Nehmen Sie doch Gift darauf!
.«
Es war mitleiderregend
anzusehen, wie der arme Kerl mit den Zähnen knirschte und die Augen rollte.
»Gib zu, daß du sie aus
Versehen umgebracht hast, und es wird dich erleichtern, Casey«, sagte ich
gütig. »Rede es dir von der Seele .«
Plötzlich hörte er auf, mit den
Augen zu rollen, und blickte mich stechend an. »Ich glaube, du hast recht,
Mavis«, flüsterte er. »Das ist der einzige Ausweg aus dieser Situation, bevor
ich den Verstand verliere .«
»Was hast du gesagt ?« fragte ich eifrig. Den letzten Teil des Satzes hatte er
so leise gesprochen, daß ich ihn kaum verstehen konnte.
»Du mußt näher herankommen,
Mavis«, wisperte er. »Ich schäme mich zu sehr, um laut zu sprechen und...« Der
Rest ging in unverständlichem Gemurmel unter.
»Natürlich«, sagte ich
beflissen, denn ich mußte daran denken, was es für ein Triumph sein würde,
einen geständnisreifen Mörder anzuschleppen, noch bevor jemand wußte, daß
überhaupt ein Mord stattgefunden hatte. Ich konnte mir Johnny Rios Gesicht
vorstellen, wenn er davon hörte.
Daher ging ich schnell durchs
Zimmer und stellte mich direkt vor Casey hin. »Ist das nah genug ?« fragte ich sanft.
»Ja.« Er starrte einen
Augenblick auf meine Füße hinunter. »Dreh den Kopf weg, Mavis, damit ich dir
ins Ohr flüstern kann. Ich... ich kann nicht vertragen, wenn du mich dabei
ansiehst .«
»Verstehe«, flüsterte ich
teilnahmsvoll und wandte mich zur Seite, damit er sein Geständnis in mein Ohr
flüstern konnte. Im nächsten Augenblick muß mich der heimtückische,
mordlüsterne Satan niedergeschlagen haben, denn die ganze Welt explodierte
plötzlich vor meinen Augen, und dann löschte jemand das Licht.
Als ich den Kopf zu heben
versuchte, fühlte ich mich so elend, daß ich laut aufstöhnte, und der Klang
meines eigenen Stöhnens veranlaßte mich, die Augen aufzuschlagen. Gleich darauf
wünschte ich allerdings, ich hätte sie nicht geöffnet, denn eine blöde
aussehende Blondine mit zerrauften Haaren und verquollenen Augen glotzte mich
an, als sei ich der letzte Mensch.
»So umwerfend bist du nun
selber nicht, liebe Dame«, murmelte ich mühsam. »Und falls die Frage nicht zu
persönlich ist — wie kommst du bloß zu der tollen Frisur? Hast du dich gegen
den Strich gekämmt ?«
Die doofe Blonde äffte mich auf
höchst impertinente Weise pausenlos nach. Jedesmal, wenn ich etwas sagte,
bewegte auch sie die Lippen, ohne jedoch einen Ton hervorzubringen. Eine
wohlgezielte Ohrfeige würde ihr schon Manieren beibringen. Also holte ich aus
und schlug zu — und schrie im gleichen Augenblick laut auf, weil ich mir an der
Spiegelscheibe fast die Hand gebrochen hätte.
Das war wirklich zuviel! Ich
meine nicht nur die schmerzende Hand, sondern die niederschmetternde
Erkenntnis, daß die Blonde mit der schrägen Frisur ich selber war. Ganz
automatisch griff ich nach der Haarbürste, und dann kehrte plötzlich die
Erinnerung zurück. Ich richtete mich auf und blickte um mich. Ich saß in meiner
eigenen Umkleidekabine vor dem Spiegel. Der hinterhältige Schuft mußte mich
nach dem brutalen Niederschlag hierhergeschleppt haben. Und Irma? Womöglich
lauerte er noch immer hinter ihrer Tür, um seinen tödlichen Irrtum zu
korrigieren! Oder vielleicht war es bereits geschehen? Ich hatte keine Ahnung,
wie lange ich bewußtlos gewesen war.
Entschlossen stellte ich mich
auf die Beine, taumelte hinaus auf den Flur und weiter zu Irmas Garderobe,
während ich ein Stoßgebet zum Himmel schickte, daß es noch nicht zu spät sein
möge. Die Tür war geschlossen, und einen Augenblick verließen mich fast die
Nerven. Doch dann sagte ich mir, daß quälende Ungewißheit schlimmer sei als die
schrecklichste Gewißheit. Also öffnete ich die Tür und trat ein.
Sie war dabei, ihr linkes
Hütchen anzukleben, und ein Blick auf die eindrucksvolle Fülle ihrer Oberweite
verriet mir, daß sie ganz ohne Zweifel lebte.
»Irma, Liebes !« rief ich bewegt. »Gott sei Dank ist dir nichts passiert !«
»Hallo, Mavis«, lächelte sie
abwesend. »Ich fürchte fast, daß ich allergisch gegen diesen Kleister werde .«
»Ich dachte schon, der
mordlüsterne Kerl könnte dich inzwischen auch noch umgebracht haben .« Meine Knie begannen vor Erleichterung zu zittern, und ich
schaffte es gerade noch bis zum nächsten Stuhl, bevor sie unter mir nachgaben. » Ein M ord ist schrecklich genug! Als ich hereinkam und sie auf diesem Stuhl
sitzen sah... Iiiiiih !« Ich sprang entsetzt von
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