Necroscope 8: BLUTFÜRSTEN (German Edition)
noch ein Kind, stieß er hervor, und doch ... weißt du so viel! Wie kommt es, dass du so viel weißt? Wenn ein Mann das Tor zur Sternseite passiert, dann ist er auf immer verschwunden. Und doch weißt du offensichtlich sehr gut über die Sternseite Bescheid. Aber ... hast du gesagt, Menor ist tot? Wahrhaftig?
Der Anführer der Höhlentaucher wurde sich plötzlich der merkwürdigen Stille bewusst. »Nun, ist irgendwas?«, fragte er. Seine Kameraden konnten sich ebenfalls nicht erklären, was los war, zumal sie den Gesichtsausdruck sahen, mit dem Nathan zu dem sonderbaren Ding hoch oben in seiner Nische starrte.
Trask, Anna Marie und David Chung dagegen wussten, was Sache war, nämlich dass Nathan gerade mit einem Toten sprach oder doch zumindest mit etwas, das einst ein Mensch gewesen war. Als ESPer spürten sie etwas von dem, was hier vorging.
»Nur eine Minute«, flüsterte Trask, indem er einen Schritt von Nathan zurückwich, ohne ihn dabei auch nur eine Sekunde aus den Augen zu lassen. »Im Moment allerdings ... würde ich Sie darum bitten, sich leise zu verhalten.« Zu den vielen Dingen, die er ihnen nicht gesagt hatte, zählte auch die Tatsache, dass Nathan ein Necroscope war. Zu begreifen, dass es so etwas wie Teleportation oder Paralleluniversen gab, war an sich schon schwierig genug, auch ohne dass er von ihnen zu glauben verlangte, jemand könne mit den Toten sprechen.
Ja, tot, beantwortete Nathan unterdessen Cäsars Frage. Vor tausend Sonnaufs, aye. Und all die Alten Wamphyri mit ihm.
Dem Leutnant blieb vor Überraschung – sozusagen – die Luft weg. Was, alle? Shaithis, Fess, Lesk? Doch gewiss nicht Lesk der Vielfraß?
Alle, erwiderte Nathan. Er kannte die Namen, die Cäsar nannte, denn unter den Travellern der Sonnseite galten sie seit jeher als Fluch.
Und jener, der damals hier war, dein Vater, hat all dies angerichtet?
Er war dabei behilflich, das kannst du mir glauben!
Plötzlich brach Cäsar in schallendes Gelächter aus. Und dieser alte Bastard Menor Malmzahn ist tot, eh? Oh, ha ha ha!
Dir lag wohl nicht allzu viel an deinem Gebieter?
Schlagartig hörte Cäsar auf zu lachen. Ob mir etwas an ihm gelegen hat? Ich hasste sein schwarzes Herz! Er erwischte mich dabei, wie ich eine seiner Frauen leckte, schnitt mir die Zunge heraus und zwang sie dazu, sie zu essen. ›Da‹, sagte er zu mir, ›jetzt hat sie deine Zunge oben und unten geschmeckt – und dein Glied wohl auch, dessen bin ich mir sicher!‹ Damit ... erdrosselte er sie, und mich schleppte er zu dem Portal auf der Sternseite.
Nathan kannte das Tor auf der Sternseite und wusste, was dies zu bedeuten hatte. Zumindest kannte er das Tor, dessen Kuppel über der Erde zu sehen war. Vor etwas mehr als drei Jahren hatte er es gesehen, als er Lardis Lidesci bei dessen alljährlicher Pilgerreise in die karge, fürchterliche Ödnis der Sternseite begleitet hatte. Und erst vor wenigen Monaten hatte er es selbst passiert und war in Perchorsk herausgekommen. Außerdem hatte er sich die Akten des E-Dezernats über Harry Keogh vorlesen lassen und wusste, dass es zwei Tore gab. Das obere Tor war entstanden, als ein Experiment der Russen, das Perchorsk-Projekt, fehlschlug und ein graues Loch zwischen den Paralleldimensionen aufriss. Das zweite war auf natürliche Weise entstanden. Es saß unter dem ersten in einem Krater, der ursprünglich ein Erdloch gewesen war, und deshalb, wegen seines von Menschenhand geschaffenen Gegenstücks, konnte man es von der Oberfläche aus nicht sehen. Seit undenklichen Zeiten hatten die Wamphyri-Lords der Sternseite das untere, natürliche, ursprüngliche Tor – das hier in Rumänien in diese unterirdische Höhle mündete – hin und wieder, je nach Belieben, als Instrument der Bestrafung und Rache benutzt oder auch ganz einfach, um ihre Grausamkeit zu befriedigen, und ihre Gegner, besiegte Feinde oder ungehorsame Knechte hineingeworfen.
Dann hat er dich also in den gleißenden, klaffenden Höllenschlund gestürzt. Nathan nickte grimmig. Und du bist hindurchgefallen und hier gelandet.
Aye, grunzte der andere. Aber als ich hier ankam, stand das Wasser hoch und war ganz schwarz und die Strömung stark. Also bin ich hier herauf auf dieses Sims gekrochen und habe gewartet und gewartet und gewartet. Schon bald war ich zu schwach zum Schwimmen, selbst wenn ich hätte schwimmen können, und die Kälte und die Feuchtigkeit ließen meine Glieder steif werden. Hunger ... Ich war noch nicht Wamphyri, sondern ein Leutnant
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