Neid: Thriller (Opcop-Gruppe) (German Edition)
ich mir nicht sicher wäre, dass Sie etwas darüber wissen.«
»Warum sollte ich das?«
»Als Marianne Barrière und ihr Spindoktor Laurent Gatien Sie aufsuchten, um den Herrn Europaparlamentarier für ihren Gesetzesentwurf zu gewinnen, haben Sie Ihre Kollegin vor dem Plan G gewarnt.«
»Habe ich das?«
»Trifft das nicht zu?«
Mauro Morandi wandte den Blick zur Seite. Aber dort gab es nichts zu sehen. Der scheußliche Konferenzraum hatte noch nicht einmal Fenster und war darüber hinaus äußerst uninteressant eingerichtet. Es gab absolut nichts, an das man seinen Blick hätte heften können.
»Heutzutage in Europa Christdemokrat zu sein ist nicht leicht«, sagte er schließlich.
»Nicht?«, fragte Hjelm. »Ich habe genau den gegenteiligen Eindruck.«
»Christdemokraten sind konservativ, sie glauben an eine Art natürliche Ordnung der Dinge, die vor Hunderten von Jahren festgelegt wurde. Einige Menschen sind einfach geeigneter, die Welt zu regieren, als andere. Menschen mit Traditionen, mit gesunder christlicher Gesinnung, das ist eine Art vererbte Kompetenz.«
»Es existiert also eine Ordnung, an der nicht gerüttelt werden darf?«
»Genau. Das Problem ist nur, dass man sich dadurch in der Nachbarschaft zu deutlich dunkleren Mächten und Überzeugungen befindet. Wichtig ist es, die Balance zwischen ihnen und dem Irrglauben des Liberalismus zu finden. Wir sind die einzig wahren Wächter der westlichen Traditionen.«
»Darf ich also annehmen, dass in ebendiesen dunkleren Kreisen dieser Plan G erwähnt wurde?«
»Ich werde Ihnen keine Namen nennen.«
»Das will ich auch gar nicht. Sie haben so viel Anstand besessen, eine politische Gegnerin zu warnen, der Sie professionellen Respekt entgegenbringen. Ich bin hier, weil ich hoffe, dass dieser Respekt nach wie vor existiert.«
»Sie arbeiten also für Barrière?«
»Ich arbeite gegen Plan G. Das ist ein krimineller, antidemokratischer Plan, der auch nicht vor Gewalt und Mord zurückschreckt.«
Morandi wandte erneut den Blick ab, in eine nicht allzu ferne brutale Zukunft. Zögernd ergriff er nach einer Weile wieder das Wort: »Da es Barrière tatsächlich gelungen ist, das christdemokratische Lager zu spalten, kam es danach zu einigen inoffiziellen Treffen der führenden Vertreter. Eines Nachts, während eines solchen Treffens, wurde dieser Plan G genannt. Ich kam zu dem Schluss, dass ich ihren Gesetzesentwurf unterstützen will und es an der Zeit ist, endlich zu handeln und uns von der Abhängigkeit vom arabischen Öl zu befreien. Für mich ist das eine logische Konsequenz in der technologischen Entwicklung der westlichen Welt, gar nicht zuallererst aus ökologischer Sicht. Denn für bestimmte Dinge reicht die liberale Freiwilligkeit nicht aus, dann benötigen wir ein Gesetz. Aber es kam zu massivem Widerstand, die Gegenseite setzte sich dafür ein, dass Barrière zum Schweigen gebracht werden müsse, um jeden Preis. Es steht zu viel auf dem Spiel.«
»Und was genau haben Sie über Plan G erfahren?«
»Aber Mord?«, fragte Morandi zurück und sah skeptisch aus. »Das kann ich mir nicht vorstellen.«
»Mord, Entführung, Erpressung«, zählte Hjelm leise auf.
»Ja, wie gesagt, es steht viel auf dem Spiel ...«
»Was genau wissen Sie?«
»Bei einem der nächtlichen Treffen saßen wir mit einer Gruppe von Leuten zusammen, die behaupteten, sie hätten gute Kontakte zu ein paar Jugendbekanntschaften von Marianne Barrière. Ich kann Ihnen versichern, dass einige frauenfeindliche Ausdrücke fielen.«
»Wurden auch Spitznamen genannt?«
»Spitznamen?«
»Ja, Spitznamen, Codenamen dieser Jugendbekanntschaften?«
»Ja, stimmt. Ein Name fiel besonders oft. Ich glaube sogar – aber darauf dürfen Sie mich nicht festnageln –, dass er so etwas wie der Kopf dieser damaligen Geschichte war.«
»Pamplemousse?«, rief Hjelm und zweifelte sofort an seiner Urteilskraft. Hatte ihn Pierre-Hugues Prévost wirklich so an der Nase herumführen können? Hatte er Balodis’ Befragungstechnik tatsächlich wesentlich besser weggesteckt, als es den Anschein gehabt hatte?
»Nein«, sagte Morandi in diesem Augenblick. »Dieser Name fiel auch, aber ein anderer Codename wurde als Anführer bezeichnet. Ich versuche mich gerade an ihn zu erinnern.«
Paul Hjelm erstarrte zu Eis. Seine Adern füllten sich mit den Klängen von Bach. War es möglich, dass der sanftmütige Organist des Berliner Doms, der Mann mit den sensiblen Fingern, hinter Plan G stand? Natz. Ignatius
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