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Necromancer - The Death of the Necromancer

Titel: Necromancer - The Death of the Necromancer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Wells
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grausame Scherze dieser Art neigten dazu, auf ihren Urheber zurückzufallen.
    Nicholas setzte sich unvermittelt auf, als er eine Stimme hörte, die er überall wiedererkannt hätte.
    Mittlerweile zeigte das Gemälde die Bibliothek wieder bei Nacht, im Schein einer einzelnen Gasleuchte. Nicholas knurrte gereizt. Es war zu dunkel, um die Uhr an der Wand lesen zu können, und so wusste er nicht, wann sich die Szene abgespielt hatte. Jedenfalls irgendwann am früheren Abend. Count Montesq saß an seinem Schreibtisch, das Gesicht im Halbschatten. Nicholas ergänzte die Einzelheiten aus dem Gedächtnis. Der Count war so alt, dass er Nicholas’ Vater hätte sein können, er hatte dunkles, angegrautes Haar und ein stattliches, ein wenig feistes Gesicht, dem das üppige Leben deutlich anzumerken war.
    Mit einer nervösen Falte zwischen den Augenbrauen stand Batherat vor dem Schreibtisch. Jeder andere bedeutende Mann in Ile-Rien hätte seinen Anwalt aufgefordert, Platz zu nehmen. Nicht so Montesq. Der Count, der sich im Beisein Gleich- und Höhergestellter stets liebenswürdig gab und gegenüber Untergebenen in der Öffentlichkeit bewundernswerte Leutseligkeit bewies, war in Wirklichkeit bei seinen Dienern und Angestellten gefürchtet. In einem Ton, der ohne jede Drohung auskam, bemerkte Montesq: »Freut mich, dass Sie es endlich geschafft haben. Ich hätte schon fast die Geduld verloren.«
    Nicholas runzelte irritiert die Stirn. Anscheinend erlebte er hier die Fortsetzung eines Gesprächs, das bereits draußen
in der Vorhalle begonnen hatte. Er fürchtete aus dem Wortwechsel nicht viel an brauchbaren Informationen herauslesen zu können. Falls Montesq andererseits den Anwalt zu töten beabsichtigte, lohnte es sich natürlich, das Geschehen zu verfolgen. Batherat blieb bemerkenswert ruhig. »Ich versichere Ihnen, Mylord, ich habe nichts dem Zufall überlassen.«
    »Das habe ich auch erwartet.« Montesqs leise Stimme klang jetzt fast schüchtern. Aus langer Erfahrung wusste Nicholas, dass sich in dem Mann ein gefährlicher Zorn anstaute.
    Als Nicholas seine Organisation aufbaute, hatte er Cusard, Lamane und einige andere, deren Mitwirkung er wünschte, von ihren bestehenden Verpflichtungen gegenüber einem Mann befreien müssen, der sich für den ungekrönten König der Unterwelt in den Slums von Riverside hielt. Dieser Schurke hatte nicht auf ihre Dienste verzichten wollen, und letztlich war Nicholas dazu gezwungen, ihm eine Kugel in den Kopf zu jagen. Der Mann war ein vielfacher Mörder, Erpresser, Zuhälter und obendrein verschiedenen sexuellen Perversionen verfallen, bei denen selbst Reynard erschrocken wäre. Dennoch war er, was Verschlagenheit und Niedertracht anlangte, im Vergleich zu Rive Montesq der reinste Waisenknabe.
    Der Count erhob sich und trat um den Schreibtisch herum. Einen Schritt vor Batherat blieb er stehen. Er sagte nichts, doch der Anwalt brach plötzlich in Schweiß aus. »Ich bin mir ganz sicher, Mylord.«
    Montesq lächelte und klopfte Batherat auf die Schulter. Ein weniger kundiger Beobachter hätte das als eine Geste freundschaftlicher Kameradschaft interpretieren können.
»Dann hoffe ich, dass diese Sicherheit nicht fehl am Platze ist.«
    Ohne die Tür hinter sich zu schließen, verließ Montesq das Zimmer. Batherat schloss einen Moment erleichtert die Augen, ehe er ihm folgte.
    Das war das letzte Bild, das das Gemälde gespeichert hatte, danach verblasste die Szenerie. Das Bild kehrte in seinen Ruhezustand zurück und wurde wieder zu einem statischen Fenster, das ein fremdländisches Zimmer zeigte. Nicholas seufzte und fuhr sich müde durchs Haar. Nichts Greifbares. Na ja, man kann nicht jeden Tag Wunder erwarten. Zweimal schon hatte ihm das Gemälde entscheidende Einzelheiten von Montesqs Plänen verraten. Montesq bewegte sich in den Finanzkreisen Viennes und anderer Großstädte und benutzte Bestechung, Erpressung oder auch physische Gewalt, um zu kriegen, was er wollte. Bei alledem achtete er jedoch immer darauf, seinen Ruf zu wahren, und wurde nach wie vor bei Hofe und in den besten Häusern empfangen.
    Aber nicht mehr lange. Ein dünnes, eisiges Lächeln spielte um Nicholas’ Lippen. Nicht mehr lange.
    Er stand auf und streckte sich. Nachdem er die Kerzen ausgeblasen hatte, schloss er sorgfältig hinter sich ab.
    Als er unterwegs zur Treppe war, klopfte es an der Eingangstür. Eine Hand bereits auf dem Geländer, zögerte er. Für respektable Besucher war es schon zu spät, und weniger

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