Necroscope 8: BLUTFÜRSTEN (German Edition)
»und es waren die Anstrengungen bloßer Menschen, die sie klein hielten! Aber der hier – dieser Ferenc – war zu klein, auch nur den Sprung ins Wasser zu wagen! Das Blut der Tributpflichtigen floss bis zum Ende in ihm, aye. So viel zum Thema Feigheit! Leute wie ihr können niemals Knechte eines solchen Feiglings sein. Wie denn auch? Selbst auf der Sternseite wurde er seiner Macht beraubt und von seinem Thron gestoßen, warum wäre er sonst hier?«
Mitunter vermittelt die Totensprache mehr als das, was gesagt wird. Doch wäre er noch am Leben und frei von seiner Tropfsteinhülle gewesen, hätte die Wut des Ferenc nicht offensichtlicher sein können. Was ... du ... unverschämter ... kleiner ... Grünschnabel!!!
»Ach, halt den Mund!« Nathan kletterte hinauf zu der von Kalzium umschlossenen Gestalt und pochte mit den Knöcheln dagegen. »Und merk dir eins, Ferenc! Sollte ich jemals wieder hier vorbeikommen, könnte es sehr wohl sein, dass ich Hammer und Meißel im Gepäck habe und so lange an dir herumhämmere, bis nichts mehr übrig ist. Und wenn dieser düstere Fluss all deine Einzelteile zu kleinen Kieseln gewaschen hat und deine böse Substanz überallhin verstreut ist, welchen ›Trost‹ wirst du dann noch finden, eh? Und wie viele zitternde Knechte?«
Doch Nathan erhielt keine Antwort. Ihm war nur, als höre er weit entfernt etwas winseln ...
»Nathan!« Anna Marie blickte zu ihm hinauf. »Die Zeit!«
»Mein Junge«, sagte Trask. »Hier drin ist es ganz schön kalt. Besser, wir machen uns auf die Socken.«
Nathan stieg wieder hinab und meinte: »Na gut! Aber das ...« – er schaute ein letztes Mal hoch zu dem schrecklichen Ding in der Spalte und bedachte es mit einem wütenden Blick – »... war etwas, was ich einfach tun musste. Und außerdem war es nicht umsonst. Wie schon mein Vater vor mir, habe ich etwas gelernt.«
»Oh?«
»Ja. Nämlich dass die Wamphyri selbst noch im Tod – dem wahren Tod – genauso abscheulich sind wie im Leben oder im Un tod!«
»Was ... was machen wir jetzt?« Die Stimme des Anführers der Höhlentaucher zitterte ein bisschen.
Trask zuckte die Achseln. »Erst vor wenigen Minuten standen Sie dicht vor der Antwort. Strecken Sie einfach die Arme in die Höhe, springen Sie, und das Tor erledigt den Rest. Es wird Sie aufnehmen und weitertransportieren.«
»Und wie lange ... wird das dauern?«
»Das wissen wir nicht«, sagte Anna Marie.
»Wenn du zuerst gehst, können wir dir dabei helfen«, meinte Nathan zu ihr.
Sie trat zwischen ihn und Trask. Die beiden hoben sie hoch, sie streckte die Arme nach oben, und während sie ihnen mühelos in das helle Gleißen entglitt, vernahmen sie, beinahe endlos lang gezogen, ihr erstauntes Aufkeuchen, als sie verschwand. Trask folgte ihr sofort nach. Kaum waren Anna Maries Füße in dem grellen Licht verschwunden, stieß er sich bereits ab und streckte die Arme nach ihr aus.
»Rasch!«, bedeutete Nathan Chung und den Höhlentauchern. »Am besten, wir gehen alle zusammen hindurch.« Geschlossen, wie ein Mann, sprangen die Höhlentaucher, und ebenso wurden sie in das Tor aufgenommen. Nathan und Chung kamen als Letzte.
Doch während die anderen in der weißen Lichtkugel verschwanden, entsann Nathan sich einer Person, die nicht hier war. Er dachte an Misha, an die Qualen, die sie durchlitt, weil sie keine Ahnung hatte, was aus ihm geworden war. Es war nicht nötig, dass Zek das Gleiche durchmachte. Rasch ließ er seine Gedanken schweifen und erreichte sie in dem kurzen Moment, ehe er spürte, wie das Tor an ihm zu ziehen begann. Und es war lediglich die Sache dieses einen Augenblicks, ihr mitzuteilen, dass Ben Trask sich auf dem Weg nach Starside befand. Doch der mentale Aufschrei, mit dem Zek ihm antwortete – des Nicht-wahrhabenwollens, des Erstaunens, des Schmerzes –, brach ab, noch während sie ihn ausstieß ...
Nach dem ersten leichten Sog, jenem anfänglichen unheimlichen Tauziehen zwischen der Gravitation der Erde und der Anziehungskraft des Tores, schwand das Gefühl, hinaufgezogen zu werden und der Schwerkraft zu entfliehen, völlig. Was blieb, war lediglich das Gefühl zu schweben, aufwärts zu treiben wie ein Schwimmer, der nach einem Kopfsprung wieder der Oberfläche zustrebt.
Als Nathan und Chung nach oben – oder nach vorn? – blickten, konnten sie die anderen wie in einem Schacht aus weißem Licht ausmachen. Allem Anschein nach trieben sie schwerelos dahin. Anna Marie an der Spitze, gefolgt von Trask und den
Weitere Kostenlose Bücher