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Nehmen Sie doch Gift darauf!

Nehmen Sie doch Gift darauf!

Titel: Nehmen Sie doch Gift darauf! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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dem
unheimlichen Todessitz empor, völlig besessen von der schrecklichen
Vorstellung, es könne vielleicht noch frisches Blut daran sein, das jetzt
womöglich an meiner Kehrseite klebte! Das Unglück war nur, daß ich lossprang,
ohne geradeaus zu gucken, und Irma mir genau im Weg stand. Ich knallte mit
voller Wucht gegen sie und versetzte ihr einen kräftigen Stoß, gerade als
jemand an die Tür klopfte und dann eintrat.
    Ich erhaschte einen flüchtigen
Blick auf ein verdutztes Narbengesicht, während ich zurücktaumelte und Irma mit
Max Stenners Brust kollidierte, so daß sie bis zur
Zimmermitte zurückprallte. Keiner von uns sagte ein Wort. Wir standen alle drei
sekundenlang da wie die Ölgötzen, bis mich Stenners Stielaugen veranlaßten , in die gleiche Richtung zu
blicken wie er. Was ich sah, ließ mich seine Faszination verstehen.
    Irma stand, ebenso wie wir,
völlig regungslos — das heißt mit Ausnahme einer gewissen Körperpartie.
Schließlich hieß sie nicht umsonst Irma der Busen, und gerade ihr
augenfälligstes weibliches Attribut war von der Kollision mit Stenner am stärksten
betroffen worden. Die Wucht des Zusammenpralls hatte ihren Busen in so heftige
Bewegung versetzt, daß sie nun gewissermaßen als Spielball der Natur vor uns
stand.
    Es war ein fast
ehrfurchtgebietender Anblick. Die mächtigen Halbrunde, mit denen Mutter Natur
sie so großzügig ausgestattet hatte, hoben sich in feierlicher Übereinstimmung
nahezu bis Schulterhöhe, verharrten bebend einen kurzen Augenblick, um sich
dann langsam und majestätisch wieder zu senken. Sobald der Busen sich jedoch
seinem Tiefstand näherte, drückte Irma, um die Belastung zu vermindern, in
einer natürlichen Reflexbewegung die Schultern zurück, was zur Folge hatte, daß
sie unwillkürlich der nächsten Aufwärtsbewegung vermehrten Schwung verlieh. Es
ergab sich die gleiche Wirkung, die uns Miss Furnball ,
unsere Klassenlehrerin, beschrieben hatte, wenn eine Kompanie Soldaten im
Gleichschritt eine Hängebrücke überquert: Die Brücke beginnt im Rhythmus der
Schritte zu schwingen, bis sie schließlich reißt.
    Die arme Irma tat mir
entsetzlich leid, denn offensichtlich konnte sie nichts tun, das drohende
Verhängnis aufzuhalten. Und dem flammenden Rot nach zu urteilen, das ihr
Gesicht überzogen hatte, schien Stenners stierer
Blick nicht gerade zu ihrem Wohlbefinden beizutragen. Aber dann — auch wenn es mir
schwerfällt, das einzugestehen — handelte das Narbengesicht schnell und
besonnen und bewahrte Irma vor dem Schicksal einer Hängebrücke. Er streckte
unvermittelt beide Hände aus, packte die beiden wogenden Kugeln und hielt sie
fest! Einige atemberaubende Sekunden standen sich die beiden verbissen
gegenüber, bis der überwältigende Oberbau endlich Ruhe fand.
    »Danke«, sagte Irma mit
brüchiger Stimme.
    »Keine Ursache«, erwiderte
Stenner so verträumt, wie ich es bei ihm gar nicht für möglich gehalten hätte.
    Irma verzog die Lippen zu einem
gequälten Lächeln. »Danke !« wiederholte sie bedeutend
lauter.
    »Gern geschehen .« Er erwachte fast.
    »Ich wollte nur andeuten«,
stieß sie mit zusammengebissenen Zähnen hervor, »daß Sie Ihre Pfoten jetzt
wegnehmen können !«
    »Oh!« Er ließ die Arme schnell
sinken. »Entschuldigung.« Seine Stimme klang wieder völlig normal. »Wie konnte
das denn bloß passieren ?« erkundigte er sich.
    »Eine berechtigte Frage!« Irma
wandte mir mit einem plötzlichen Ruck den Kopf zu, und der unverhüllte Haß in
ihren Augen ließ mich zusammenzucken.
    »Mavis muß den Verstand
verloren haben. Sie kam hier hereingeplatzt, faselte etwas davon, warum ich
nicht ermordet worden sei, und scheint sich dann entschlossen zu haben, die
Sache selber zu erledigen. Jedenfalls stieß sie einen Schrei aus, sprang auf
mich los und — na, ich weiß nicht, was passiert wäre, wenn Sie nicht in diesem
Moment die Tür geöffnet hätten .«
    »Mein Gott, es tut mir leid,
daß ich dich so angerempelt habe, Irma«, sagte ich, »aber als mir plötzlich klar
wurde, daß ich auf dem Todesstuhl saß, muß ich wohl ein bißchen hysterisch
reagiert haben...«
    »Todesstuhl?« Irma blinzelte
irritiert.
    »Ja, weißt du nicht ?« Ich deutete auf die verhaßte Sitzgelegenheit. »Auf dem Ding wurde doch die arme Salome erstochen !«
    »Mavis, du bist übergeschnappt .« Irma blickte hilfesuchend zu Stenner hin.
    Er hatte sein gewohntes
widerliches, überhebliches Grinsen aufgesetzt. »Nun«, in seine Augen trat ein
unangenehmes

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