Necroscope 8: BLUTFÜRSTEN (German Edition)
vielleicht sogar mehr.«
Schließlich gab Turchin nach. »Wie Sie wollen, einundzwanzig Tage. Und wann wird Ihr Trupp aufbrechen?«
»Morgen«, antwortete Goodly, »spätestens übermorgen.« Und obwohl er sich innerlich dabei wand, hing er verbissen einem flüchtigen Blick in die Zukunft nach, der ihm nicht aus dem Kopf ging. Morgen oder übermorgen muss es wohl sein. Danach wird es, soweit ich es im Moment überblicken kann, hier nicht mehr viel für uns geben. Jedenfalls nicht für mich und Zek ...
Dieses Gespräch fand gut und gern fünfzehn Stunden nach der Schlacht um den Zufluchtsfelsen statt. Keine allzu lange Zeitspanne, gemessen an den hektischen politischen und diplomatischen Aktivitäten im Anschluss an die Katastrophe von Radujevac. In der Vampirwelt dagegen währten diese fünfzehn Stunden sehr, sehr lange. Vieles ereignete sich dort, manches davon hatte mit Politik zu tun, aber herzlich wenig mit Diplomatie ...
Zirka zweieinviertel Stunden bevor Nathan und dessen Begleiter durch das Tor von Radujevac gingen, hatte Turkur Tzonov das Tor von Perchorsk passiert – gemeinsam mit Stabsfeldwebel Bruno Krasin und dessen leicht dezimierter Abteilung von dreizehn Mann, sofern man den weibischen, dafür jedoch umso sadistischeren Lokalisierer Alexei Yefros dazuzählte. Wäre es nicht um sein Talent gegangen, hätte er bestenfalls als überflüssiges Gepäckstück gegolten.
Logischerweise hätte man also annehmen können, dass sie auch als Erste eintreffen würden. Doch vor dem Hintergrund abstrakter Raum-Zeit-Mathematik gab es, berücksichtigte man die Komplexität weißer, grauer und schwarzer Löcher sowie von Dimensionstoren im Allgemeinen, genügend Abweichungsmöglichkeiten, dass sie als Letzte eintrafen. Selbst in der gewöhnlichen Alltagswissenschaft der Erde galt es als feststehende Tatsache, dass eine Gerade nicht unbedingt die kürzeste Verbindung zwischen zwei Punkten darstellt. Doch wie dem auch sein mochte, Tzonov und seine Männer waren zu Fuß unterwegs und mussten ihre Waffen tragen, während der Necroscope und seine Begleiter mitsamt ihrer Ausrüstung quasi wie auf einem »Förderband« von einer Welt in die andere gelangt waren.
Der Kampf von Nathans Gruppe mit dem Krieger Gorvis des Gerissenen und dessen Leutnants gehörte seit etwas über einer Stunde der Vergangenheit an, als Tzonovs Abteilung aus dem oberen der beiden Sternseitentore auftauchte und vom Kraterrand in einer vom Glanz der Sterne beschienenen Nacht auf die unheimliche, unheilschwangere Findlingsebene hinaustrat, über der ein schwaches blaues Leuchten lag. Das war Pech, aber Tzonov war von Anfang an klar gewesen, dass die Chancen, bei Sonnauf anzukommen, zwei zu eins gegen sie standen.
Andererseits waren Tzonovs Männer gut ausgebildet, und ihr egomanischer Anführer »wusste«, dass die Vampire und Kampfkreaturen der Sternseite gestoppt werden konnten. Alles, was man dazu brauchte, war genügend Feuerkraft, und die hatte er. Allerdings war der einstige Leiter des russischen E-Dezernats nicht unbedingt auf diese Art der Auseinandersetzung versessen, zumindest nicht zu diesem Zeitpunkt, und ganz gewiss nicht auf der Sternseite. Die Umstände hatten ihn dazu gezwungen, hierher zu kommen, weil ihm kein anderer Ausweg mehr geblieben war. Und dies wiederum hieß, dass sie sich so bald wie möglich durch den Großen Pass auf die Sonnseite in Sicherheit bringen mussten. Wollte man eine ganze Welt erobern und umstrukturieren, unterwarf man sich am besten ihre schwächsten Bewohner zuerst.
Tzonov wusste zwar so gut wie nichts über diese Vampirwelt, ihm war jedoch bekannt, dass sich das Tor in der Nähe eines durch das Grenzgebirge führenden Passes befand. Als er unten vor dem Kraterrand stand, beschirmte er mit der Hand die Augen vor dem Gleißen des Tores und ließ seinen Blick aufmerksam an der endlosen Reihe steil aufragender Bergspitzen und Hochplateaus entlangschweifen, die sich im Sternenlicht als dunkle Umrisse abzeichneten, bis er etwas weiter östlich einen tiefen Einschnitt erspähte. Dies musste der Pass sein, der das Gebirge durchschnitt. Krasin ließ seine mit einem Mal sehr schweigsamen Männer in drei Reihen antreten, und Tzonov wies ihnen die Richtung, die sie einschlagen mussten. Als sie losmarschierten, hielt Alexei Yefros sich ein Stück weit hinter dem Trupp an Tzonovs Seite.
Yefros, ein Frauenhasser, wie er im Buche stand, hatte ein schmales Wieselgesicht mit kleinen Vogelaugen, eine schmale Nase,
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