Necroscope 8: BLUTFÜRSTEN (German Edition)
Aussätziger wieder aufzuwachen wie ehedem sein einstiger Gebieter. Die Wahrheit lag wohl irgendwo in der Mitte. Vormulac selbst hatte es so weit gebracht, nicht darüber nachzudenken ... es sei denn im Schlaf. Darum mied er ihn.
Auch während des letzten Sonnaufs hatte er nicht geschlafen, sondern einen absolut elenden Tag im Schatten des Grenzgebirges in einer Höhle sitzend verbracht, nur etwas Trogfleisch und einen Becher scheußlichen Pilzweines als Trost – und natürlich seine Rachegedanken, die sich allesamt um Wratha drehten. Immerhin war sie ja schuld daran, dass er sich überhaupt hier befand.
Als sie nun, am frühen Sonnunter, weiter nach Westen flogen, ertappte er sich dabei, dass er schon beinahe mit Erleichterung auf das Missgeschick, das ihnen widerfahren war, zurückblickte, und dankte seinem Glücksstern, welcher es auch sein mochte, dafür, dass es nicht noch schlimmer gekommen war ...
Bereits die Planung war nicht gerade der Weisheit letzter Schluss gewesen. Aber Vormulacs Generäle hatten sich gedacht: Wenn Wratha die Auferstandene es vor einhundertfünfzig Sonnaufs unter totaler Geheimhaltung mit weitgehend unerfahrenen Männern und Monstern und anscheinend ohne jede Anstrengung geschafft hat, dann kann es so schwierig nicht sein! Bei all der Mühe, die wir uns machen, und dem ganzen Gehirnschmalz, den wir darauf verwendet haben, können wir gar nicht scheitern, zumal wir ja über die erlesensten Materialien der Sonnseite verfügen, mit denen wir arbeiten können!
Und als genügten derartige Überlegungen, wurde jeder Gedanke an einen möglichen Fehlschlag einfach beiseite geschoben. Die Bemühungen bei der Planung waren völlig unzureichend. Jede Verbindung und Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Stätten kam zum Erliegen, als die Vampir-Lords darum wetteiferten, das großartigste Kontingent an Männern und Kampfkreaturen für Vormulacs Luftstreitmacht zu stellen. Die Aufregung um das bevorstehende Abenteuer (und natürlich die Vorfreude auf dessen erfolgreichen Abschluss) und den zu erwartenden »Ruhm« überwogen bei Weitem jeden noch so nagenden Zweifel hinsichtlich eines eventuellen Misserfolgs. Kurz, die Lords und Ladys von Turgosheim waren sich ihrer Sache zu sicher.
Doch anders als sie glaubten, hatte Wratha, bevor sie die Schlucht verließ, eng (wenn auch im Verborgenen) mit ihren Mitverschwörern zusammengearbeitet. Und gerade weil ihr Verschwinden die Flucht vor einer entsetzlichen Strafe gewesen war, hatten sie umso größere Sorgfalt darauf verwendet. Es hatte alles nur so einfach ausgesehen, weil es in bescheidenem Rahmen geschah: Eine Hand voll flugfähiger Krieger und ein gutes Dutzend Leutnante und Flieger ... dies stellte kein nennenswertes logistisches Problem dar. Sie mussten lediglich in den westlichen Anhöhen des Gebirges noch einmal einen Halt einlegen, um Nahrung zu sich zu nehmen, ehe sie sich durch die Große Rote Wüste wagten, und dann stand ihnen der gewaltige Sprung nach Westen bevor, ins Unbekannte.
Einfach, aye ...
Der Unterschied bestand darin, dass Wratha die Auferstandene nur eine kleine Schar geführt hatte, während Vormulac eine aus unterschiedlichen Truppenteilen zusammengesetzte nur schwer zu bändigende Streitmacht befehligte. Die Geschöpfe, die Wratha geschaffen hatte, waren vergleichsweise leichte Kreaturen gewesen, für den Flug ausgelegt, weil sie zu Gunsten des absolut Überlebensnotwendigen auf Waffen, Zierrat und so gut wie jedes unnötige Gewicht oder Kriegsausstattung verzichtet hatte. Die Kreaturen des Krieger-Lords Ohneschlaf dagegen waren einzig für die Schlacht geschaffen, schwergewichtig und bis über die Ohren gepanzert. Und obwohl Wratha ein Ziel verfolgte, wurde sie doch selbst auch verfolgt – aus Enttäuschung, Rachegelüsten und Furcht. Das waren nicht nur Unterschiede, sondern handfeste Vorteile – für die Lady zumindest.
Und ein weiterer Vorteil, den Vormulac jetzt erstmals in Betracht zog: Als Wratha floh, hatte sie dies in der Gewissheit getan, dass man sie verfolgen würde, sodass sie mittlerweile ...
... Drei Jahre dürften ihr mit Sicherheit ausgereicht haben, angemessene Vorsichtsmaßnahmen zu treffen. Wo auch immer sie sich gerade befand – welche Stätte auch immer sie ihr Zuhause nannte –, der Ort war jetzt sicherlich eine Festung. Aber Festungen konnte man einnehmen, und ebendies wollte Vormulac tun, wenn er sie fand. Dann ... würde es Krieg geben! Einen Blutkrieg, aye, einzig um der Lady den ganzen
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