Necroscope 8: BLUTFÜRSTEN (German Edition)
stellst dich zwischen ihn und einen Blutkrieg!«, fuhr sie ihn an: »Ganz recht! Und jetzt troll dich!«
Lardis verzog sich meckernd. »Ha! Sie ist genau wie seine Mutter. Der arme Kerl, wie es aussieht, sind sture Weiber sein Schicksal!«
Tatsächlich jedoch tat Misha in mehr als nur einer Hinsicht instinktiv genau das Richtige. Denn in ebendiesem Augenblick, noch während Nathan schlief, nahmen die Dinge Gestalt an; die Träume des Necroscopen waren nämlich anders als diejenigen gewöhnlicher Menschen ...
*
Zunächst hatten die Lebenden wie auch die zahllosen Toten Nathan seinen Frieden gelassen, nach dem er sich so sehr sehnte. Denn nicht anders als Misha spürten sie, wie sehr er seinen Schlaf nötig hatte, um wieder zu Kräften zu kommen, sowohl körperlich als auch geistig, und sich von den Anstrengungen und Verlusten der vergangenen Tage zu erholen, sich an alles neu zu gewöhnen und sein inneres Gleichgewicht wiederzuerlangen. Doch Nathan hatte die Wüstenbewohner, die Thyre, um einen Gefallen gebeten. Sie hatten darüber beratschlagt und wollten ihm nun ihre Antwort zukommen lassen. Die grauen Brüder der Wildnis hielten auf sein Geheiß Wache und hatten Neuigkeiten für ihn. Außerdem war da noch eine Hand voll ruheloser Toter, die auf keinen Fall länger warten wollten. Sie mussten ihn unbedingt sprechen, und zwar sofort.
Nathaaan! Es war die Stimme Thikkouls, des seit Langem verstorbenen Sterndeuters der Thyre, der aus den Sternen die Zukunft las. Auch für Nathan hatte er einst in die Zukunft gesehen (und auch wenn er alles sehr indirekt vorhergesagt hatte, war es doch genau so eingetroffen), sodass der Necroscope sich vor ihm in Acht nahm, oder wenn schon nicht vor ihm, so doch vor seinem Talent oder vielmehr vor der Zukunft selbst, die sich als ebenso unveränderlich erwiesen hatte wie die Vergangenheit. Ob mit oder ohne Sterne oder jemanden, der darin zu lesen verstand, blieb die Zukunft eine trügerische Angelegenheit. Denn wie die Dinge sich ereignen würden, war nicht immer deutlich.
Nathan, sagte Thikkoul, dein Geist war völlig leer, darum wusste ich, dass du tief und fest schläfst. Doch nun, wo du an Kraft gewinnst, wirbelt dein Zahlenstrudel umher wie zuvor. Ich weiß, dass du mich hörst, wir müssen miteinander reden! Und da deine wachen Stunden mit Arbeit angefüllt sind, komme ich wie bisher ...
... in meinen Träumen zu mir, antwortete Nathan. Ja, ich höre, was du sagst.
Und du weißt auch, weshalb ich mich an dich wende?
Um mir die Zukunft zu zeigen, ja – obwohl wir nichts daran ändern können.
Thikkoul schien atemlos. Nathan, seit Kurzem ... gibt es einige beunruhigende Omen! Auch ich habe Träume, aber ich verstehe nicht, was ich darin sehe. Du kannst meine Augen ersetzen und mir noch einmal die Sterne zeigen. Vielleicht komme ich dann dahinter, was sie bedeuten.
Hältst du es für so wichtig?
Ja, das tue ich!
Dann komme ich zu dir. Und wenn du erlaubst, werde ich jemanden mitbringen.
Oh? Einen Freund, nehme ich an?
Nathan nickte. Und zwar einen mit einem wunderbaren Talent. Er sieht die Zukunft vorher, Thikkoul, genau wie du – zumindest ein bisschen davon. Allerdings vermag er nicht die Sterne zu deuten. Aber wie dem auch sein mag, unsere Sterne sind ihm ohnehin fremd. Aber wenn ihr beide gemeinsam ... vielleicht bekämen wir dann ein genaueres Bild.
Dann würde ich mich freuen, deinen Freund kennenzulernen. Doch wann ...
Bald, versprach Nathan ...
Thikkouls Totenstimme wurde schwächer, doch eine andere trat drängend, eindringlich an ihre Stelle. Nathan! Sie gehörte Jasef Karis, der sich unter der Großen Mehrheit der Sonnseite schon immer für den Necroscopen starkgemacht hatte. Wenn du diesen Sterndeuter der Thyre aufsuchst, dann wirst du doch sicher auch bei mir vorbeischauen? Denn die Vergangenheit ist mindestens ebenso wichtig wie die Zukunft. Oder falls wir uns nicht ... nun, sozusagen, äh, bei mir treffen können, dann hör zu. Ich erzähle dir gleich hier und jetzt, was ich weiß. Für mich macht es keinen Unterschied, aber für dich und die Lidescis – ach, was sage ich: für alle Szgany – könnte es sehr wohl einiges bedeuten!
Auch dich, Jasef, werde ich besuchen, sobald ich kann. Aber vorher ... – mit einem Mal wurde Nathans Stimme grimmig und eiskalt – ... habe ich in den Grenzbergen noch etwas zu erledigen.
Na gut, seufzte Jasef enttäuscht. Aber, Necroscope, schiebe es nicht auf die lange Bank ...
Die Totenstimme verhallte. Einen
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