Necroscope 8: BLUTFÜRSTEN (German Edition)
noch, ich beneide sie um das, was sie hier gehabt hat und dem wir jetzt ein Ende bereiten müssen. Denn auch sie trägt die Verderbnis in sich, und wenn schon nicht Wratha die Auferstandene, so doch gewiss ihre Abtrünnigen. Der Hunde-Lord Canker Canisohn zum Beispiel. Er ist doch eher ein Tier als ein Mann. Und was die Gebrüder Todesblick betrifft – nun, sogar der grauenhafte Blick ihres Vaters war eine Waffe! Und ...«
»... und«, warf Vormulac ein, »Wrathas unterworfenen Szgany zufolge soll Spiro nun den bösen Blick des alten Eygor geerbt haben!«
Devetaki zuckte die Achseln. »Wen überrascht das noch? Und was ist mit Vasagi dem Sauger und seinem außer Kontrolle geratenen Knochenwachstum, seiner unglaublichen Mimik, seinen telepathischen Fähigkeiten und Wandlungskünsten? Ich bin froh, dass er nicht mehr unter uns weilt, und dies nicht nur deshalb, weil er mein Feind war! Wieso auch? Wir sind doch alle selbst unsere schlimmsten und dazu noch äußerst gefährliche Gegner! Aber bei Weitem nicht so gefährlich wie das, was ich aufgezählt habe.«
Vormulac nickte. »Aye, wir sind uns selbst unsere schlimmsten Gegner! Das ist nichts Neues, es ist noch nie anders gewesen. Das ist es doch, worum sich der ganze Zolteismus überhaupt dreht! Unseren Egeln ihre Bedürfnisse zu versagen und uns wie Menschen zu benehmen? Dabei können wir niemals Menschen sein, weil wir nun mal Wamphyri sind! Der alte Maglore hat Recht. Einmal sagte er mir:
›In Wirklichkeit sind gar nicht wir die Herren. Wir sind nur die Sklaven unserer Parasiten. In Turgosheim würde nur ein Blinder oder ein Narr die Frage stellen, weshalb Wesen, die eine so lange Lebensspanne haben wie die Wamphyri, für gewöhnlich so früh sterben! Das ist nun einmal unsere Natur: Eifersucht, Hass und Begierde bestimmen unser Leben – und natürlich das Blut!‹«
Einen flüchtigen Augenblick lang wirkte Lord Ohneschlaf erschöpft. Doch dann straffte er sich. »Allerdings scheint mir, dass Maglore sich durchaus mit seinem Schicksal abgefunden hat. Denn ich entsinne mich auch, dass er weiter sagte – und ich glaube, darin stimme ich mit ihm überein: ›So sei es! Vielleicht sollten wir es einfach dabei belassen ...‹ Nun, vielleicht sollten wir das!«
Devetaki schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht! Besser wir räumen damit ein für alle Mal auf und fangen dann hier in diesen unverdorbenen westlichen Regionen ganz neu an ...« Oder vielleicht auch anderswo, weit weg, an einem Ort, an dem so gut wie niemand an Vampire glaubt und das Blut von Mensch und Tier gleichermaßen süß und rein ist. Diesen Gedanken behielt sie allerdings wohlweislich für sich.
»Aufräumen?« Er blickte sie an, wie um abzuwägen, was sie damit meinte. »Wie? Wann und wo?«
»Hier und jetzt! In allen zukünftigen Schlachten, wann immer sich die Gelegenheit ergibt!«, erwiderte die jungfräuliche Dame, indem sie ihn beiseite zog, weg von seiner Armee, deren diverse Truppenteile hier lagerten. Mit gedämpfter Stimme sagte sie: »Mein Lord Vormulac, auch wir tragen die Fäulnis in uns. Du musst mir glauben, dass dies nichts Persönliches ist; aber die Lady Zindevar ist der Inbegriff der Verderbnis, wie überhaupt jede Kreatur, die sich in einem solchen Ausmaß gegen die Natur vergeht.«
»Eh? Das sehe ich etwas anders. Es hat stets Frauen gegeben, die sich zu Frauen hingezogen fühlen.«
»Das mag ja sein, aber starke Männer entstehen auf diese Art gewiss nicht. Und du darfst nicht vergessen, dass sie nicht irgendeine Untergebene ist, sondern eine Anführerin.«
»Bist du sicher, dass hier nicht dein Parasit aus dir spricht, Devetaki? Kann es sein, dass du Zindevar das ein oder andere neidest? Ihre Stätte in Turgosheim vielleicht?«
»Ich und Zindevar etwas neiden? Du glaubst, ich sei neidisch auf Greisenfried, wo ich doch die Maskenstatt habe?« Devetaki schüttelte den Kopf. »Lass mich einfach fortfahren, damit ich dir die Augen öffnen kann über diese ... diese schleichende Krankheit, die uns befallen hat und uns von Mal zu Mal tiefer trifft.« Sie schwieg einen Moment.
»Sieh dir doch nur einmal Wamus an! Er hat seine Blutsöhne mitgebracht, und beide sind sie genau wie ihr Vater eher Fledermäuse als Männer! Das ist wider die Natur, Vormulac – selbst wider die Natur der Wamphyri! Und was ist mit Lom dem Halbstarken, der seine Fäuste auf dem Boden hinter sich herschleift? Oder Grigor Haksohn und dem Schwarzen Boris, deren Geilheit ...«
Abermals fiel Vormulac
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