Necroscope 9: WERWOLFSJAGD (German Edition)
befallenen Lebensformen ernsthaft erkrankten, eine unglaubliche Langlebigkeit mit sich. Denn dabei handelte es sich um eine Krankheit des Geistes und der Seele, wohingegen Körper und Blut das Leben ausmachen. Das bedeutete, dass ein von Vampirsporen infizierter Wolf nur selten, gnädigerweise selten, länger lebte als ein normaler Wolf, und sein Egel auch nur selten ... heranreifte! Doch die eigentliche Gefahr bestand darin, dass ein solcher Wolf einen Menschen anfallen konnte!
Denn Vampire sind hartnäckig, und der Biss eines derartigen Wolfes übertrug wesentlich mehr als nur ein bisschen giftigen Speichel. Mitunter wurde auf diese Weise sogar das Ei seines Egels weitergereicht, mit dessen Hilfe ein wahrer Vampir etwas von sich durch alle Zeitalter weitergibt. Und ganz gleich, ob das Opfer nun daran starb oder nicht, es erhob sich wieder als Untoter und als Wamphyri! Solche Menschen gab es. Einerseits waren sie Menschen, gleichzeitig jedoch trugen sie das Vampirei eines Wolfes in sich und damit alles, was dieses von seinem einstigen Wirt mitbekommen oder geerbt haben mochte.
Im Gegensatz zu den armseligen Lykanthropen einer anderen Kultur, gar einer anderen Welt (deren Blut unter Umständen mit einer schwachen Spur von etwas, was aus Starside stammte, infiziert war) verfügten die Werwölfe jener Parallelwelt in der Tat über die Fähigkeit, sich zu verwandeln und die Gestalt ihrer Vorfahren anzunehmen. Lediglich die Kraft des vollen Mondes, der über die Sternseite jagte, war vonnöten, um aus einem Menschen eine Bestie zu machen oder gewisse Lords der Wamphyri in Männer mit dem Aussehen und der wilden Gier eines tollwütigen Hundes zu verwandeln.
Homo sapiens, Canis sapiens, loup-garou ... in einen Werwolf!
Radu Lykan – von Lord Shaitan durch das Sternseiten-Tor in die Höllenlande verbannt – war einer. Doch bevor aus Radu ein Hunde-Lord wurde, war er ein ganz gewöhnlicher Mensch. Dies ist seine Geschichte:
Radu war ein Einzelgänger, ein Mann der Berge ... bis er sich mit seinem Gefährten, einem zahmen Wolf, in das sumpfige Ödland östlich des Grenzgebirges vorwagte. Er hielt sich von den Menschen weitgehend fern und zog ihrer Gesellschaft diejenige eines Hundes der Wildnis vor. Er hatte das Tier halb begraben unter einer Felslawine entdeckt und dessen gebrochenen Lauf geheilt. Seitdem waren sie unzertrennlich.
Es gab andere Einzelgänger unter den Szgany, für gewöhnlich stumpfsinnige, faule Kerle, die keine Lust hatten, im Zigeunerlager zu leben und die Arbeit ihrer Brüder auf der Sonnseite zu teilen. Manche waren auch schwachsinnig und neigten zu Grausamkeiten, stahlen oder zogen als Landstreicher umher und endeten schließlich als Ausgestoßene, weil kein Szgany mehr etwas mit ihnen zu tun haben wollte. Doch Radu war anders.
Er wurde in die Sippe Giorgio Zirescus hineingeboren, eines Stammeshäuptlings, der seine Szgany drangsalierte, wo immer er konnte, und dessen beide Zwillingssöhne keinen Deut besser waren als ihr Vater. Und da Giorgios Einfluss sie schützte, trieben sie es umso toller. Ion und Lexandru Zirescu waren gemeinsam mit Radu aufgewachsen, oder vielmehr, er wuchs unter ihren ständigen Schikanen auf – die allerdings nicht schlimmer waren als das, was der Rest des Stammes unter Giorgio und seinen Söhnen zu ertragen hatte. Denn die Szgany Zirescu mochten zwar stark an Zahl sein, doch es mangelte ihnen an Entschlossenheit, und sie ließen sich von ihrem Anführer nur allzu leicht einschüchtern. Giorgio war zwar verhasst, doch er und seine Söhne waren große, kräftige Männer und ihre Schädel ebenso hart wie ihre Fäuste.
Radus Mutter war bei der Geburt seiner Schwester Magda gestorben. Damals war er sieben gewesen, und fortan bestand seine Kindheit darin, sich um das kleine Mädchen zu kümmern, während sein Vater Freiji auf die Jagd ging, Früchte sammelte oder im Windschatten des Grenzgebirges, wo dieses sich allmählich zu den Sümpfen des Westens und dem Ödland hin absenkte, die Grenzen von Giorgios Territorium abschritt. Und da Freiji so oft fort war, fiel Radu den Gebrüdern Zirescu umso leichter zum Opfer.
Die beiden Brüder waren älter als Radu, und ihre Quälereien reichten von kleinen Beleidigungen bis hin zu einer richtigen Tracht Prügel. Sie hätten auch die kleine Magda geschlagen, wäre Radu nicht zur Stelle gewesen, um ihre Bosheit auf sich zu lenken und so seine Schwester zu schützen. Er war stets zur Stelle – was ihm nur weitere Hänseleien von
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