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Nebra

Nebra

Titel: Nebra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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Michael. »Hannah, würdest du mir für einen Moment die Scheibe überlassen?« Die Archäologin zögerte. »Was hast du vor?« »Nur eine vage Idee. Wenn ich es dir sage, würdest du mich wahrscheinlich für verrückt halten.«
    »Ich muss ja nicht erwähnen, wie viel sie wert ist«, sagte Hannah. »Also Vorsicht bitte.« »Vertrau mir einfach.«
    Sie stellte den Koffer auf dem Boden ab und hob den Deckel. Dann reichte sie Michael die Handschuhe. Er streifte sie über und lächelte verlegen in die Runde. »Ich kann mir kaum vor stellen, dass das hier klappt. Aber ich muss es einfach versuchen.«
    Wie ein rohes Ei nahm er die Himmelsscheibe heraus und trug sie in die Mitte der Höhle, dorthin, wo der Mondstrahl durch den Spalt in der Decke fiel. Das Licht traf auf die metallene Oberfläche und brachte sie zum Strahlen, genau wie vorhin oben auf dem Brocken. Wieder begann das Schlangensymbol unnatürlich hell zu leuchten. Selbst als Michael die Scheibe aus dem Licht nahm und damit zu der Vertiefung in der Wand ging, leuchtete das Schlangensymbol in der Dunkelheit. Hannah schüttelte den Kopf. »Es ist mir ein Rätsel, wodurch dieser Effekt ausgelöst wird. Bei keiner unserer Bestrahlungen hat sie so reagiert.«
    »Habt ihr es je mit Mondlicht versucht?« Michael hob die Scheibe auf Augenhöhe und näherte sich damit der Vertiefung in der Wand.
    »Was soll das für einen Unterschied machen?«, sagte Hannah. »Wissenschaftlich betrachtet ist Mondlicht doch nichts weiter als reflektiertes Sonnenlicht. Es gibt keinen vernünftigen Grund, weshalb ...« Die beiden Schlangen hatten sich jetzt einander so weit genähert, dass der grünliche Lichtschimmer von der Scheibe auf sein Gegenüber an der Wand traf. Für einen Moment war ein kurzes Aufblitzen zu sehen. Ein Knacken ertönte. Dann ein Rumpeln.
    John verstummte. Es war ein Geräusch, als wäre irgendwo etwas zerbrochen. Er sah sich nach den anderen um. Alle hatten es gesehen, und alle hatten es gehört. Etwas Unerhörtes war hier im Gange.
    »Geh mal mit der Taschenlampe an die Stelle«, bat er Hannah. »Beleuchte das Schlangensymbol.« Und dann, nach einer Weile: »Da, seht ihr?«
    Der Lichtstrahl enthüllte einen Riss in der Vertiefung, einen senkrechten, schnurgeraden Spalt, der den Fels auf einer Länge von beinahe zwei Metern durchzog. Unter der Decke angekommen, machte er einen scharfen Knick und wanderte dann etwa neunzig Zentimeter nach links. »Hol mich der Teufel«, flüsterte er. »Das ist eine Tür.«
     
     
     
     
     
56
     
    Eine halbe Stunde später...
    Der Stollen vor ihren Füßen öffnete sich wie ein gewaltiger Schlund, der hinab in die Unterwelt führte. Ein Gang, der vor Urzeiten aus dem harten Granit gehauen worden war. Wie viele Hände und wie viele Jahre es gebraucht hatte, um solch eine Leistung zu vollbringen, war kaum zu ermessen. Hannah hockte neben den anderen auf der Erde. Keuchend und völlig verschwitzt. Das war wirklich ein hartes Stück Ar-beit gewesen. Nur mit vereinten Kräften und unter Zuhilfenahme der Brechstangen war es ihnen gelungen, die Tür zu öffnen. Ehe sie allerdings überhaupt daran denken konnten, die Brecheisen in dem hauchfeinen Spalt zu verkeilen und die schwere Felsplatte millimeterweise aufzustemmen, hatten sie den Boden von Schutt und Geröll befreien müssen. Nach einer schier endlosen Zeitspanne hatten sie die Felsplatte so weit bewegt, dass sie sich einer nach dem anderen hindurchzwängen konnten. Karl hatte dabei die meisten Probleme gehabt -mit seinen knapp zwei Metern Körpergröße und seinem athletischen Körperbau. Sie hatten die Tür um weitere fünf Zentimeter aufhebeln müssen, ehe er hindurchpasste. Doch jetzt war es geschafft. Schwitzend und keuchend standen sie da und blickten in die bodenlose Schwärze, die sich vor ihnen auftat.
    Hannah fand, dass die Luft überraschend frisch war. Sie hatte eigentlich eine modrige Kälte erwartet. Ein leichter Wind wehte ihr entgegen, der den Geruch von Holzkohle mit sich führte.
    Cynthia nahm einen Schluck aus der Wasserflasche und wischte sich über den Mund. »So weit, so gut«, sagte sie. »Und was jetzt?«
    »Was für eine Frage«, sagte Michael. »Wir gehen natürlich weiter.«
    »Das war aber nicht ausgemacht«, sagte Karl. »Wenn ich dich daran erinnern darf: Wir haben vereinbart, so weit vorzustoßen, bis wir den Eingang gefunden haben, und uns dann Hilfe zu holen. Ich denke, niemand von uns zweifelt daran, dass das der Stollen ist, der uns zu dem

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