Necroscope 8: BLUTFÜRSTEN (German Edition)
ihn vorzubringen haben!
Erstens: Nathan hat bei den lügnerischen Thyre gelebt und zweifelsohne viel von ihnen gelernt. Zweitens: Er hat sogar bei den Wamphyri gelebt und auch dies überstanden. Ob allerdings völlig unversehrt ...? Drittens: Er kehrte auf einem Flugrochen der Wamphyri aus dem Osten zurück ... und unsere lebenden Nachkommen – Narren, die sie sind – nahmen ihn wieder bei sich auf! Viertens: Sein Bruder ist ein Vampirlord und seine Neffen Werwölfe! Fünftens: Nun sind ihm auch noch seine Gebieter gefolgt, die Wamphyri aus dem Osten, und wüten auf der Sonnseite unter unseren Kindern! Ist dies etwa ein Zufall? Ich glaube nicht! Dieser Nathan bringt uns nur Unglück!
Jasef schwieg nachdenklich.
Wir dürfen kein Risiko eingehen, fiel die zittrige Stimme abermals ein. Wir können es nicht wagen, mit ihm zu sprechen. Dann kennt er uns, unsere Gräber, unsere Särge und Urnen und weiß, wo er uns findet. Vorerst sollten wir alles beim Alten lassen. Später vielleicht, wenn wir sehen, dass ...
Damit ist die Sache entschieden, schnitt ihm das selbst ernannte Sprachrohr das Wort ab. In seiner Stimme schwang Befriedigung mit. Jasef, du wirst nicht mit diesem Nathan Kiklu sprechen, bei Strafe von ...
... bei Strafe von gar nichts!, fauchte Jasef ihn an. Denn jetzt weiß ich endlich, wer du bist!
Du ... weißt, wer ich bin? Der Sprecher der großen Mehrheit klang nun nicht mehr ganz so selbstsicher. Dennoch polterte er los: Was meinst du damit? Woher willst du mich kennen?
Ich weiß, wer du bist, erwiderte Jasef Karis schneidend. Aye, denn ich erkenne deine Stimme, so wie ich sie im Leben gekannt habe vor all den Jahren – Arlek Nunescu!
Aber ich ... ich ...
Als du noch lebtest, warst du ein Verräter und Feigling, und im Tod bist du es ebenfalls, wie mir scheint. Wo hast du dich versteckt gehalten, Arlek? Arlek Nunescu, der seinen Stammesführer an Shaithis von den Wamphyri verkaufen wollte!
Das ist eine Lüge, schrie Arlek. Der alte Narr lügt!
Mag sein, dass ich ein alter Narr bin. Manch einer hielt mich zumindest dafür. Aber ein Lügner? Niemals! Du bist derjenige, der Lardis Lidesci an Shaithis verkaufen wollte. Unmöglich, dass ich mich irre, denn ich war dabei! Der feige, verbohrte, machtlüsterne Arlek Nunescu! Nun erinnere ich mich: Du wolltest Lardis aus dem Weg schaffen, um selbst den Stamm anzuführen und ein Tributant der Wamphyri zu werden! Mehr noch, ich war dabei, als Lidesci dich für deinen Verrat bestrafte. Aber wenigstens erlöste er dich von deinem Elend, ehe er dich in das reinigende Feuer warf!
Das ist ... nicht wahr!, schluchzte Arlek erstickt.
Doch, es ist wahr! Im Leben warst du ein Feigling, und im Tod bist du es noch immer. Möchtest du immer noch ein Tributant der Wamphyri werden, Arlek? Gibst du immer noch so leicht auf? Oder willst du es Lardis womöglich heimzahlen, selbst nach all den Jahren noch? Willst du ihn am Boden sehen und jeden einzelnen Szgany mit ihm, weil du getötet wurdest – für deinen Verrat?
Während Arlek vor sich hinschluchzte, wollte die zittrige Stimme, die nun gar nicht mehr so zittrig klang, wissen: Es ihm heimzahlen, wie denn?
Indem er uns von dem einzigen Mann fernhält, der in der Lage ist, unsere Kinder zu retten!, donnerte Jasef, obwohl er körperlos war. Indem er uns den Umgang mit dem Necroscopen Nathan verwehrt!
Nun konnte Nathan nicht länger an sich halten. »Hab Dank, Jasef«, meldete er sich offen zu Wort und spürte geradezu die Erschütterung, die durch die Reihen der Toten lief. »Ich kenne dich zwar nicht, aber irgendetwas sagt mir, dass ich eigentlich wissen müsste, wer du bist. Sobald ich Gelegenheit dazu habe, werde ich dich persönlich aufsuchen und mich in aller Form vorstellen. Was auch immer du mir mitteilen möchtest, kann sicher bis dahin warten. Bis dahin dürften die Toten auch die Erfahrung gemacht haben, dass sie mir trauen können.«
Einige von uns vertrauen dir bereits jetzt, mein Sohn!, sagte eine Stimme, die bislang noch nicht gesprochen hatte. Sie klang ein bisschen unsicher, so als gehöre sie jemandem, dem dies alles noch etwas fremd war. Und zwar diejenigen unter uns, die ... in der Schlacht gefallen sind. Es hat lediglich eine Weile gedauert, bis wir es begriffen haben – unsere Situation, meine ich. Aber uns ist klar, dass einige von uns wahrscheinlich noch am Leben wären, wenn du schon etwas früher bei uns gewesen wärst. Jene anderen hier, diese, wie soll ich sie nennen – Ewiggestrigen?
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