Necroscope 9: WERWOLFSJAGD (German Edition)
Erinnerung: Solange er unbekannt blieb und niemand wusste, wer er war, konnte er ewig leben! Die Drakuls hingegen waren mittlerweile schon legendär. Wenn der Krieg eines Tages vorüber und Dakien wieder als ein Stamm oder Land vereint war, würden die Menschen sich ihrer entsinnen und sich auf die Suche nach diesen Ungeheuern machen. Doch selbst wenn die Einheimischen sie vergessen sollten, würde Radu Lykan sich stets an sie erinnern, dessen konnten sie gewiss sein. Die Wamphyri wachen eifersüchtig über ihr Territorium, aye, und in dieser Gegend war Radu in diese Welt gekommen!
Außerdem hatte er Karl und Egon ohnehin noch nie so recht ausstehen können.
Lächelnd, wenn auch nur für sich, und rachsüchtig wie eh und je hing Radu seinen Träumen nach ...
TEIL VIER: WAMPHYRI: GESTERN UND HEUTE
ERSTES KAPITEL
Wer damals überleben wollte, fand wahrscheinlich im Hochgebirge die besten Voraussetzungen dazu. Und der Werwolf Radu Lykan hatte fürs Erste genug vom Krieg. Im letzten Viertel des Jahres 467 n. Chr. überwinterte er mit seinem kleinen Rudel in einer Höhle, die ihnen während der folgenden sechzig Jahre als Unterschlupf dienen sollte.
Ihr Bau war eine riesige Kaverne in den Bergen des westlichen Moldawien unweit einer »Stadt« namens Krawlau, eigentlich eher ein Dorf oder vielmehr ein behelfsmäßiges Flüchtlingslager, dessen einhundertfünfzehn Bewohner aus allen Himmelsrichtungen stammten und von denen jeder eine andere Muttersprache hatte.
Radu hatte vielfältige Gründe, sich ausgerechnet für diesen Ort zu entscheiden. Zum einen waren die Höhen unwirtlich und nahezu unzugänglich. Sich nach und nach dort niederzulassen, war eine Sache, ein etwaiger Eindringling würde niemals auf den Gedanken kommen, hier einen Angriff zu wagen ... zum andern handelte es sich bei seiner »Feste« lediglich um einen hohlen Felsen, der, anders als eine Burg oder Bergfestung, nicht die Aufmerksamkeit eines Angreifers auf sich zog. Zudem hatte er auf der Rückseite tief unten Spalten, die sich zu einem großen, eiskalten See hin öffneten. Sollte wider Erwarten doch ein Angriff erfolgen, konnte Radu ohne Weiteres mit einem Boot ans jenseitige Ufer entkommen. Denn die Zeiten mochten zwar vergleichsweise ruhig sein, doch würden immer wieder Eroberer aus dem Osten kommen – Radu träumte unentwegt davon ...
Drittens hätte er selbstverständlich am liebsten eine richtige Feste als dauerhafte Wohnstatt gehabt, aber eine solche zu errichten, war einfach unerschwinglich. Für die Kaverne hingegen wurden keine Außenkonstruktionen, also keine Bauarbeiten im eigentlichen Sinn benötigt, lediglich das Innere musste ein bisschen ausgebaut werden. Die Gelder, die Radu angehäuft hatte, legte er besser beiseite, da er nicht wusste, was die launenhafte Zukunft noch bringen mochte, schließlich waren seine Vorahnungen keineswegs immer zuverlässig. Viertens war ein kompletter Arbeitstrupp, mit dessen Hilfe der Felsen bewohnbar gemacht werden konnte, in Gestalt der Einwohner von Krawlau bereits zur Hand. Diese einstigen Bauern – die der Krieg und der Zusammenbruch der östlichen Grenzen des Imperiums, in das nun asiatische Horden einfielen, ins Gebirge getrieben hatte – verfügten über keine Arbeit. Ähnlich wie Radu versuchten sie nur, die schlechten Zeiten zu überstehen. Um zu überleben, hatten sie sich aufs Wildern verlegt. Um nicht zu verhungern, jagten sie in den Bergen und fingen Fische im See. Darum war Radu für sie, als er zu ihnen stieß, zunächst ein wahres Gottesgeschenk.
Zunächst, aye ...
Nachdem er sich dort eingerichtet hatte ... sahen sie in ihm fast so etwas wie eine Gottheit! Oh, es lag an seiner Haltung, wenn er sich unter ihnen bewegte, an seinem durchdringenden Blick und seiner gebieterischen Art zu sprechen, an seiner Kleidung und seinem Großmut. Mit dem dunklen Teint und seinem guten, beinahe wölfischen Aussehen – er war schlank und hoch gewachsen, ein Mann wie ein Baum – war er ganz offensichtlich kein ungebildeter, polternder, auf dem Acker geborener Bauer, sondern ein adliger Landbesitzer, ein Boyar , von denselben wilden Horden von seinem Besitz vertrieben, die auch sie vertrieben hatten. Außerdem besaß er Gold und genügend Verstand, aus einem nackten Felsen eine Festung zu machen! Sein Geld war im Augenblick nichts wert – nicht in diesen öden Bergen, wo es dafür nichts zu kaufen gab –, doch das würde sich ändern, sobald wieder Ruhe eingekehrt war. Was nun Radus Höhle
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