Nehmen Sie doch Gift darauf!
bißchen überreizt, das ist alles. Vielleicht war sie kurz eingeschlafen
und hatte einen Alptraum. So etwas kann schrecklich realistisch sein und einen
noch stundenlang nach dem Erwachen verfolgen .«
»Was für Alpträume hat unser
Goldköpfchen denn gehabt ?« erkundigte sich Casey
beiläufig.
»Sie haben Salome erstochen,
genau auf diesem Stuhl dort...« Irma deutete auf den Todesstuhl.
»Oh?« Casey nickte betont
interessiert. »Sie meinen diesen Stuhl dort drüben? Den mit dem vielen Blut?«
»Du raffinierter Hund, du hast
ihn inzwischen sauber gemacht !« schrie ich ihn an.
»Aber natürlich«, pflichtete er
mir bei, während er weiter nickte. »Dann habe ich die Leiche zusammengelegt,
sie in die Tasche gesteckt und...«
»Laß das, Casey !« Irma funkelte ihn wütend an. »Du bist genauso gemein wie
Stenner! Offensichtlich ist dieser Vorfall für Mavis durchaus realistisch. Du
siehst doch, wie aufgeregt sie noch immer ist .« Sie
wandte sich mir zu und lächelte mitfühlend. »Beruhige dich, Herzchen, es ist
doch gar nichts passiert. Alles war nur ein entsetzlicher Traum .«
»Aber du verstehst nicht !« Ich weinte fast vor Verzweiflung. »Es ist wirklich
passiert! Ich kam hier rein, sah die arme Salome hier auf dem Stuhl, das Messer
im Rücken und den Kopf auf die Tischplatte gesunken, und dann kam dieser
Schurke und...«
»Jetzt habe ich aber genug !« schnauzte Stenner. »Sie ist Ihre Partnerin, Jones, also
kümmern Sie sich um sie! Ich werde Adler informieren, daß Mavis durchgedreht
hat und ihr bei der zweiten Show ausfallt .« Er blickte
zu Irma hinüber. »Würde es dir etwas ausmachen für die beiden einzuspringen ?«
»Eigentlich«, Irma zögerte,
»hätte ich mich ja lieber um Mavis gekümmert, aber Adler wäre wohl verärgert,
wenn die Show gekürzt werden müßte...«
»Darauf kannst du Gift nehmen«,
brummte Stenner. »Wenn du deiner verrückten Freundin helfen willst, tu lieber,
was ich dir gesagt habe. Adler macht sicher kein Aufhebens von der Geschichte,
sofern die Gäste auf ihre Kosten kommen .« Er starrte
lüstern auf ihren Oberbau. »Und was du zu bieten hast, ist wirklich ihr Geld
wert, Kindchen !«
Er ging hinaus, und wir hörten,
wie sich seine Schritte den Flur hinunter entfernten. Irma blickte mich
Entschuldigung heischend an, nahm ihren Morgenrock und folgte ihm.
Casey Jones wartete ab, bis
auch ihre Schritte verklungen waren, und knallte dann die Tür ins Schloß. Meine
gute Freundin Irma war, wenn auch in bester Absicht, gegangen und hatte mich
mit einem Mörder allein gelassen.
»Na schön«, sagte ich mit
dumpfer Stimme, »ich glaube, du gewinnst. Ich weiß zwar nicht, wie du es
geschafft hast, aber du hast alle anderen davon überzeugt, daß ich nur spinne.
Und was passiert jetzt? Bringst du mich jetzt genauso um wie die arme Salome
und redest dann den anderen ein, daß überhaupt nichts geschehen ist ?«
»Setz dich, Mavis«, sagte er,
und die Kälte in seiner Stimme ließ mich erschauern.
»Ich setze mich nicht noch
einmal auf diesen — diesen Todesstuhl !« sagte ich
herausfordernd. »Wenn du mich schon ermorden willst, mußt du mich aufrecht
stehend ins Jenseits befördern .«
»Nun setz dich schon !« brummte er. »Übrigens glaube ich nicht, daß er das ist .«
»Du glaubst, daß er was nicht
ist ?«
»Der Todesstuhl«, murmelte er,
als spräche er wieder zu sich selbst. »Sie hätten das ganze Blut niemals so
schnell weggekriegt — zumindest wäre dann der Bezug noch feucht .«
»Sie ?« fragte ich ziemlich verwirrt.
»Wer Salome auch ermordet hat
und ihre Leiche hier so schnell verschwinden ließ«, knurrte er. »Vermutlich
sind die Stühle ausgetauscht worden. Das wäre die einzig logische Erklärung .« Er grinste plötzlich. »Aber auf diese Idee ist wohl das
helle Köpfchen von den Rio Investigations selber
schon gekommen, wie ?«
5
Ich setzte mich. Todesstuhl
oder nicht Todesstuhl, meine Knie waren genauso durcheinander geraten wie mein
Gehirn und außerstande, mich länger zu tragen. Casey Jones zündete sich
geistesabwesend eine Zigarette an und blickte über meinen Kopf hinweg zur Wand,
als sei ich überhaupt nicht vorhanden.
»Du weißt über mich Bescheid ?« murmelte ich.
»Über dich und Rio Investigations ?« Er nickte beiläufig. »Ja, sicher!
Natürlich nicht bis in alle Einzelheiten, aber im großen ganzen schon. Der kleine Knilch mit der dicken Brille, der so scharf auf Irma ist, hat
dich engagiert, nicht wahr
Weitere Kostenlose Bücher