Necromancer - The Death of the Necromancer
Problem: Ronsarde war heute Abend im Haus der Gabrills.«
Reynard starrte ihn erschrocken an. »Machst du Witze?«
»Ganz und gar nicht. Er war im Garten und hat die Séance beobachtet. Als ich ging, hab ich ihn gesehen. Er mich natürlich auch, aber er war nicht so nah bei mir, dass er mich erkannt hätte. Er hat mich ja schon seit Jahren nur in Verkleidung getroffen.« Nach dem Prozess hatte Nicholas jeden Kontakt mit Ronsarde vermieden, zunächst weil er vorhatte, ihn zu töten, später weil er sich bereits auf seine Rolle als Donatien vorbereitete.
»Verdammt.« Reynard verschränkte die Arme. »Das könnte zu immensen Komplikationen führen.«
»Das ist mir durchaus bewusst.« Nicholas verzog das Gesicht. »Wenn er rausfindet, dass du mit Donatien in Verbindung stehst, fällt ihm mit einem Schlag eine Lösung für so einige Rätsel in den Schoß.« Bei mehreren ihrer frühen Juwelendiebstähle hatte Reynard als Insider fungiert, der alles auskundschaftete. Damals brauchten sie dringend Betriebskapital,
um ihre Vorhaben gegen Montesq zu finanzieren. »Doch im Augenblick hat er keinen Grund, an eine Beteiligung Donatiens zu glauben.«
Reynards Zweifel waren noch nicht ausgeräumt. »Und wenn auch er die Kugel registriert hat? Er würde sie genauso wiedererkennen wie du. Dann hätte er allen Grund, an die Beteiligung eines Mitglieds der Familie Viller zu glauben. Und wenn er erst eine Verbindung zwischen dir und Donatien herstellt …«
»Wir müssen davon ausgehen, dass er die Kugel bemerkt und sie als Edouards Gerät erkannt hat. Das könnte ihn tatsächlich direkt zu uns führen.« Mit einem Mal schienen die Mauern der umstehenden Miethäuser näher heranzurücken. Nicholas musste sich zur Ordnung rufen und sich sagen, dass das nur ein Zusammenspiel aus Schatten und Fantasie war. Er spähte hinüber zum Valent House und entdeckte Crack, der auf sie zusteuerte. »Wir müssen eben als Erste bei Octave sein und die Beweise beseitigen.«
Reynard zuckte die Schultern. Offenbar war er bereit, die Sache zunächst auf sich beruhen zu lassen. Nicholas beneidete ihn um seine Gelassenheit.
Crack trat zu ihnen. »In der Durchfahrt sind Fenster, durch die man in den Stall schauen kann. Keine Pferde, keine Kutsche. Waren aber vor kurzem noch da.«
Nicholas wehrte sich gegen den Impuls, gegen die Mauer zu treten. »Er weiß, dass wir hinter ihm her sind. Keine Ahnung, ob er mich auf der Kutsche erkannt hat. Jedenfalls hat er gemerkt, dass er von jemandem verfolgt wird.«
»Er ist vorsichtig.« Reynard kratzte sich nachdenklich am Bart. »Trotzdem lohnt es sich bestimmt, einen Blick ins Haus zu werfen.«
Nicholas pflichtete ihm bei. Das Haus wollte er sich unbedingt vornehmen. »Ja, er musste offenbar schnell weg. Wenn er hier nicht nur bei jemandem zu Besuch war, hat er vielleicht irgendwas zurückgelassen. Probieren wir mal die Tür, die ich vorhin entdeckt habe.«
Sie gingen die stille Straße entlang und behielten dabei die Brandykneipe in dem alten Stall im Auge. Nur von dort drohte eine Störung. Aber die Gäste, die sich vorher so zahlreich gedrängt hatten, hatten sich zurückgezogen, und sogar der Alte, der aus dem Fass eingeschenkt hatte, war nach drinnen verschwunden. Auf dem Gehsteig lagen noch einige vermummte Gestalten, die aber anscheinend nichts von der Außenwelt wahrnahmen und wohl kaum in der Lage waren, sich einzumischen.
Sie erreichten die Ecke des Hauses und schlüpften in die enge Gasse, die direkt zum Garten führte, Crack vorneweg. Als sie durch das wuchernde Gras stapften, blieb Reynard plötzlich stehen, um sich knurrend etwas vom Stiefel zu kratzen.
Nicholas folgte Crack die Stufen zu der Tür hinauf und nahm sie im gedämpften Schein der Laterne vorsichtig in Augenschein. Sie war aus solidem Mahagoni und kaum verwittert.
»Neu«, flüsterte er. »Höchstens einen Monat alt.«
Crack nickte zustimmend und nahm die Laterne, während Nicholas ein ledernes Werkzeugetui aus der Mappe holte. Er suchte eine Spitze aus und befestigte sie an einem kleinen Stahlbohrer. Dann kniete er sich auf die Stufe, um in der Nähe des Schlüssellochs ansetzen zu können.
Durch häufige Verwendung eines Ölfläschchens blieb das Bohren relativ leise. Nicholas hörte nichts als ihren
Atem und gelegentlich eine unruhige Bewegung von Reynard. Das Haus wirkte wie ausgestorben.
Sie mussten fast dreißig einzelne Löcher setzen, bevor Nicholas nach einer knappen Stunde das Schloss herauszerren und die Tür
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