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Nehmt Herrin diesen Kranz - Schacht, A: Nehmt Herrin diesen Kranz

Nehmt Herrin diesen Kranz - Schacht, A: Nehmt Herrin diesen Kranz

Titel: Nehmt Herrin diesen Kranz - Schacht, A: Nehmt Herrin diesen Kranz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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ob sie wirklich einen schwierigen Text zu entziffern versuchte. Marians Glaube an zauberische Kräfte war nicht besonders tief, Geister und Guhle schreckten ihn nicht, Sprüchen und Formeln, ob heilig oder einem Aberglauben entsprungen, maß er keinen Wert zu, den Reliquien schon gar nicht und auch nicht den Quacksalbern mit ihren Wundertränken. Aber er kannte seine eigene verfluchte Gabe, er wusste um Trines heilende Hände und Alyss’ tiefes Verständnis für die Tiere. Er war durchaus bereit anzunehmen, dass auch Gislindis für manche Dinge feinere Sinne hatte als gewöhnliche Menschen.
    Und darum hatte er ein wenig Angst vor ihr.
    »Aber, aber, Herr Marian. Ich will Euch nichts Übles.«
    Eben, weil sie seine Gedanken zu lesen in der Lage war.
    Aber er ließ ihr die Hand, und sie versank wieder in ihre Betrachtungen. Schließlich seufzte sie leise.
    »Manchmal muss man wohl Umwege gehen, um zum Ziel zu kommen. Aber das wollt Ihr nicht hören. Hören wollt Ihr vermutlich, dass der struppige Handelsgehilfe des Falkners zurückgekehrt ist.«
    »Ich höre es, aber ich sehe die Bedeutung nicht.«
    »Dann fragt Eure Schwester danach.«
    »Das werde ich tun, und, Gislindis, gibt es etwas, womit ich ihr helfen kann?«
    »Das, Zwillingsbruder, wisst Ihr selbst am besten.« Und dann grinste sie ihn an. »Oder bringt mir Arndt van Doorne, damit ich seine Hand lesen kann.«

    »Besser nicht, meine Schöne. Einen derartigen Dreck sollt Ihr nicht berühren.«
    »Dann bringt mir den Falkner.«
    »Den werdet Ihr schon selbst überreden können. Doch lange weilt er nicht mehr in Köln, und es wird geraume Zeit dauern, bis er wieder herkommt.«
    Gislindis schaute in die Ferne, nun wieder ernst.
    »Länger, als Ihr glaubt. Die Reise über das Wasser birgt Gefahren.« Ihre Augen schillerten wie das graue Meer. »Und eine Lösung. Ihr habt nicht umsonst die Heilkunst gelernt, Herr Marian.« Dann ließ sie seine Hand los. »Mehr weiß ich nicht.«
    »Das ist genug, um einen stärkeren Mann als mich das Fürchten zu lehren, Gislindis.«
    »Was sein wird, wird sein, was kommt, das kommt. Gut ist es, gewappnet zu sein, Herr Marian.« Dann lachte Gislindis wieder und meinte: »Ich höre mich an wie eine Zaubersche, die böse Omen heraufbeschwört. Aber das ist es nicht. Die Zukunft ist voller Wunder.«
    »Wie wahr. Und was ist nun Euer Lohn für diese Nachrichten?«
    »Was seid Ihr bereit, dafür zu geben?«
    Sie schaffte es immer wieder, ihn völlig zu verunsichern. Geld, seinen Liebesdienst, Putz, Wissen …?
    »Einen keuschen Kuss?«
    »Können Küsse keusch sein?«
    »Ich kann es versuchen.«
    »Dann probiert es, Herr Marian.«
    Ihre Augen funkelten vor Mutwillen, als er sich erhob und zu ihr trat. Dann beugte er sich zu ihr hinunter und berührte
sanft ihre lächelnden Lippen. Sie schmeckten nach Äpfeln und Mandeln. Süß und warm. Er riss sich los.
    »Ja, das war ein hübscher Lohn, Herr Marian. Die Währung gefällt mir.«
    »Wünscht Ihr eine Draufgabe?«
    »Wünscht Ihr?«
    »Ja.«
    »Nicht alle Wünsche gehen in Erfüllung. Was ist in diesem Päckchen verborgen?«
    »Nun, Ihr habt mir letzthin etwas versprochen, schöne Gislindis.«
    »Ich habe Euch Versprechungen gemacht?«
    »O ja, Ihr wolltet mir das Geheimnis verraten, auf welche Weise Ihr in den Linien der Hand zu lesen versteht, wenn ich Euch das richtige Geschenk bringe.«
    »Und dies hier soll es sein?«
    »Dies, und mein Versprechen, Euch zu lehren, wie man damit umzugehen hat.«
    »Mh!?« Es war ein kleiner spitzer Laut, der Marian belustigte. Dann aber schaute er mit bebender Neugier zu, wie sie das Band aufknüpfte und das Tuch auseinanderfaltete.
    »Oh.«
    Flink klappte sie den Deckel der Kassette auf und starrte Tintenfass, Federn, Löschsand und Messerchen an. Dann schob sie das Schreibkästchen neben sich und betrachtete das Buch. Ehrfürchtig strichen ihre Finger über die verschlungenen gepunzten Linien, die Blüten und Blätter darstellten.
    »Ihr könntet es aufschlagen.«
    »Ja. Ja, könnte ich.« Aber noch bewunderte sie den Einband.
Dann fasste sie offensichtlich Mut und klappte den Buchdeckel auf.
    Auf die erste Seite hatte Marian ihren Namen geschrieben, und den konnte sie sofort lesen.
    Sie strahlte ihn ob dieser Leistung an.
    »Zeigt mir Eure Kunst an dem Text auf der nächsten Seite, kluge Gislindis.«
    Sie blätterte um und betrachtete die in Schönschrift niedergelegten Zeilen. Mit dem Zeigefinger berührte sie das erste Wort.
    »M i r… Mir h a

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