Neid: Thriller (Opcop-Gruppe) (German Edition)
uneigennützig durch den Kopf ging. Als die Techniker sich dann endlich zurückzogen, gab Jutta Beyer Söderstedt die notwendigen Instruktionen.
Zwei Kameras, dazu eine Wärmebildkamera und drei starke Richtmikrofone waren auf die Räume der Notos Imports auf der anderen Seite der friedlichen Vorstadtstraße gerichtet. Darüber hinaus erhielten sie noch weitere externe Kamerabilder, von Geräten auf den Nachbargrundstücken, die Europol offenbar auch angemietet hatte und die so justiert worden waren, dass sie auf das Gebäude zeigten. Das bedeutete, dass sie das gesamte Gebäude von allen Seiten mit Kameras abgedeckt hatten.
In Amsterdam konnte man eigentlich nicht wirklich von Vororten sprechen. Entweder man wohnte in der Innenstadt oder in einer benachbarten Stadt. So gab es auch keine erwähnenswerten Villenvororte. Natürlich standen hier Villen, sogar sehr große, aber sie befanden sich nicht in der Stadt. Trabantenstadt, dachte Arto Söderstedt. Ein schönes, altmodisches Wort.
Die Wärmebildkamera bestätigte, was sie bereits beobachtet hatten: dass dieses Gebäude sehr gut bewacht wurde. Das gesamte Grundstück schien Notos Imports zu gehören, was bedeutete, dass nicht weniger als acht Personen zugange waren. Davon waren offenbar sechs Wachleute – ab und zu waren flüchtig Waffen zu erkennen. Nur der Italiener aus dem Anne-Frank-Haus und sein Chauffeur schienen sich mit anderen Dingen zu beschäftigen, als mit Waffen herumzulaufen.
»Wir können ihn nicht die ganze Zeit den ›Italiener aus dem Anne-Frank-Haus‹ nennen«, sagte Söderstedt und zoomte die Aufnahme der Wärmebildkamera näher heran. Der Mann saß, nach Haltung und Strahlung zu urteilen, an einem Schreibtisch und hatte einen Rechner vor sich stehen. Das Gebäude war mit WLAN ausgestattet, aber bislang war es den Technikern nicht gelungen, den Code zu knacken. Der stellte sich als ungewöhnlich kompliziert heraus.
»Wie sollen wir ihn denn sonst nennen?«, erwiderte Jutta Beyer und justierte eine der Kameras auf dem Nachbargrundstück links vom Haus, wo sich eine kleine Gruppe von Laubbäumen und ein moosbewachsener Findling befanden. Durch dieses Wäldchen hindurch sahen sie auf den Haupteingang von Notos Imports. Beyer präzisierte die technischen Details und stellte die Schärfe ein.
»Im Mietvertrag ist ein Antonio Rossi als Geschäftsführer angegeben«, sagte Söderstedt. »Das ist praktisch der Hans Müller Italiens. Trotzdem schlage ich vor, ihn so zu nennen.«
»Antonio?«
»Genau. Deckname Antonio.«
Paul Hjelm würde sich später, als er diesen Vorschlag hörte, ein Grinsen nicht verkneifen können. Momentan grinste er auch, aber aus einem anderen Grund. Er befand sich gerade in Frankreich, genauer gesagt in Straßburg, dem offiziellen Sitz des Europäischen Parlaments. Das Europäische Parlament war an drei Orten vertreten. Plenartagungen des Parlaments fanden sowohl in Straßburg als auch in Brüssel statt, und in Luxemburg war das Generalsekretariat untergebracht. Schuld an Hjelms aktuellem Grinsen war die Tatsache, dass er soeben die enorm hohe Summe der Ausgaben erfahren hatte, die nötig waren, um die fast achthundert Parlamentarier und deren mindestens so zahlenreiches Personal zwischen den drei Städten hin und her zu transportieren. Zu seiner eigenen Überraschung brach es aus ihm heraus: »Zweihundert Millionen Euro im Jahr?«
»Ungefähr, ja!«, lautete die Antwort des jovialen Christdemokraten, der ihm in einem der zahlreichen Konferenzräume im Louise-Weiss-Haus gegenübersaß. »Das ist tatsächlich eine Angelegenheit, die wir klären müssen. Aber sie wird kontrovers diskutiert. Soll sich alles, was mit der EU zu tun hat, in Brüssel zentrieren, oder hat die Aufteilung nicht doch große Vorteile? Wir müssen uns für einen der Orte entscheiden. Aber das braucht Zeit, verehrter Herr Kommissar, Demokratie braucht Zeit.«
»Ich weiß«, erwiderte Hjelm. »Die Langsamkeit ist ein Garant für die Demokratie. Aber das ist doch eine gewaltige Summe.«
»Ich nehme allerdings an, dass Sie nicht extra aus Den Haag gekommen sind, um über die Reisekosten des Europaparlaments zu diskutieren.«
»Nicht im Geringsten. Ich möchte über Plan G sprechen.«
Der italienische EU-Parlamentarier Mauro Morandi legte seine joviale Art von einer Sekunde zur anderen ab. Die toskanische Lebensfreude war wie weggeblasen. Er sah Hjelm feindselig an.
»Ich habe keine Ahnung, wovon Sie reden.«
»Und ich wäre nicht hier, wenn
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