Necroscope 8: BLUTFÜRSTEN (German Edition)
Blick.
Der Hellseher zuckte die Achseln, ihm schien irgendwie unbehaglich. »Ich habe mir nur betrachtet, was unbedingt notwendig war«, kreischte er. »Ich habe noch nie Vertrauen in die Zukunft gesetzt und habe auch nicht vor, jetzt damit anzufangen. Verlange nicht von mir, in die Zukunft zu blicken, Ben – und schon gar nicht an diesem Ort! Aber du weißt, dass du dich auf mich verlassen kannst, wenn ich gebraucht werde.«
Der nachdenkliche Ausdruck wich nicht von Trasks Gesicht. »Demnach hätte Harry Keogh, als er damals durch das Tor von Perchorsk floh – oder vielmehr einen potenziellen Ansteckungsherd aus unserer Welt entfernte –, eigentlich auch das Tor in Rumänien ein weiteres Mal benutzen können?«
»Ja«, erwiderte Zek.
Trask nickte. »Dann gehe ich davon aus, dass er es wohl doch wusste! Aber er war ein Wamphyri und stur genug, es auf seine Art zu versuchen, obwohl – oder vielleicht auch gerade weil – für ihn nicht die geringste Chance bestand. Was für ein Abgang: Auf einem schweren Motorrad, und er ruft der ganzen Welt zu ›Ihr könnt mich mal‹!«
»Ha!«, knurrte Lardis anerkennend. »Das sieht ihm ähnlich! Das ist der Harry Höllenländer, den ich kenne!«
»Ich sage euch, was ihm ähnlich sieht«, fuhr Trask fort. »Wenn Harry über die Tore Bescheid wusste, falls er es nur tief im Innersten vermutete, wie er so vieles einfach intuitiv begriff, dann war das, was er tat – nämlich dass er beide Tore benutzte und damit hier festsaß –, die einzige Möglichkeit, sicherzustellen, dass er die Plage des Vampirismus niemals auf unsere Erde einschleppen würde. Ein derartiges Opfer – das sieht Harry ähnlich!«
Nach einem Moment des Schweigens fragte Goodly: »Glaubst du, der Herr des Gartens stellte es so an? Dass er auf diese Weise zwischen dieser und unserer Welt regelmäßig hin und her pendelte?«
»Nein.« Nathan schüttelte den Kopf. »Der Herr des Gartens entdeckte Starside – kam hierher und lebte hier –, noch bevor überhaupt die Rede von einem Tor in Perchorsk war. Der Herr des Gartens verfügte eben über außergewöhnliche Fähigkeiten. Im Möbiuskontinuum zum Beispiel wusste er, in welcher ... in welcher Richtung ein x-beliebiger Ort lag, sogar bei Paralleluniversen.«
Er blickte Zek und Goodly an und fragte beinahe vorwurfsvoll: »Warum seid ihr hierhergekommen? Daraus könnten sich – wie soll ich sagen – Schwierigkeiten ergeben!«
Goodly erklärte den Grund ihres Hierseins, oder vielmehr die Gründe. Erstens hatte er es so kommen »sehen«, und zweitens wollten sie ihre Kenntnisse und Talente im Kampf gegen die Wamphyri einsetzen.
Außerdem hatten sie Waffen mitgebracht und eine Warnung – nämlich dass Turchin in zweieinhalb bis drei Sonnseitentagen das Tor von Perchorsk für immer verschließen würde. Und zudem noch eine weitere, zwar etwas anders gelagerte, dafür jedoch nicht minder bedeutsame und ganz gewiss ebenso unheilvolle Warnung: Geoffrey Paxton war Nathan und den anderen nach Starside gefolgt, um seine telepathischen Fähigkeiten, die ihm »geraubt« worden waren, zurückzugewinnen.
»Allerdings bereitet uns die Art, wie er sie zurückgewinnen möchte, Sorgen«, meinte Goodly düster. »Denn, seht ihr, unsere schlimmsten Befürchtungen haben wir Turchin gar nicht erst mitgeteilt: Wir glauben, dass Paxton ein Wamphyri werden will!« Er zuckte hilflos die Achseln. »Davon müssen wir ausgehen. Wir ließen Paxtons Wohnung von einem Empathen absuchen, um einen Eindruck von seinem psychologischen Profil zu gewinnen. Paxton leidet, einfach ausgedrückt, an einem Harry-Keogh-Wahn! Einerseits hasst er wegen dem, was Harry mit ihm anstellte, den bloßen Gedanken an ihn und alles und jeden, der mit ihm zu tun hat; auf der anderen Seite jedoch liebäugelt er mit der Macht des Necroscopen. Harry Keogh war ein Telepath, er verfügte über die Fähigkeit der Teleportation und wurde schließlich zum Vampir. Paxton will den umgekehrten Weg gehen: Er will ein Vampir werden, seine telepathischen Kräfte zurückgewinnen und Nathan dazu benutzen, Zutritt zum Möbiuskontinuum zu erlangen. Er ist geradezu davon besessen ...«
»Machtbesessen!«, nickte Trask. »Das war er schon immer, von Anfang an. Dabei ist er noch gar kein Wamphyri! Das muss man sich einmal vorstellen: Sollte er tatsächlich all die Dinge bekommen, nach denen er sich verzehrt, und dann damit in unsere Welt zurückkehren – dann bekämen wir einen blutgierigen Herrscher! Gott helfe uns,
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