Necroscope 8: BLUTFÜRSTEN (German Edition)
Tücke einer Frau, die mein Egel um ein Vielfaches verstärkt! Und ich war nie ein Dummchen vom Lande, das kannst du mir glauben! Schon als Mädchen auf der Sonnseite tötete ich einen Leutnant, und kurz nachdem ich als Vampirin wiederauferstanden war, schaffte ich mir seinen Bruder vom Hals. Anschließend bemächtigte ich mich des Thrones von Karl dem Zacken. All dies nur mit Hilfe meines Verstandes, weil Muskelkraft allein nicht ausgereicht hätte. Und nun sag mir: Wer wäre in diesem Augenblick, wo ihr euch einer gewaltigen Übermacht gegenüberseht und alle Beharrlichkeit und Willenskraft der Welt euch nichts nützen würden, besser geeignet, euch zu führen, als ich? Die simple Wahrheit ist doch, dass keiner von uns über Erfahrung in der Kriegführung verfügt. In Turgosheim haben wir nämlich viel zu lange wie die Maden im Speck gelebt und beinahe vergessen, was Krieg überhaupt bedeutet! In den Jahren seit meinem Aufstieg hat es verdammt wenige Fehden gegeben, ganz zu schweigen von einem richtigen Krieg! Und es gibt keine zahmeren Geschöpfe als die Szgany, mit denen wir es dort zu tun hatten! Darum fügen diese Lidescis uns eine Schlappe nach der anderen zu – weil wir es gar nicht gewohnt sind, auf Widerstand zu treffen ...
Sie verstummte und musterte ihre Gefährten aus glutroten Augen. Ich habe gesagt, was ich zu sagen habe. Entweder ihr schließt euch mir an oder ihr ... geht unter und werdet morgen früh aufwachen, um festzustellen, dass euch die Sonne in die Augen scheint! Aber entscheidet euch rasch, denn wir sind gleich zu Hause, und ich muss meine Befehle erteilen. Dann werdet ihr schon sehen, ob ich einen Plan habe oder nicht!
Canker Canisohn war noch immer ganz benommen von dem Schlag, den er abbekommen hatte, aber nun meldete auch er sich zu Wort. Wratha, ich stehe hinter dir!, bellte es in ihren Gedanken. Mir brummt immer noch der Schädel, und ich kriege meinen Kopf nicht zusammen, aber wenn uns bisher etwas zusammengehalten hat, dann du! Wenn jeder von uns nur für sich allein vorgeht, sind wir verloren, so viel steht fest! Also was sollen meine Männer und ich tun? Ich erwarte deine Befehle, meine Lady!
Wratha wandte sich ab und ließ ihren Blick über die sich unter dem sternenbesäten Firmament jagenden Wolken schweifen. Dann sah sie wieder ihre Gefährten an, die finster in ihren Sätteln saßen, während sie dem Nordstern zustrebten, der als unverkennbare Landmarke über der Wrathhöhe stand, deren Umrisse sich nun vor dem bläulichen Flackern der Aurora abzeichneten. Schweigend, mit grimmigen Gesichtern glitten die Wamphyri-Lords mit dem Wind dahin, und noch dem Letzten unter ihnen war klar, dass Canker Recht hatte. Doch die Lady wollte es von ihren Lippen hören und in ihren Gedanken lesen. Und was ist mit euch? , fragte sie. Was haltet ihr davon? Was meint ihr dazu, Wran, Spiro, Gorvi? Werdet ihr standhalten wie Titanen oder euch zermalmen lassen wie Fliegen?
Wran hatte zwar seinen Stolz, aber er war kein Dummkopf. Darum knurrte er nach kurzem Zögern: Sag, was wir tun sollen, meine Lady!
So sei es!, krächzte Spiro. Widerwillig stimmte auch Gorvi zu: Jeder Plan ist besser als keiner!
Wratha blieb keine Zeit, die Tatsache auszukosten, dass sie sich ihr unterwarfen und eingestanden, dass sie auf ihre Fähigkeiten als Anführerin angewiesen waren. Falls überhaupt irgendetwas, dann empfand sie Erleichterung, aber keinen Triumph, und so versagte sie sich jede Schadenfreude, als sie in kurzen Worten umriss, was sie vorhatte. Na schön! Hört zu: Ich bin überzeugt davon, dass Vormulac höchstens noch anderthalb Stunden entfernt ist. Wenn ihr jede meiner Anweisungen aufs Wort befolgt, haben wir vielleicht eine Chance, den ersten Angriff zu überstehen. Was danach kommt, liegt allein in der Hand des Schicksals, sofern ihr daran glaubt. Ich für mein Teil glaube an mich selbst – und das solltet ihr ebenfalls tun! Wir sollten folgendermaßen vorgehen ...
Während die Wrathhöhe immer höher vor ihnen aufragte, erklärte sie ihnen in groben Zügen, was sie tun mussten, um zu überleben.
Kurz darauf lösten sich einige handverlesene Leutnants und Krieger aus dem Hauptverband und schwangen sich hinab zu den über die Sternseite verstreuten, rußgeschwärzten Stümpfen eingestürzter Felsentürme, deren Namen seit langem vergessen waren. Wenig später langten Wratha und die anderen an der Wrathhöhe an. Doch noch ehe sie zur Landung in ihren jeweiligen Landebuchten ansetzten, war die
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