Necromancer - The Death of the Necromancer
hochstürmte. Im Gästezimmer kritzelte er hastig eine Zeile darauf und steckte den Zettel in die Tasche von Reynards zweitem Anzug, dann stürzte er wieder nach unten.
Auf dem Weg zur Vorderseite des Hauses nahm er gleich die Abkürzung durch die offiziellen Räume, da alle Leute von Bedeutung im Salon versammelt waren. Er gelangte in einen Wintergarten, dessen eine Seite nur aus Glasscheiben in einem gusseisernen Gerüst bestand und einen Blick auf die Grotte und den abgesenkten Garten gewährte. Der
Mond schien herein. Nicholas’ Stiefelsohlen rutschten über den Fliesenboden, als er an Bambusmöbeln und mehrstöckigen Blumenbänken vorbeieilte. Über ein paar Stufen erreichte er den unteren Teil des Raums, in dem unter einer Liliendecke ein Brunnen plätscherte. Ja, hier war eine Tür für die Gärtner.
Er sperrte auf, trat hinaus in die kalte Nachtluft und zog die Tür sorgfältig hinter sich zu. Er befand sich nun am vordersten Ende des Hauses, am Anfang eines laubübersäten Steinpfads, der am Garten entlang auf den Triumphbogen zulief. Der Felsen des Grotteneingangs lag zu seiner Rechten, der Torbogen, der durch das Haus zum Kutschenhof führte, zu seiner Linken. Er musste genau auf die gegenüberliegende Seite.
Bei seiner kurzen Kletterpartie über den Fels war er froh über die Handschuhe. Das Ding bestand aus dunkel bemaltem Beton und war im Lauf der Jahre nicht unbedingt weicher geworden. Nicholas blieb nahe an der Seitenmauer des Hauses, um nicht von den Salonfenstern aus erspäht zu werden. Obwohl - selbst wenn jemand von oben bemerkt hätte, dass er sich hier auf recht unorthodoxe Weise verabschieden wollte, war es zu spät, um seine Pläne zu durchkreuzen. Wahrscheinlich würde man ihn für einen von Octaves hypothetischen Komplizen halten. Nicholas kletterte an der Seite des Grotteneingangs hinunter und presste sich mit dem Rücken flach an die Mauer neben den Torbogen zum Kutschenhof.
Er hatte noch nicht einmal Zeit gefunden, seinen Herzschlag zu beruhigen, als er im Durchgang leise Schritte hörte. Er wich noch weiter in den dichten Schatten der Mauer zurück.
Ein Mann trat heraus und verharrte einen Augenblick im Schein der Lampe über dem Torbogen. Dann fuhr er plötzlich herum und richtete den Blick genau auf Nicholas. Es war Crack.
Sein Gefolgsmann stieß einen leisen Fluch aus. Lächelnd flüsterte Nicholas: »Ich war zuerst hier.«
Crack schlüpfte in die Zierhecke am Pfad. Unmittelbar darauf schwebte seine scheinbar körperlose Stimme herüber. »Bin ich nich dein Leibwächter? Für solche Sachen bin ich zuständig!«
»Zwei Leute, die hinten an der Kutsche dranhängen, würden auffallen. Aber ich allein bin einfach bloß irgendein Stallknecht.« Nicholas hatte Glück, dass Octave über eine eigene Kutsche verfügte. Bei Mietdroschken war unter dem Tritt des Stallknechts oft eine Art Egge eingebaut, um Kinder und alle anderen am Aufspringen zu hindern. Private Kutschen hatten keine abschreckende Ausstattung dieser Art. »Außerdem kann es wahrscheinlich nicht mal Reynard verbergen, wenn ihm in einer Nacht gleich zwei Diener abhandenkommen. Und er braucht jemanden, der auf ihn aufpasst.«
Crack schnaubte, vielleicht wegen der Idee, dass Reynard Schutz benötigte.
»Das Entscheidende ist aber«, fügte Nicholas in etwas schärferem Ton hinzu, »dass ich es sage.«
Crack hatte eine geradlinige Denkweise und konnte es überhaupt nicht leiden, wenn andere Nicholas’ Anordnungen in Zweifel zogen. Die Vorstellung, dass er selbst dieses Sakrileg begangen hatte, schien ihn zur Vernunft zu bringen. Ein Busch erzitterte, und leises Grummeln war zu hören, aber keine offenen Einwände mehr.
Das Klappern von Hufen auf Stein hallte in der Durchfahrt wider. Nicholas trat näher zum Torbogen und machte sich bereit.
Ein Gespann mit vier Füchsen und dann die Seite von Octaves Kutsche schossen vorbei. Die Jalousie war herabgelassen. Die Droschke hatte ein wenig abgebremst, um durch das Tor zu steuern, hatte aber immer noch ein beachtliches Tempo. Nicholas wusste, dass er genau den richtigen Zeitpunkt erwischen musste. Er machte einen Schritt nach vorn und sprang.
Er bekam die Stange zu fassen, die den Stallknechten als Haltegriff diente, und im nächsten Augenblick fanden seine Füße die kleine Stufe. Die Stange umklammernd, blickte er hinauf zu den Salonfenstern. Niemand starrte erstaunt auf ihn herab. Sein Manöver war unbemerkt geblieben.
Eine Peitsche knallte, und die Kutsche
Weitere Kostenlose Bücher