Necroscope 8: BLUTFÜRSTEN (German Edition)
Siedeldorf hatten sie nicht angegriffen. Jedenfalls damals nicht!
Und während die Szgany Lidesci sich in den Wäldern verteilten, waren Lardis und eine kleine Gruppe kampferfahrener Männer aufgebrochen, um sich mit Harry Keogh, dessen Sohn, dem Herrn des Gartens, und Lady Karen im Garten des Herrn zu beraten. Doch als sie eintrafen, war es zu spät. Karen und der Necroscope waren bereits in Kämpfe verwickelt, und der Herr des Gartens und sein Rudel waren nichts als ... Wölfe.
Aber wenigstens hatten Lardis, Andrei Romani und eine kleine Handvoll weiterer Männer das Ende mitbekommen, das gleißende Leuchten in der Nähe des Sternseitentores, den gewaltigen Donnerschlag, der das Gebirge in seinen Grundfesten erschütterte, das unheimliche Wetterleuchten und die riesige, brodelnde, wie ein Pilz geformte Wolke, aus der rote und gelbe Flammen schlugen, während sie nickend immer höher in den Himmel wuchs. Und dazu der warme Wind, der durch den großen Pass von der Sternseite herüberwehte und eine schleichende Krankheit, in manchen Fällen gar den Tod mit sich brachte.
Doch letztlich war dies nur ein geringer Preis gewesen; es hatte zwar das Ende bedeutet, allerdings dasjenige der Wamphyri! Denn die Letzten der Vampirlords hatten sich dort aufgehalten, inmitten des mit einem Mal aufflammenden Feuerballs! Shaitan der Ungeborene und dessen Nachkomme Shaithis mochten die Eislande überlebt haben, aber diesmal entkamen sie nicht. Sie und die ihren wurden von der entfesselten Urgewalt in Stücke gerissen, und nichts blieb von ihnen übrig. Leider erging es Harry und Karen und dem Herrn des Gartens nicht anders. Und vierzehn glückliche Jahre lang hatte es keine Wamphyri mehr gegeben ...
... bis Wratha und ihre Abtrünnigen aus dem Osten auftauchten und mit ihren Plünderungen begannen.
All dies gab Lardis in dieser Nacht abermals zum Besten. Er erzählte es Nathan und dessen Gefährten aus den Höllenlanden und überhaupt jedem, der es hören wollte, während die Szgany Lidesci bei Sternenlicht einem uralten Waldweg folgten, der sie in südsüdwestlicher Richtung vom nunmehr verlassenen Zufluchtsfelsen wegführte.
»Damals wart ihr gerade mal vier«, sagte Lardis nach langem Schweigen zu Nathan, »du und Nestor. Mein Jason war ein kleines bisschen jünger, und Misha Zanesti ebenfalls. Du erinnerst dich wahrscheinlich nicht mehr daran, aber du kannst deine Mutter fragen! Ich hatte den Stamm in kleine Gruppen aufgeteilt und in die Wälder geschickt. Nana hatte einen kräftigen Mann bei sich, ihre beiden Söhne – also dich und Nestor – und Jasef Karis, den alten Seher. Jasef holte sich dabei den Tod. Er war schon alt, und in Siedeldorf hatte ihn Nanas Pflege verweichlicht.«
Jasef Karis! Mit einem Schlag kehrte die Erinnerung an Nathans »Traum« zurück.
»Lardis!«, sagte er, und es klang so verwundert, dass der alte Lidesci sofort stehen blieb, als Nathan ihn am Arm ergriff. »Wenn ich dir einen Namen nenne ...?«
»Eh, einen Namen? Was für einen?«
»Arlek Nunescu!«
»Ha! Wo hast den denn her? Das würde mich interessieren. Arlek Nunescu war ein Verräter! Um ein Haar hätte er mich – uns, uns alle – an Lord Shaithis von den Wamphyri verkauft! Aber Jazz Simmons und ich, wir kamen ihm auf die Schliche. Nun, es waren damals raue Zeiten, und man kannte nur eine Art, Gerechtigkeit zu üben. Arlek bezahlte dafür, und zwar den vollen Preis! Was ist mit ihm?«
Nathan schüttelte den Kopf. »Nichts.« Gleichwohl bestätigte es ihm, was er geträumt hatte. »Und dieser Jasef Karis? Meine Mutter kümmerte sich um ihn, sagst du?«
»Oh ja! Jasef war ein alter Gedankendieb, ein Seher und Mentalist. Wer weiß, vielleicht steckte etwas von den Wamphyri in ihm, allerdings reichlich verwässert. Er starb an dem Morgen, als am Tor auf der Sternseite das Höllenfeuer losbrach. Aber weshalb willst du das alles wissen?«
»Es würde zu weit führen, das jetzt zu erklären«, entgegnete Nathan. Außerdem waren sie von zu vielen von Lardis’ Männern umgeben, die vielleicht besser nicht an Nathans anderes Talent erinnert wurden, nämlich daran, dass er – selbst im Schlaf noch – mit den Toten zu reden vermochte! Dass er sich innerhalb eines einzigen Augenblicks von einem Ort an einen anderen begeben konnte, war, hm, gar nicht so übel, denn schließlich kam es ihnen ja zugute. Selbst ein Narr musste das einsehen! Aber das andere, was er da machte ... nun, das stand auf einem anderen Blatt.
In der Düsternis des
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