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Nebra

Nebra

Titel: Nebra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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unterirdischen Tempel führt.«
    »Karl hat recht«, stimmte Cynthia ihm zu. »Wir sollten darüber abstimmen, was wir jetzt tun. Geben wir den Fall in die Hände der zuständigen Behörden, oder melden wir uns bei Stromberg?«
    »Ich höre wohl nicht recht.« Michael stemmte die Hände in die Hüften. »Wollt ihr allen Ernstes vorschlagen, jetzt umzukehren? Lasst uns doch wenigstens ein kleines Stück weitergehen und sehen, was uns dort erwartet.«
    »Das hat uns schon letztes Mal fast das Leben gekostet«, wandte Karl ein.
    Michael schüttelte den Kopf. »Damals waren wir jung, dumm und unvorbereitet. Die Situation ist heute eine völlig andere. Heute haben wir das Überraschungsmoment auf unserer Seite.«
    Die anderen blieben stumm.
    »Leute, die Lösung des Rätsels liegt praktisch vor unseren Füßen. Wir brauchen uns nur danach zu bücken. Ich kann nicht glauben, dass ihr jetzt kneifen wollt.«
    »Das hat mit Kneifen nichts zu tun«, sagte Karl. »Wir reden nur davon, was wir vereinbart haben. Es war nie die Rede davon gewesen, weiter als bis zu diesem Punkt zu gehen. Wenn wir etwas anderes beschließen wollen, gut. Aber dann müssen alle darüber abstimmen. Dass ein Einzelner hier die Entscheidungen trifft, finde ich nicht in Ordnung.«
    »Darf ich dich daran erinnern, dass es dieser Einzelne war, der dich die ganzen letzten Jahre über Wasser gehalten hat?«, fauchte Michael. »Ohne mich wärst du doch untergegangen wie ein Stein in einem Plumpsklo. Dass du heute hier stehen und so kühne Reden schwingen kannst, hast du einzig und allein der Tatsache zu verdanken, dass ich dich finanziell über Wasser gehalten habe. Und zwar ohne jemals eine Gegenleistung dafür zu verlangen.« Er entspannte sich etwas. »Kommt schon. Wir alle haben schwer an unserer Vergangenheit zu tragen. Ich gebe euch die Möglichkeit, den Fluch, der uns verfolgt, abzuschütteln, und was tut ihr? Ihr stellt mich hin, als wäre ich ein gottverdammter Despot.«
    »Diese Scheiße muss ich mir nicht länger anhören«, sagte Karl. »Stimmen wir jetzt ab oder nicht? Wenn nicht, verschwinde ich.«
    »Karl hat recht«, sagte Hannah. »Bitte begreif doch: Gegen diesen Kult haben wir allein keine Chance. Ich bin dafür, die Polizei zu verständigen. Oben auf dem Brocken haben unsere Handys Empfang. Ein anonymer Tipp, und eine halbe Stunde später sind sie hier. Zeit genug, uns aus dem Staub zu machen.«
    »Und was ist mit dem Schatz?« Es war John, der diese Frage stellte. Mit einem halben Schritt trat er an Michaels Seite. »Ich finde nicht, dass wir so kurz vor dem Ziel umdrehen sollten. Auf uns wartet möglicherweise der Fund des Jahrhunderts. Lasst uns zumindest ein kleines Stück weit hineingehen und nachschauen. Wenn es brenzlig wird, können wir immer noch abhauen.« Dann fügte er hinzu: »Notfalls wäre ich auch bereit, mit Michael allein loszuziehen.«
    Er hatte kaum zu Ende gesprochen, als tief unter ihren Füßen ein durchdringendes Heulen ertönte. Es begann leise, zog sich ein paar Sekunden und brach dann unvermittelt ab. Der Hall strich durch die Gänge und löste sich in einem vielfachen Echo auf.
    »Was war das?«, flüsterte Hannah. »Vielleicht der Wind«, sagte Michael. »Das war kein Wind«, sagte Cynthia.
    »Nein.« John zog seine Waffe. »Das klang wie das Heulen eines Wolfs.« Und dann: »Raus hier!«
    Hannah spürte, wie sich ihr die Nackenhaare aufstellten. Waren sie etwa entdeckt worden? Hatten ihre Stimmen sie verraten oder ihr Geruch? Eigentlich unmöglich, der Wind wehte ihnen entgegen. Doch es war müßig, jetzt darüber nachzudenken; sie mussten verschwinden, und zwar so schnell wie möglich.
    Einer nach dem anderen zwängten sie sich zurück durch den Spalt. Hannah ließ Karl den Vortritt und half ihm an der Engstelle. Wie zu erwarten, hatte er Probleme beim Passieren der Barriere. Panik stieg in ihr auf. »Beeil dich«, zischte sie und drückte mit ihrer ganzen Kraft gegen seine Schulter. Warum hatte sie sich nur zu dieser Sache überreden lassen? Sie hatten ihre Nase viel zu tief in Dinge gesteckt, die sie nichts angingen.
    Endlich war Karl durch. Hannah beeilte sich, ihm zu folgen. Sie schob den Koffer durch und schickte sich gerade an, den schmalen Spalt zu passieren, als etwas Seltsames geschah. Hinter ihr erklang erneutes Heulen, diesmal näher. Dann ein unterdrückter Schrei, gefolgt von einem leisen Knall. Ein Ruf ertönte, dann hörte sie einen dumpfen Aufprall. Es knallte noch einmal, Stimmen riefen

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