Necromancer - The Death of the Necromancer
vor dem runden Tisch, der als Schreibtisch diente. Im Steinkamin brannte kein Feuer. Nicholas wartete, bis Sarasate die Kerzenlampen angezündet hatte. Auch Crack war eingetreten und zog die Tür zu, nachdem der Butler verschwunden war.
Der Besucher stand auf halber Höhe des Zimmers. Nicholas ließ sich in den Sessel fallen und schwang die Beine auf den Tisch. Während sich Madeline anmutig auf den Sesselrücken stützte, eröffnete Nicholas die Unterredung. »Was wollten Sie mit mir besprechen?«
Der Mann zog die Handschuhe aus. Seine Hände waren bleich, aber rau und schwielig. »Sie sind heute Abend in die unteren Keller von Mondollot House eingedrungen, um etwas
zu entwenden. Mich hätte interessiert, welchen Grund Sie dafür hatten.«
Nicholas blieb äußerlich gelassen, obwohl ihn die Äußerung so erschreckt hatte, dass er ein eisiges Prickeln im Nacken spürte. Madelines Hände auf der Lehne spannten sich an, doch sie blieb stumm. Crack beobachtete ihn wachsam und wartete völlig ruhig auf ein Signal von ihm, doch Nicholas regte sich nicht. Nicholas wollte erfahren, wer sonst noch wusste, dass der Mann hier war, und vor allem, wer ihn geschickt hatte. »Ich muss schon sagen, Sie verblüffen mich, Sir. Ich war heute Abend im Theater, dafür gibt es ein halbes Dutzend Zeugen.«
»Ich bin kein Ermittlungsbeamter, und Zeugen interessieren mich nicht.« Der Mann machte einen langsamen Schritt nach vorn, und im Schein der Kerzen traten seine ausgemergelten Züge deutlicher hervor. Die Schatten zeichneten tiefe Gräben in seine Wangen und ließen die seltsamen Augen weit in ihre Höhlen zurückweichen.
Wie passend für einen Spiritisten. Er sieht selbst fast aus wie ein Toter. »Und wer sind Sie?«
»Ich bin Dr. Octave, aber entscheidender ist wohl, wer Sie sind.« Der Mann legte Hut und Stock auf den polierten Tisch. Nicholas fragte sich, ob er sich geweigert hatte, sich die beiden Gegenstände von Sarasate abnehmen zu lassen, oder ob sich der Butler gar nicht die Mühe gemacht, sondern vielmehr vermutet hatte, dass der ungebetene Gast nicht lang genug bleiben würde, um dieses Versäumnis zu bemerken. Octaves Lächeln brachte äußerst schlechte Zähne zum Vorschein. »Sie sind Nicholas Valiarde, der Pflegesohn des verstorbenen Metaphysikers Dr. Edouard Viller.«
»Er war kein Metaphysiker, sondern Naturphilosoph«,
verbesserte ihn Nicholas mit sanfter Stimme, die keine Spur von Ungeduld verriet. Kurz hatte er spekuliert, ob es sich hier womöglich um Sebastion Ronsarde in einer seiner berühmt-berüchtigten Masken handeln konnte, doch nun verwarf er diesen Gedanken. Ronsarde und die anderen Beamten der Präfektur kannten ihn ausschließlich als Donatien, als einen Namen ohne Gesicht, dessen Träger für einige der wagemutigsten Verbrechen in Ile-Rien und wahrscheinlich noch eine ganze Reihe weiterer Taten verantwortlich war. Wenn Ronsarde so viel gewusst hätte, dass er Donatien fragen konnte, ob er Nicholas Valiarde sei, dann hätte er ihn damit ohne Zweifel in einer der kleinen Verhörzellen unter der Präfektur von Vienne konfrontiert, und nicht hier im Salon von Coldcourt. Außerdem wurde die Bedeutung von Ronsardes Verkleidungen durch Gerüchte in Schundblättern übertrieben, deren Schreiberlinge sich nicht vorstellen konnten, dass der erfolgreichste Kriminalbeamte der Stadt seine Fälle nicht mithilfe von Zauberei oder anderen verblüffenden Tricks löste, sondern allein durch seinen Scharfsinn. Nachdenklich blickte Nicholas zu Made line auf. »Außerdem war Dr. Viller nach Auffassung der königlichen Gerichtsbarkeit ein Verbrecher und wurde hingerichtet. Ist das der Grund, warum Sie mir vorwerfen, dass ich …«
Octave unterbrach ihn. »Ein Verbrecher, der später voll rehabilitiert wurde …«
»Posthum. Vielleicht war er im Jenseits über diese Auszeichnung erfreut, aber seine Hinterbliebenen waren es mit Sicherheit nicht.« Edouard war wegen Nekromantie verurteilt worden, obwohl er kein Zauberer gewesen war. Das Gericht hatte seine Experimente als gefährliche Mischung aus Naturphilosophie und Magie gewertet, doch dies allein
hatte ihn nicht den Kopf gekostet. Handelte es sich hier um einen plumpen Erpressungsversuch, oder wollte der Mann das gleiche Spiel wie bei der Duchess probieren und Ni - cholas als Gegenleistung für ein Gespräch mit Edouard zur Zahlung eines völlig überzogenen Honorars bewegen? Lächerlich. Wenn Edouard aus dem Grab mit mir kommunizieren will, dann ist er durchaus
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