Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nebra

Nebra

Titel: Nebra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
Vom Netzwerk:
konventionelle Symbole wie Musikinstrumente, Waffen oder Schmuck repräsentiert werden, finden sich hier auf dem Brocken nur Darstellungen von Dämonen. Die Chimäre, der Basilisk, die Hydra, der Salamander, der Mantikor, der Zerberus und die Schlange. Vermutlich finden sich in den alten babylonischen Schrifttafeln entsprechende Hinweise auf die sieben dämonischen Winde. Vier von ihnen, nämlich der West-, Ost-, Süd- und Nordwind, sind besonders mächtig. Fürsten sozusagen. Sie werden durch vier Echsen symbolisiert: der Basilisk, die Hydra, der Salamander und die Schlange. Die Höhle, in der wir das Symbol gefunden haben, liegt gar nicht weit von hier.« Er deutete mit dem Finger auf den Stern aus Blattgold.
    Hannah zog die Stirn in Falten. »Warte mal einen Augenblick. Hast du nicht erwähnt, ihr hättet damals an dem Opferstein vier Einbuchtungen gesehen?«
    »Ganz recht«, sagte Karl. »Für jede dieser Einbuchtungen war eine Scheibe vorgesehen. Sozusagen wie die Räder eines himmlischen Wagens.«
    »Vier Scheiben, vier Räder, vier Eingänge«, folgerte Hannah. »Könnte es nicht sein, dass jede dieser Scheiben wie eine Sicherung zu einem dieser geheimen Eingänge funktioniert? Wie eine Art Siegel?«
    »Ein Siegel, sagst du?« Michael war tief in Gedanken versunken. »Ein Siegel. Wenn das stimmt... Mein Gott, ich glaube, du könntest recht haben!« »Was meinst du?«
    Michael hob ihr Kinn und gab ihr einen zärtlichen Kuss auf den Mund. Ehe sie noch protestieren konnte, sagte er: »Verstehst du denn nicht? Ich glaube, du hast soeben die Lösung des Rätsels gefunden.« In seinen grünen Augen spiegelte sich das Sternenlicht. »Kommt. Packt alles zusammen. Wir werden Fafnirs Hort noch mal einen Besuch abstatten. Die Höhle liegt gleich unterhalb dieses Vorsprungs dort drüben. Holt lieber eure Taschenlampen raus, der Weg ist etwas holperig.«
     
     
54
     
    Karl hatte die Veränderung an Cynthia sofort bemerkt. War sie in den letzten Tagen noch auffällig oft an Michaels Seite zu sehen gewesen, schien sie nun wie ausgewechselt. Es war, als habe der Kuss, den er der Archäologin gegeben hatte, etwas in ihr verändert. Sie ging ihm aus dem Weg, vermied direkten Blickkontakt und war ihm gegenüber sehr einsilbig geworden.
    Während sie zur Höhle hinabstiegen, blieb sie an Karls Seite und suchte, wann immer sich die Gelegenheit bot, die Wärme seiner Hand.
    Ihm konnte das nur recht sein. Die Augenblicke mit ihr gehörten zu den schönsten in seinem Leben. Ihm war klargeworden, dass er sein Leben mit ihr verbringen wollte - vorausgesetzt, es war auch ihr Wunsch.
    Das Licht der Taschenlampen zuckte unruhig über den Boden, während die Gruppe langsam dem Weg folgte. Niemand sprach ein Wort. Nur das Knirschen des Gerölls unter ihren Schuhen war zu hören. Ab und an löste sich ein einzelner Stein und kullerte den Hang hinunter. Die Pausen, die dem Aufprall in der Tiefe vorausgingen, ließen ahnen, wie tief der Abgrund an ihrer Seite war, der in der Dämmerung nur als dunkle Kluft zu sehen war. Karl spürte die Wärme von Cynthias Hand und ihren weichen Druck. Er wollte ihr ein aufmunterndes Lächeln schenken, doch ihr Gesicht war in der Dunkelheit nicht zu erkennen. Nur ihre Augen leuchteten wie zwei violette Edelsteine.
    Nach etwa zehn Minuten blieb Michael stehen. »Da drüben ist es«, sagte er und deutete auf ein dunkles Waldstück links des Weges. »Ab hier müsst ihr besonders vorsichtig sein. Es gibt keinen Weg. Folgt mir einfach und passt auf, wo ihr hintretet.«
    Er tauchte ein in die Finsternis und war nach wenigen Sekunden nur noch am zuckenden Schein der Lampe zu erkennen. »Nimm du die Lampe«, sagte Karl zu Cynthia. »Ich folge euch als Letzter.«
    Sie hauchte ihm einen Kuss auf die Wange und ging an ihm vorbei.
    Das letzte Stück war wirklich schwierig. Überall ragten Findlinge aus dem moosigen Boden, und der Weg war mit Ästen und umgefallenen Bäumen verbarrikadiert. Wer sich hier nicht auskannte, konnte in Teufels Küche geraten. Überall taten sich Spalten und steile Felsabbrüche auf, die das Gehen zusätzlich erschwerten.
    Karl wunderte sich, woher Michael diesen Weg kannte. In den offiziellen Wanderführern war er ganz sicher nicht vermerkt. Aber es gab so einiges, was er an seinem ehemaligen Freund nicht verstand. Angefangen von seinem spurlosen Verschwinden bis hin zu seinem plötzlichen Auftauchen, die Taschen voller Geld.
    »Wir sind da«, hörte er seine Stimme durch das Dickicht

Weitere Kostenlose Bücher