Necroscope 8: BLUTFÜRSTEN (German Edition)
frischer Bestiendung findet, der um einiges besser schmecken würde als du! Ich könnte dich auch hier anpflocken, damit du den Tagesanbruch erwarten kannst; aber bis dahin dauert es noch so lange. Außerdem wurde ich selbst einmal angepflockt – und Carmen ebenfalls –, darum wissen wir, dass dies nicht zwangsläufig tödlich endet. Jenes Seil um deinen Hals hingegen ...
Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, schloss Vasagi seinen Umhang und setzte die Kapuze wieder auf. Indem er sich abwandte, bot er Carmen seinen Arm und schritt mit ihr zu den wartenden Flugrochen. Wran kam auf den Gedanken, an seinen Fesseln zu zerren, ließ es aber sofort wieder bleiben, weil es ihm wie tausend Messerstiche in den Rücken fuhr – die durchtrennten Nervenenden, wo Vasagi ihm seinen Egel herausgeschnitten hatte. Vasagi und Carmen saßen auf und ... erhoben sich in die Lüfte!
Etwas schnellte in die Höhe, ein blutroter Strahl bespritzte die Felsen, dann rührte sich nichts mehr. Kurz darauf nahm Vasagi ein Messer und durchtrennte die Leine, sodass Wrans kopfloser Körper zur Erde trudelte.
Das hätten wir!, erscholl seufzend Vasagis Stimme in Carmens Geist.
Du vielleicht, aber ich noch nicht!, erwiderte sie. Da gibt es immer noch einen gewissen »milchgesichtigen Szgany-Burschen«, der mich erst zur Lady machte und dann verleugnete und zu vernichten suchte. Nun, du hast deine Rache gehabt , mein Lord!
Aye, nickte er in ihrem Geist, und sie war ... ah ... süß! Aber ich verstehe, was du meinst. Begeben wir uns also auf die Suche nach diesem Nestor!
Damit stiegen sie mit dem Nachtwind höher und machten sich auf den Weg zur Sonnseite ...
Gorvi der Gerissene jubelte innerlich, dass ihm die Flucht geglückt war. Hinter ihm erstreckte sich meilenweit nichts als eine endlose Leere, vor ihm senkte sich der Grat des Grenzgebirges, der hier einen rechten Winkel beschrieb, allmählich zur Großen Roten Wüste hinab. Danach erwartete ihn nur noch die weitgehend verlassene Schlucht von Turgosheim. Zu Hause im letzten Felsenturm dürften Wratha und die anderen ihn wohl für tot halten. Wahrscheinlich glaubten sie, ein Krieger habe ihn gefressen und seine Knochen lägen über die Findlingsebene verstreut. Falls dem so war, gut! Er war sich jedenfalls ziemlich sicher, dass keiner etwas von seiner Flucht mitbekommen hatte, und überzeugt davon, dass niemand sonst von seinem geheimen Fluchttunnel wusste. Außerdem schien es ohnehin äußerst unwahrscheinlich, dass sie einem einzelnen Mann einen Suchtrupp bis nach Turgosheim nachsenden würden.
Als die letzten Felszacken an ihm vorüberglitten und das Gebirge sich zur Ebene hin absenkte, hätte sich vor ihm eigentlich nichts als die brodelnde Ödnis der Roten Glutwüste und der von ihr aufsteigende Gestank erstrecken dürfen. Darum war er umso überraschter, als er am Himmel einen weiteren Flugrochen erblickte und in seinem Geist das fröhliche Kichern von dessen Reiter vernahm:
Ho, Gorvi! Hab ich es doch gewusst! Gorvi der Gerissene nimmt Reißaus! Mutterseelenallein auf der Flucht, den Kopf voller Gedanken an das gute, alte Turgosheim! Dich treibt wohl das Heimweh, was? Unser Blutkrieg war ein bisschen zu viel für dich, eh? Das ganze hässliche Kämpfen und so?
Gorvi überlegte blitzschnell (diesmal hielt er seinen Geist jedoch abgeschirmt) und erwiderte: Der Blutkrieg ist vorbei, Boris! Ich bin der einzige Überlebende von Belang. Mag sein, dass es hier und da noch ein paar Versprengte gibt – da einen Knecht oder dort ein, zwei Leutnante –, aber das war es auch schon. Beide Seiten waren gleich stark, keine konnte die Oberhand gewinnen. Sie haben sich gegenseitig aufgerieben.
»Tatsächlich?«, meine Boris, indem er die Augen weit aufriss wie ein Idiot. (Er war näher gekommen und konnte nun auf seinen Mentalismus verzichten.) Doch mit einem Mal verwandelte sich sein Gesichtsausdruck. »Noch vor einem Moment war mir ... nun, ich hätte schwören können, dass du dir Gedanken darüber machst, ob sie dich nicht verfolgen, um in Turgosheim mit dir abzurechnen.«
Gorvi wusste, dass das Spiel aus war. Er schwang ein mit heimtückischen Haken besetztes Wurfseil und ließ es auf Boris zufliegen. Dieser duckte sich im Sattel und wich aus, indem er seine Bestie herumriss. Fluchend jagte der Gerissene an ihm vorbei und hielt geradewegs auf die offene Wüste zu. Als er einen Blick über die Schulter warf, stellte er zu seiner Überraschung fest, dass der Schwarze Boris nur vielsagend
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