Necroscope 8: BLUTFÜRSTEN (German Edition)
und sah, wie sich der Glanz der Sterne auf den Chitinplatten brach. »Wir machen besser, dass wir zu unseren Männern kommen, Bruno«, flüsterte er. »Und von nun an lautet der Befehl: absolute Stille!«
»Was ist los?«, rief Yefros mit weithin hallender Stimme nervös zu ihnen hinauf. Wie zur Antwort erscholl das bedrohliche, urtümliche Grollen ein drittes Mal, und Tzonov sah, vergrößert durch die Linsen des Nachtsichtgerätes, wie sich ein gewaltiger gepanzerter Schädel, groß wie der Bug eines Schiffes, träge von der Erde hob und ein Paar blutroter Augen im – Gesicht? – des aufgestörten Ungeheuers unruhig blinzelte.
Tzonov gab Krasin das Fernglas zurück, blickte wütend zu Yefros hinab und sprang. Geschickt kam er lautlos unten auf, richtete sich auf und packte den Lokalisierer, um weiteren Fragen zuvorzukommen, am Kragen. »Idiot!«, zischte er. »Lokalisierer, was? Wie wär’s, wenn man Sie lokalisiert? Wenn Ihnen etwas an Ihrem Leben liegt, dann ... halten ... Sie ... verdammt nochmal ... den Mund!« Damit ließ er ihn wieder los und stieß ihn von sich. »Und jetzt machen Sie, dass Sie zur Truppe kommen – aber leise!«
Während Yefros seinem Vorgesetzten aus zusammengekniffenen Augen einen vorwurfsvollen Blick zuwarf und, sich den Hals reibend, davonstolperte, kletterte Krasin von seinem Bebachtungsposten herab. Kaum hörbar flüsterte er: »Ich glaube, das Ding schläft! Wahrscheinlich haben wir es nur im Schlaf gestört, mehr nicht.«
Sie beeilten sich, die anderen einzuholen und in der bläulich schimmernden Nacht der Sternseite so schnell wie möglich zum Pass zu gelangen. In ihrem Rücken vernahmen sie fast den gesamten Weg über das unruhige, allmählich abebbende Grollen des Kriegers ...
Im Pass warteten gleich mehrere Überraschungen auf sie. Weil die Bahn der Sonne hier so niedrig verlief und das Grenzgebirge so hoch war, herrschte auf der Sternseite bereits seit einigen Stunden Nacht. Doch schon bald wurde ihnen klar, dass auf der Sonnseite die Dunkelheit erst vor Kurzem angebrochen war.
Der Trupp war noch keine volle Stunde auf einem kaum erkennbaren Pfad durch den Schutt und das Geröll zerschmetterter, von hoch oben herabgestürzter Felsen marschiert, als der Hohlweg plötzlich eine scharfe Biegung beschrieb. Sie folgten ihr und sahen vor sich ... die letzten schwindenden Strahlen des Sonnenuntergangs? Das war seltsam – bis Tzonov sich darauf besann, dass ein Tag und eine Nacht der Vampirwelt in der Welt, aus der er stammte, einer ganzen Woche entsprachen. Auf der Sonnseite war die Abenddämmerung gerade vorüber, nur ein letzter amethystfarbener Glanz am Horizont verriet, wo die Sonne gesunken war. So schwach dieser Schein auch sein mochte, zeichneten sich davor doch die Wände des Passes und der ferne Kamm eines hoch aufragenden Bergsattels ab; derart geriet er für Tzonovs Männer im wahrsten Sinne des Wortes zum »Licht am Ende des Tunnels«. Bisher hatte diese Welt, selbst der Pass zur Sonnseite, nur etwas Unheilvolles an sich gehabt, doch angesichts des schwachen Lichtstreifens fassten die Männer nun neuen Mut, sie begannen sich sogar, wenn auch im Flüsterton, miteinander zu unterhalten.
Bei der zweiten Überraschung, die sie erwartete, handelte es sich nicht um ein Naturereignis, sondern um ein aller Wahrscheinlichkeit nach von Menschenhand geschaffenes Artefakt. Was dies anging, hatte Tzonov, dem zumindest einige Dinge über die Vampirwelt bekannt waren, jedoch seine Zweifel. Schon seit einer ganzen Weile hielt er sich von Yefros fern und marschierte mit Krasin an der Spitze des Trupps. Nun rief er nach dem Lokalisierer, und im Schein ihrer Taschenlampen machten sie die groben Konturen eines Bauwerks aus, das sich vor ihnen erhob.
Hier, wo die Schlucht sich verengte und die Hänge fast lotrecht in die Höhe ragten, war eine Feste oder vielmehr ein Beobachtungsposten aus dem Fels des Osthangs gehauen, ideal gelegen, um den Pass zu bewachen. Vielleicht handelte es sich auch um eine Raststätte der Wamphyri, in der einst die von der Sklavenjagd heimkehrenden Leutnants auf dem langen Weg zurück zur Sternseite mit ihren Szgany-Gefangenen gelagert hatten. Soweit Tzonov wusste, waren die Letzten der Alten Wamphyri vor sechzehn Jahren untergegangen, als man von Perchorsk aus Atomraketen auf die Sternseite abfeuerte. Dann musste diese Festung also ein Relikt vergangener Zeiten sein und war längst nicht mehr in Gebrauch.
Andererseits jedoch ... hatte Tzonov dort hinten
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