Necroscope 8: BLUTFÜRSTEN (German Edition)
Anspruch genommen. Es mag widersinnig klingen, aber man könnte sagen, die Zeit verging wie im Flug!«
Nathan nickte; ein Ausdruck fiel ihm ein, den er in Trasks Welt gehört hatte. Damals hatte er ihn nicht ganz verstanden. »Pflegt man das nicht zu sagen, wenn einem etwas Spaß macht?«
Nun war es an Trask zu nicken. Er grinste. Zumindest was den Sarkasmus anging, unterschieden sich diese beiden Welten gar nicht so sehr voneinander. Doch rasch wurde er wieder ernst. »Über deinen Ausflug mit Ian Goodly hast du nicht viel verlauten lassen. War es denn wirklich so schlimm?«
Nathan bedachte ihn mit einem irritierenden Blick aus seinen blauen Augen und wog seine Gedanken sorgfältig ab, ehe er eine Antwort gab. Denn in dem Moment, als Trask seine Frage stellte, wurde ihm klar, dass er seit seiner Rückkehr von diesem Kurztrip im Grunde an gar nichts anderes mehr zu denken vermochte.
»Es war – ich weiß nicht ... eine Sackgasse? So schien es mir jedenfalls. Aber ich bin mir dessen nicht sicher. Und ich will auch gar keine Gewissheit haben! Jemand, der sich wirklich damit auskennt, hat mir schon einmal die Zukunft gezeigt. Aber er irrte sich.«
Trask kannte die Geschichte von der Befragung des Necroscopen in der Londoner Zentrale des E-Dezernats. Das war jetzt gut fünf Monate her. »Meinst du Thikkoul, den Sterndeuter der Thyre?«
Nathan blickte zu den Sternen hoch, die wie gefrorene Eissplitter am Himmel hingen. »Ja. Thikkoul sah mich durch eine gleißende Tür gehen wie durch ein gewaltiges blindes Auge! Es blinzelte und ... Ich werde nie den Klang seiner Stimme vergessen, als er mir sagte: ›Und dann bist du ... verschwunden!‹«
»Aber das warst du nicht.«
»Doch! Ich verschwand aus dieser Welt in die deine – durch das Sternseitentor!«
»Aber das war nicht dein Ende«, beharrte Trask. »Du hast weitergelebt, nur nicht mehr hier.«
»Stimmt«, meinte Nathan. »Deshalb kann ich mir über die Bedeutung dessen, was wir in der Zukunft gesehen haben, ja auch nicht sicher sein. Und ich bin froh darüber, ich weiß nicht, warum. Wenn Thikkoul es falsch gedeutet hat, dann kann mir schon lange ein Fehler unterlaufen. Oh, er warf einen Blick in die Zukunft, dies schon! Aber was er sah, entsprach nicht dem, was die Zukunft für mich bereithielt. Vielleicht hat Ian Goodly ja doch recht damit, wenn er behauptet, die Zukunft führe ein Eigenleben. Wie es aussieht, schützt sie sich vor allzu großer Neugier, so viel ist gewiss; sie lässt sich nicht gerne in die Karten blicken. Früher oder später trifft alles ein – natürlich, das muss es ja –, aber anders, als wir glauben.«
»Was sein wird, ist bereits geschehen?«
»Das auch«, erwiderte Nathan. »Aber wir dürfen es nicht erfahren. Wir sind auf drei – ausschließlich drei – Dimensionen angelegt, und die vierte tut ihr Bestes, damit es auch so bleibt. Darum sind Leute wie Thikkoul, Goodly und auch ich auf bloße Vermutungen angewiesen. Und das Ganze ist so geschickt – so hinterhältig? – aufgezogen, dass wir sogar ein bisschen, und manchmal mehr als nur ein bisschen, Angst davor haben.«
»So wie du in diesem Augenblick?«
»Ich kämpfe dagegen an. Wie heißt euer Sprichwort? ›Und die Hoffnung währet ewiglich ...‹«
»Tut sie das?«
»Was mich angeht, schon! Sehen wir den Tatsachen doch einmal ins Auge: Wenn ich nicht davon ausgehen würde, dass ich all dies hier überstehe, welchen Sinn hätte es dann? Aber was euch angeht ... ich weiß nicht. Ich bin froh, wenn ihr alle endlich die Nase voll habt und ich euch von hier wegbringen kann.«
»Aber dir ist klar, dass wir es zu Ende bringen müssen? Hier geht es nicht allein um deine Welt, Nathan, sondern auch um die unsere. Wenn – falls – wir wieder nach Hause gelangen, müssen wir dort Bericht erstatten, wie die Dinge hier stehen. Und sollte nur der leiseste Hauch eines Zweifels bleiben, dann ... wird sich der Blutkrieg, den du bisher gesehen hast, gegen das, was kommen wird, wie ein Kinderspiel ausnehmen.«
Nathan starrte ihn an. »Glaubst du? Aber wie soll das möglich sein? Gustav Turchin will das Tor von Perchorsk verschließen, und ihr ESPer werdet doch sicher weiterhin auf das Tor von Radujevac aufpassen. Reicht das nicht aus?«
Trask erzählte ihm von dem Betonmantel um Tschernobyl und davon, wie die Menschen aufgrund ihrer Dummheit den nuklearen Fluch über die Welt gebracht hatten. »Also errichteten sie ringsherum eine Mauer und setzten ein Dach obendrauf, so dick,
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