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Nebra

Nebra

Titel: Nebra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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dringen. Der Entfernung nach zu urteilen, war er etwa fünfzig Meter vor ihm. Er und Cynthia mussten sich beeilen, den Anschluss nicht zu verlieren.
    Der Wald lichtete sich und gab den Blick auf ein mondbeschienenes Plateau frei. Hastig erklommen sie die letzten Meter und gesellten sich zu der Gruppe, die sich unterhalb eines steilen Felsabbruchs versammelt hatte. Unter sich eine weite Ebene und hinter sich die hoch aufragende Felswand, besaß dieser Ort etwas wahrhaft Magisches.
    »Alle beisammen? Gut. Hier geht's zur Höhle.« Michael deutete auf ein kleines dunkles Loch am unteren Ende der Steilwand. Das schwache Geräusch von tropfendem Wasser drang aus der Tiefe. Karl spürte einen Schauer über seinen Rücken laufen. So lange hatte er versucht, die Erinnerung an jene Nacht aus seinem Bewusstsein zu verdrängen, nur um jetzt feststellen zu müssen, dass der Anblick eines kleinen Fleckens bodenloser Schwärze ausreichte, um die ganze Vergangenheit vor seinem geistigen Auge wiederauferstehen zu lassen. Michael hatte recht gehabt. Er hatte nie wirklich versucht, seinen Dämon zu besiegen.
    »Ist das wirklich nötig?«, murmelte Karl. »Ich will da nicht rein.« Noch während er die Worte aussprach, schämte er sich seiner Angst. In den Ohren der anderen musste er wie ein trotziges Kind klingen, das bockig darauf bestand, beim Schlafengehen das Licht anzulassen.
    »Das musst du auch nicht«, versicherte Michael. »Niemand muss. Ich will euch nichts vormachen: Es wird nicht leicht, aber es könnte euch helfen, euch euren Ängsten zu stellen. Mir hat es geholfen.«
    »Ich bin dabei.« Cynthia hob ihr Kinn und warf Karl einen herausfordernden Blick zu. »Und du auch.«
    Karl hob die Augenbrauen, dann lächelte er zaghaft. »Bist du dir deiner Sache sicher?«
    »Darauf kannst du wetten.«
    Er zuckte die Schultern. »Na schön. Aber wenn es zu heftig wird, gehe ich zurück.«
    Ein Grinsen stahl sich auf Michaels Gesicht, dann gab er ihnen beiden einen Klaps. »Ich bin stolz auf euch«, sagte er. »Folgt mir.«
     
     
55
     
    In dem Moment, als die Felsen näher rückten, spürte John, was Michael gemeint hatte, als er von Ängsten gesprochen hatte.
    Er war schon in viele Höhlen gekrochen, doch diese hier war besonders unangenehm. Sie war stickig, glitschig und verdammt niedrig. Außerdem war die Luft derart mit Feuchtigkeit gesättigt, dass das Licht der Taschenlampen sie kaum zu durchdringen vermochte. Die Strahlen tasteten wie Geisterfinger durch die Dunkelheit. Blind, kraftlos und schwach. John bewunderte den Mut und die Überwindungskraft von Cynthia und Karl. Nur wer schon einmal unter Klaustrophobie gelitten hatte, konnte ermessen, was die beiden gerade durchmachen mussten.
    Nach ein paar Metern wurde es besser. Die Decke hob sich auf ein erträgliches Maß, und ein Schwall frischer Luft drang in die Höhle. Mondlicht fiel von oben herab und spiegelte sich in einer Pfütze. Es sah aus, als wäre ein Edelstein vom Himmel gefallen.
    »Geht's nur mir so, oder ist euch auch so warm?«, fragte Karl, als sie sich alle in der Mitte des seltsamen Raumes versammelt hatten.
    John legte seine Hand auf einen Felsen. »Merkwürdig, die Wärme scheint direkt aus dem Stein zu kommen.« Alle legten ihre Hände an den Fels.
    »Das ist allerdings sehr ungewöhnlich«, sagte Hannah. »Irgendwie gespenstisch. Sitzen wir auf einem Vulkan oder was?« Michael schüttelte den Kopf. »Der Brocken besteht aus purem Granit. Es ist ein einziger mächtiger Pluton, der vor beinahe dreihundert Millionen Jahren aus dem Erdinneren aufgestiegen und dann erkaltet ist. Es gibt keinen wirklich triftigen Grund für die Wärme unter unseren Füßen.« »Hier ist es heiß wie in einer Sauna«, sagte Karl. »Ich hab 'ne Scheißangst. Lasst uns zusehen, dass wir hier wegkommen.« »Nur keine Panik.« Michael hob die Hände. »Hannah, zeig den anderen mal das Schlangensymbol.«
    »Hier.« Sie leuchtete mit ihrer Lampe in einen entfernten Winkel der Höhle.
    John, der zunächst nichts erkennen konnte, trat näher und betrachtete das Gestein. Nach einer Weile erkannte er die Muster. Eine tellergroße Vertiefung mit einem seltsam scharfkantigen Rand, darin das Symbol einer Schlange. »Mich trifft der Schlag«, flüsterte er und strich mit seinen Fingern über das rauhe Gestein. »Dasselbe Symbol wie auf der Scheibe.« Er tastete über den Stein. »Aber wie soll uns das weiterbringen? Die Höhle endet hier. Keine Spur von einem Eingang.«
    »Abwarten«, sagte

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