklich nur um sie zu gehen. Und wie verhielt es sich, wenn man es auf den Fall übertrug? John brachte ein paar Fähigkeiten mit, die sehr nützlich waren, sollte die Situation gefährlich werden. Sie wusste, dass er stets eine Waffe bei sich trug. So gesehen, würde er das Team tatsächlich gut ergänzen.
    Sie seufzte. »Na schön«, sagte sie. »Von mir aus. Wenn alle einverstanden sind, dann bin ich das auch. Demokratische Entscheidung.«
    Wohlwollendes Gemurmel erfüllte den Raum. »Danke.« John wirkte sichtlich entspannter. Er trat mit einem Lächeln auf sie zu. Was sollte das denn werden? Dankbarkeitsbekundungen? Hannah hielt ihn mit einer abweisenden Handbewegung auf Abstand.
    »Was nicht bedeuten soll, dass sich zwischen uns etwas geändert hat«, sagte sie und trat demonstrativ einen Schritt zurück.
    »Ich schlage vor, wir betrachten es als eine rein geschäftliche Beziehung, zumindest so

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