Necroscope 8: BLUTFÜRSTEN (German Edition)
– haben vergessen, was sie einstmals im Leben hatten, und akzeptieren alles, was sie hier umgibt. Darum haben sie Angst, dies könnte ihnen auch noch genommen werden! Aber wir Neuen hier wissen im Grunde, dass wir nicht mehr das Geringste zu verlieren haben – abgesehen von der Verbindung zu allem, was wir zurücklassen mussten. Das wollen wir ganz gewiss nicht aufs Spiel setzen. Und diese Verbindung, Nathan, nun ... das bist du!
Aus etwas weiterer Ferne und doch kräftig wie eh und je erschollen weitere Stimmen: Aye, und es gibt noch andere, Nathan, die ihr Vertrauen in dich setzen, Männer, die sich vor nichts fürchteten. Wenn dieser alte Fuchs Lidesci nichts gegen dich hat, dann wir erst recht nicht! Wenn es dich nicht gäbe, wen hätten wir denn schon, um uns über das, was Andrei so treibt, auf dem Laufenden zu halten, eh? Wir haben keine Ahnung, wie es sich mit den anderen hier verhält, aber gib wenigstens uns eine Chance, den Kontakt zu den Lebenden zu halten. Wir werden sie ergreifen, koste es, was es wolle!
Es waren die toten Romani-Brüder Ion und Franci, die sich von ihrem bei Siedeldorf gelegenen Höhlengrab aus an Nathan wandten. Wir hätten schon viel früher etwas gesagt, aber bei dem, was wir hörten, konnte einem ja übel werden! Aber da es dir anscheinend nichts ausmacht, zu diesem Pöbel zu sprechen, dich ihnen zu zeigen und etwas auf ihre angeblichen ›Vorwürfe‹ zu erwidern – nun, da scheint es doch nur recht, wenn wir auch ein Wörtchen mitreden. Wir sind die Romanis, das heißt früher einmal waren wir es, und wir stehen auf deiner Seite!
Die Toten befanden sich mittlerweile in hellem Aufruhr und waren in zwei Lager gespalten. Selbst die Geister der Trogs von der Sternseite fielen ein, die in mancherlei Hinsicht größere Ähnlichkeit mit den Menschen als mit den Thyre aus der Wüste hatten.
Vor tausend Sonnaufs, begann einer dieser Neanderthaler mit einem kehligen Grunzen, riefen uns Nathans Vater und sein Bruder, der Herr des Gartens, aus den Nischen in unseren Höhlen hervor, um für sie zu kämpfen. Unsere Gelenke wurden wieder geschmeidig und unsere Haut gab nach, ohne aufzuplatzen. Aber dennoch empfanden wir einen Schmerz dabei, wie ihn keiner von uns im Leben je kannte, und ein Grauen, das schlimmer war als der schlimmste Albtraum! Ich für mein Teil möchte nichts von diesem Nathan wissen; denn seinen Vater zu kennen, hieß, ihn zu lieben ... und den Necroscopen zu lieben, war gleichbedeutend damit, seine Wünsche zu erfüllen. Nun habe ich genug vom Umherwandeln, Luftholen und so weiter. Mir genügt es, in der Erde zu liegen, langsam zu Stein zu erstarren und dabei meinen allmählich verblassenden Träumen nachzuhängen.
Doch eine weitere Trogstimme brachte es auf den Punkt: Das sagt noch nicht einmal die Hälfte von allem. Ziemlich viele von uns folgten dem Ruf des Necroscopen – und zwar aus freien Stücken! Warum auch nicht? Von klein auf waren wir Sklaven der Wamphyri gewesen. Und wie sie mit uns umsprangen! Sie sandten uns gegen den Herrn des Gartens, dafür hätte er uns strengste Strafen auferlegen können. Doch stattdessen sagte er nur: ›Bleibt bei mir und genießt meinen Schutz!‹ Nachdem wir dann tot waren und die Wamphyri ihn angriffen und Harry Herrenzeuger und sein Sohn, der Wechselbalg, sagten: ›Steht auf – erhebt euch aus der Erde und kämpft gegen die, die euch töteten‹ – nun, da gab es kein Halten mehr! Wir kämpften nicht für den Necroscopen und seinen Sohn, sondern um unseren Stolz und unsere Seelen zurückzugewinnen. Und ja, es war schmerzhaft! Aber wenn ihr mich fragt, dann sage ich euch, das war gar nichts! Ich würde es jederzeit wieder tun, heute, jetzt, in diesem Augenblick! Die Szgany nennen uns Halbmenschen. Aber als der Necroscope uns aus der Erde rief, um gegen die Wamphyri zu kämpfen ... da waren wir Männer!
Ihr Trogs seid Männer, das steht außer Frage!, sagten Ion und Franci Romani gleichzeitig. Damals habt ihr wie Männer gekämpft! Wir hatten einen gemeinsamen Gegner, die Wamphyri, und auch ein und dieselben Anführer: Harry Keogh und seinen Sohn, den Wechselbalg. Und nun steht hier Nathan, ebenfalls ein Sohn des Necroscopen, nur der Gegner ist derselbe geblieben.
»Nun ja«, meinte Nathan, noch immer träumend. »Dem mag wohl so sein. Doch diesmal sind es nicht nur die Wamphyri. Männer aus einem fernen Land sind auf die Sternseite gekommen, und einige von ihnen sind ebenso große Ungeheuer wie die Vampirlords! Zwar
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