Necroscope 8: BLUTFÜRSTEN (German Edition)
meinem Rudel haben gesehen, wie er in den Überresten seiner eigenen Artgenossen wühlte, um ...
»Ich weiß«, unterbrach Nathan ihn. »Ich weiß ... was Nestor tut. Ich weiß, was er ist: ein Nekromant! Ich hörte es bereits vom alten Lidesci. Aber Nestor ... kann nichts dafür. Und was sein Jagen angeht – auf mich hat er ebenfalls Jagd gemacht! Er nahm mich sogar gefangen, zumindest vorübergehend.«
Ist das der Grund, weshalb du weg warst?
»Ja, ich war eingesperrt und wurde an einem unheimlichen Ort gefangen gehalten. Schließlich gelang es mir, unversehrt zu fliehen. Aber ...« Nathan vermochte nur die Achseln zu zucken und nochmals zu sagen: »Nestor kann nichts dafür. Man kann ihn nicht dafür verantwortlich machen.«
Natürlich nicht: Er ist ein Wamphyri!
Das saß. Blesse merkte, dass seine Bemerkung Nathan wie ein Pfeil mitten ins Herz drang. Es tut mir leid, Onkel ...
Mir auch, sagte eine andere Stimme. Es war Grinser.
Und mir ebenfalls. Dies kam von Stutz, allerdings ganz schwach und aus weiter Ferne, von den Höhen jenseits des Großen Passes auf der Sternseite.
Eine Zeit lang schwieg Nathan und ließ sich alles noch einmal durch den Kopf gehen, was Blesse ihm erzählt hatte. Schließlich fragte er: »Welchen Rat hat eure Mutter euch damals gegeben, als ihr sie an dem Ort aufsuchtet, an dem ihre Knochen bleichen?«
Sie war diejenige, die uns sagte, wir sollten das Rudel aufteilen, erwiderte Blesse. Es war ein weiser Ratschlag. Seither haben wir es so gehalten. Und eine Zeit lang ging es auch ganz gut. In geringerer Anzahl konnten wir uns eher verstecken, wenn die Vampire kamen, um uns zu jagen. Doch nun, wo diese Neuankömmlinge aus dem Osten hierher strömen ... werden sie wohl in Scharen Jagd auf uns machen!
»Bis auch ihre Anzahl sich verringert«, nickte Nathan. »Und wir haben bereits damit begonnen.«
Voller Eifer meldete Grinser sich erneut zu Wort, und beinahe konnte Nathan die entblößten, von Geifer triefenden Fänge weiß im Sternenlicht glänzen sehen. Ich für mein Teil kann dies nur bestätigen! Ich bin hier in den Bergen zwischen Zwiefurt und dem Großen Pass und sah, wie die Wamphyri sich einer Wolke gleich aus dem letzten Felsenturm erhoben und gen Westen, Siedeldorf oder dem Zufluchtsfelsen zustrebten. Oh ja, aber als sie zurückkehrten, glichen sie einer reichlich ausgefransten Wolke!
Und ich sah die Feuerbrände der Schlacht auflodern, fiel Blesse ein, von der Begeisterung seines Bruders mitgerissen. Donner und Feuerschweife am Himmel und ein Getöse, als würden die Felsen einstürzen!
Nathan lächelte kalt. »Oh ja, diesmal haben sie einiges abbekommen!«
Wie jedes Mal von nun an?
»Hoffen wir es! Gebt mir Nachricht, wenn ihr etwas Neues erfahrt oder euch in Schwierigkeiten befindet! Und vergesst nicht, was ich euch gesagt habe: Von nun an gehen wir gemeinsam gegen sie vor. Habt acht und beobachtet die Wamphyri wachsam. Ihr seid die Augen des Habichts, und die Szgany seine Klauen!«
Und was ist mit dir Nathan? Welche Aufgabe ist dir zugedacht? Was wirst du sein? Der Schnabel des Kriegsvogels?
»Das will ich doch hoffen, aye!«
Wir werden Wache halten. Ein Wolfsnicken, gefolgt vom Aufblitzen einer Blesse. Genug für den Augenblick! Doch ... ich muss dich warnen. Sei vorsichtig, wenn du mit den Toten sprichst. Auch Nestor verfügt über diese Gabe. Nur bei ihm ist es ... anders: das Gleiche und doch nicht dasselbe! Ähnlich wie das Licht des Mondes und das der Sonne: Das eine ist warm und das andere kalt. Nestor hört die Gedanken der Toten und belauscht sie, wenn sie sich unterhalten – und auch dich , wenn du mit ihnen sprichst! Selbst jetzt, in diesem Moment, könnte er lauschen. Ich bin mir sogar sicher, dass er es tut!
Nathan war mit einem Mal gespannt wie ein Bogen und ließ seine Gedanken durch den Äther schweifen. Weit im Norden, auf der Sternseite ... war dies eine Präsenz, die da lauschte? Falls ja, hielt sie sich im Verborgenen, was an sich schon verdächtig war. Nathan nickte grimmig. »Ich werde daran denken. Aber vorerst lebt wohl!«
Weit entfernt wedelte irgendwo ein Stummelschwanz, und ein leises Flüstern drang zu Nathan: Gib auf dich Acht, Onkel! Das war Stutz.
Oh ja!, fiel Grinser ein, der kein Freund großer Worte war. Damit waren sie verschwunden.
Doch Nathan war nicht allein, wie er wohl wusste ...
ZWEITES KAPITEL
Misha war mittlerweile ebenfalls in tiefen Schlaf gesunken. Sie hielt Nathan fest umklammert und schmiegte sich
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